Dörr, Rudolf
Dörr, Rudolf
Architekt, Stadtplaner
geboren: 08.12.1902 in Wiesbaden
gestorben: 06.05.1989 in Wiesbaden
Artikel
Dörr studierte ab 1921 an der TH Darmstadt, wechselte jedoch bald an die TH Stuttgart, die sogenannte Stuttgarter Schule mit ihren Prof. Paul Bonatz, Paul Schmitthenner und Heinz Wetzel. In Stuttgart erhielt Dörr wesentliche Impulse in Hinblick auf die moderne Stadtplanung, die ausgehend von Ort und Bauaufgabe eine aus der Funktionalität abgeleitete künstlerische Lösung schaffen sollte.
Dörrs erstes großes Projekt fiel in die Zeit seines Staatsexamens zum Regierungsbaumeister 1930. Nach gemeinsam mit seinem Vater Heinrich Dörr erstellten Plänen wurden bis 1932 an beiden Seiten der Kauber und der rechten Seite der Oestricher Straße, westlich des Loreleirings, Mehrfamilienhäuser in Zeilenbauweise errichtet.
Dörrs Hauptwerk ist die Planung für den Wiederaufbau des 1945 zerstörten Kur- bzw. Quellenviertels und deren Realisierung. Sein Bebauungsvorschlag war Grundlage der Gesamtplanung und sah etwa die einheitliche Gestaltung der neuen Webergasse (1953/54) vor. Die Bauten dieses Straßenzugs stehen seit den späten 1980er-Jahren als Ensemble unter Denkmalschutz.
Sein Credo »bewahrend und fortschreitend« ließ sich wenig später an einem Wohn- und Geschäftskomplex ablesen: Das Apartmenthaus »Vier Jahreszeiten« an der Wilhelmstraße (1956–58) erinnert durch seinen Hotelcharakter an den Vorgängerbau, das Hotel Vier Jahreszeiten; ein paralleler, an der Westseite des Kaiser-Friedrich-Platzes errichteter Bau (1962–64) schafft dabei die räumliche Verbindung zum neu entstandenen Innenstadtviertel.
»Bezüge sind alles« lautete ein weiteres Bekenntnis Dörrs, und so spiegelt z. B. die 1968/69 errichtete Paul-Gerhardt-Kirche im Kohlheck durch einfache Formen und Baumaterialien wie Bruchstein, Ziegel, Schiefer und Holz den ländlichen Charakter der benachbarten neuen Siedlung wider.
Für sein ehrenamtliches Engagement im 1947 gebildeten Architektenbeirat der Stadt Wiesbaden wurde Dörr 1978 mit der Bürgermedaille in Bronze geehrt. Sein Grab befindet sich auf dem Südfriedhof.
Literatur
Dörr, Rudolf: Gedanken zu eigenen Arbeiten aus städtebaulicher Sicht in und für Wiesbaden, Vortrag anlässlich seines 85. Geburtstages im Rotary-Club Wiesbaden, 15.12.1987 (Stadtarchiv Wiesbaden).
Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.1 – Historisches Fünfeck. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005 [S. 214–217; 259 f.].
Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.3 – Stadterweiterungen außerhalb der Ringstraße. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005 [S. 574; 596–600].