Theater in Wiesbaden – Geschichte bis 1894
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Vor Beginn der eigentlichen Theatergeschichte Wiesbadens im Jahr 1765 wurde die Stadt nur gelegentlich von durchziehenden Schauspieltruppen besucht. In diesem Jahr erteilte Fürst Karl zu Nassau-Usingen der Wanderbühne des Komödianten Carl Porch eine Konzession, welche vorsah, dass Porch und seine »Bande« während der Kursaison gegen eine öffentliche Abgabe von zwei Gulden eine Schaubühne aufschlagen und zwei- bis dreimal wöchentlich spielen sollten.
Mit dem Regierungsantritt von Fürst Karl Wilhelm zu Nassau-Usingen 1785 hielt anspruchsvolleres Theater Einzug, man wählte die Gesellschaften kritischer aus. Seit dem Ende der 1770er-Jahre diente ein überdeckter hölzerner Rundbau im Herrengarten als Komödienhaus. 1802 erhielt Reinhard Kässberger, der Wirt des Badhauses zum Einhorn, einen Vorschuss aus der Hofkammerkasse, um im Schützenhof eine feste Spielstätte einzurichten. Diese wurde nun auch vom Nassauer Hof besucht; die Hofloge soll sogar ausgesprochen rege von Herzog und Herzogin genutzt worden sein. 1810 wurde Carl August Freiherr von Ungern-Sternberg (1777–1847) als Intendant mit einem festen Ensemble für das »herzoglich nassauische Hoftheater« verpflichtet.
Diese erste Blütezeit endete 1813 mit den politischen Umwälzungen, die der Zusammenbruch des napoleonischen Heeres und das Ende des Rheinbundes mit sich brachten; das feste Ensemble löste sich auf, wieder wurde das Wiesbadener Theater von auswärtigen Gesellschaften bespielt. Herzog Wilhelm zu Nassau-Weilburg, der 1816 die Regierung angetreten hatte, schloss zur Spielzeit 1819/20 eine Union mit dem Mainzer Theater, das schon seit 1817 im Schützenhof gastierte; sie hatte fast 20 Jahre lang Bestand.
Der Schützenhofsaal wurde bis 1827 als Hoftheater genutzt, 1865 wurde er abgebrochen. Planungen für die Errichtung eines eigenen Schauspielhauses nahmen seit 1824 Gestalt an: Baurat Heinrich Jacob Zengerle erhielt den Auftrag, Risse und Pläne von Theatern zusammenzustellen, die 800 bis 1.000 Personen fassen konnten. Man entschied sich schließlich für das Vorbild des Aachener Stadttheaters. Landbaumeister Eberhard Philipp Wolff (1773–1843) errichtete 1825–27 an der Ecke Wilhelmstraße und heutigem Kaiser-Friedrich-Platz einen klassizistischen Theaterbau. Die feierliche Eröffnung fand am 26.06.1827 statt.
Das Theater hatte die Gestalt eines Amphitheaters; dahinter befand sich ein Magazinbau. Die Wände waren in rötlich-grauem Marmoranstrich gehalten. Die Dekorationen stammten von den Gebrüdern Orth in München, die Theatermaschinerie von Dorn aus Darmstadt. Das Innere war unter anderem mit einer Ansicht von Biebrich und zahlreichen sonstigen »Prospekten« geschmückt. Insgesamt wurde die harmonische Gesamtwirkung des Bauwerks gerühmt.
Mit dem Regierungsantritt von Herzog Adolph erhielt Wiesbaden ein ständiges eigenes Theaterensemble unter Hofmarschall Carl von Bose und dem Direktor Karl Beurer. Einer der Höhepunkte der Theatergeschichte dieser Zeit war ein Konzert mit Franz Liszt am 30.07.1840. Als in diesem Jahr die Biebricher Hofkapelle aufgelöst wurde, wurden deren Mitglieder in das Theaterorchester integriert. Hofkapellmeister wurde Christian Rummel, bisher Dirigent der Biebricher Hofkapelle. Im Revolutionsjahr 1848 wurden dem Herzog die Einkünfte aus den Domänenkassen entzogen, daraufhin strich er dem Theater die Zuschüsse. Um den Betrieb trotzdem aufrechtzuerhalten, wurde das Haus bis 1857 von einer bürgerlichen Theaterkommission geleitet, nötige Zuschüsse leistete die Stadt. Danach subventionierte Herzog Adolph das Theater erneut. Intendant Friedrich von Bose, Sohn Carl von Boses, setzte wichtige Reformen wie die Einführung der sogenannten Theater Disziplinar-Gesetze durch und gründete eine Pensionsanstalt für die Mitglieder. Auch eine Trennung der Ensembles für Musiktheater und Schauspiel mit einem eigenen Direktor für jede Sparte führte er ein.
Zu dieser Zeit wurde bereits seit längerem über einen Neubau diskutiert. 1860 legte Baumeister Philipp Hoffmann einen ersten Entwurf vor. 1866 wurde aus dem Nassauischen das Königlich Preußische Hoftheater. Das Theater unterstand jetzt – wie diejenigen von Hannover und Kassel – der Generalintendantur der Königlichen Schauspiele Berlin mit Generalintendant Botho von Hülsen. Mit der Eröffnung des neuen Hauses 1894 hatte das alte Theater ausgedient und wurde 1896 abgerissen.
Literatur
Hildebrand, Alexander/Vollmer, Eva Christina/Roland, Karl Heinz: Hessisches Staatstheater in Wiesbaden – Theater in Wiesbaden 1765–1978, Wiesbaden 1978.
Hack, Elke (Bearb.): Repertorien des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden. Abt. 428: Staatstheater Wiesbaden. Akten und Druckschriften 1810–1996. Hrsg.: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Wiesbaden 1997.
Weddigen, Otto: Geschichte des Königlichen Theaters in Wiesbaden, Wiesbaden 1894.