Neue „Modal-Split“-Zahlen: Wiesbadenerinnen und Wiesbadener öfter zu Fuß und per Rad unterwegs, Autoverkehrsanteil sinkt
Am Freitag, 28. Februar, hat Verkehrsdezernent Andreas Kowol in einem Pressegespräch die Ergebnisse der repräsentativen SrV-Studie der TU Dresden zum Modal Split vorgestellt.
Alle fünf Jahre erhebt die TU Dresden deutschlandweit den sogenannten Modal Split, also welche Verkehrsmittel die Bevölkerung prozentual für ihre Wege nutzt. Im Rahmen dieser Studie wurde für Wiesbaden eine detaillierte Erhebung beauftragt und durchgeführt.
Die größte Veränderung gegenüber der vorhergegangenen Erhebung im Jahre 2018 zeigt sich bei der Wiesbadener Bevölkerung in der deutlichen Zunahme des Fußverkehrs bei gleichzeitiger Abnahme des Autoverkehrs. So ist der Fußverkehrsanteil von 27,9 Prozent auf 33,5 Prozent gestiegen – ein Drittel aller Wege legt die Wiesbadener Bevölkerung also zu Fuß zurück.
Der Radverkehrsanteil steigt um 1,9 Prozentpunkte gegenüber 2018. Während der Anteil bei kurzen Strecken unter 3 Kilometer stabil geblieben ist, steigt er deutlich auf den mittleren und längeren Entfernungen. So hat sich der Radverkehrsanteil auf Strecken über 5 Kilometer mehr als verdoppelt. Ein Treiber dieser Entwicklung ist auch die zunehmende Verbreitung von E-Bikes: Mittlerweile fährt jedes fünfte Wiesbadener Fahrrad mit elektrischer Unterstützung. Zunehmend relevant wird das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel für Wege zur Arbeit: Von ehemals 7 Prozent der Wege (2013) ist der Anteil über 10 Prozent (2018) bis auf heute 13 Prozent gestiegen.
Die Zahlen zeigen, dass Fuß- und Radverkehr sich zunehmend gegenseitig ergänzen: Während der Fußverkehr auf Strecken unter einem Kilometer seine Dominanz ausbauen konnte (von 75 Prozent auf 80 Prozent), verzeichnet der Anteil des Radverkehrs auf allen Strecken über 3 Kilometer ungefähr eine Verdopplung.
Der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bleibt nahezu stabil, trotz der Beeinträchtigung durch die havarierte Salzbachtalbrücke und dem zum Befragungszeitraum noch reduzierten ESWE-Fahrplan. Auch die in den letzten fünf Jahren gestiegene Homeoffice-Quote – 21 Prozent der Teilnehmenden arbeiteten am Tag der Befragung von zu Hause aus – hat sich nachfragedämpfend auf die Bus- und Bahnnutzung ausgewirkt. Demgegenüber stand die Einführung des Deutschlandtickets, welches in zwei Dritteln des Betrachtungszeitraums erhältlich war.
„Viele Autos auf unseren Straßen bedeuten eine Belastung für alle – für die Anwohnerinnen und Anwohner, aber auch für alle, die aufs Auto angewiesen sind. Dass die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener heute deutlich weniger Autofahrten unternehmen als vor fünf Jahren, ist ein positives Zeichen. Nach der jüngsten TomTom-Studie, die einen deutlichen Fahrtzeitgewinn von über einer Minute pro zehn Kilometer in Wiesbaden festgestellt hat, sind die neuen Modal-Split-Daten nun die zweite gute Nachricht in kurzer Zeit. Ein Problem bleibt jedoch weiterhin der Durchgangsverkehr aus dem Taunus, den wir mit verschiedenen Maßnahmen Schritt für Schritt von innen nach außen verlagern möchten“, so Kowol. Den großen Sprung, den der Fußverkehr gemacht hat, wertet er als Bestätigung der städtischen Aktivitäten zur Förderung des Fußverkehrs, etwa durch neue barrierefreie Straßenquerungen und die neuen Fußgängerzonen Mühlgasse, Wellritzstraße und Gerichtsstraße. „Dass die Radnutzung insbesondere auf längeren Strecken und auf Wegen zur Arbeit gestiegen ist, ist Ansporn für uns, verstärkt die Vororte und Nachbarstädte mit neuer Rad-Infrastruktur anzubinden. Das E-Bike ist dabei, ein echter Game-Changer zu werden.“
Fazit und Ausblick: Der Fußverkehr ist der große Gewinner der aktuellen Verkehrsmittelstudie. Diese Erkenntnis bestätigt den städtischen Kurs, dem Fußverkehr mehr Raum zur Verfügung zu stellen: Dazu gehören der barrierefreie Umbau von Knotenpunkten (z. B. Klarenthaler Straße), breitere Aufstellbereiche an zwei der wichtigsten Ampeln (vor dem Hauptbahnhof und Schwalbacher Straße/Bleichstraße) und die Schaffung neuer Fußgängerzonen in der Wellritzstraße, Gerichtsstraße, Mühlgasse und am Schiersteiner Hafen.
Die Studie zeigt zwei große Potenziale zur Veränderung der Verkehrsmittelwahl: Zum einen werden auf Kurzstrecken bis 1 Kilometer täglich rund 37.000 Fahrten mit dem Auto zurückgelegt; bis 3 Kilometer sind es sogar 150.000 Autofahrten pro Tag.
Zum anderen erfolgen 34 Prozent der Wege zu Kita, Schule oder Ausbildung über den motorisierten Individualverkehr (MIV, selbst fahrend oder als Kind im sogenannten „Elterntaxi“). Nur 24 Prozent nutzen hier den ÖPNV und nur 9 Prozent das Fahrrad. Hier kann die Stadt Anreize für einen Umstieg auf ein anderes Verkehrsmittel schaffen.
Zur Methodik: Die Verkehrserhebung „Mobilität in Städten“ wurde1972 als „System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV)“ eingeführt und dient der Ermittlung von Mobilitätskennwerten der städtischen Wohnbevölkerung. Alle fünf Jahre erhebt die Technische Universität Dresden wichtige Datengrundlagen der kommunalen Verkehrsplanung sowie zu stadtübergreifenden Mobilitätstrends und ihrer Randbedingungen unter Nutzung großer Stichproben. Für die nun veröffentlichte Studie SrV 2023 wurden zwischen Januar 2023 bis Januar 2024 deutschlandweit über 280.000 Menschen in knapp 500 Städten mittels Telefoninterviews und Onlinebefragungen befragt. In Wiesbaden wurden im Rahmen einer vom Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) koordinierten Schwerpunkterhebung insgesamt 2.016 zufällig ausgewählte Personen befragt: Die Ergebnisse sind sozialwissenschaftlich repräsentativ für die Wiesbadener Bevölkerung.
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Herausgeber dieser Pressemitteilung ist das Pressereferat der Landeshauptstadt Wiesbaden, Schlossplatz 6, 65183 Wiesbaden, pressereferatwiesbadende. Bürgerinnen und Bürger können sich bei Fragen unter der 0611 310 an die Telefonzentrale des Rathauses wenden.