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Polizei in Wiesbaden

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Kernstück polizeilicher Tätigkeit war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Zustandes »guter Ordnung« in einem Gemeinwesen. Wichtigstes Mittel hierzu war der Erlass von Polizeiordnungen, die feuer-, gewerbe-, sicherheitspolizeiliche Regelungen enthielten oder sich gegen übermäßigen Luxus richteten. Der Begriff der Polizei kommt erst im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts auf. Ein Vorläufer ist in Wiesbaden das Amt des Büttels, der Bote, Gerichtsdiener, Gefangenenwärter und Vollzugsbeamter in einer Person war; vielerorts oblag ihm auch die Vollstreckung von Urteilen. Das eigentliche Büttelamt wird 1376 im »Merkerbuch«, dem ältesten Stadt- und Gerichtsbuch, genannt. Vier »Schützen« übten eine Art niedere Polizeigewalt aus. Bis ins 18. Jahrhundert oblag die Handhabung der Polizei der Stadt, der Einfluss der Landesherrschaft beschränkte sich weitgehend auf den Erlass entsprechender Vorschriften.

Die Tätigkeit der Behörden intensivierte sich Ende des 17. Jahrhunderts. Fürst Georg August Samuel zu Nassau-Idstein erließ 1709 Bestimmungen, die die Mehrung der »guten Polizei«, insbesondere die Hebung der hygienischen Zustände im Hinblick auf die Kurgäste, zum Gegenstand hatte. Seit 1728 kann von einem strafferen Eingreifen der Landesherrschaft gesprochen werden. Von 1749 datiert eine Verordnung über die Bewachung der Tore und die Einführung von Nachtpatrouillen. An Stelle von vielfach durch aktuelle Ereignisse bestimmte Ad-hoc-Regelungen des Polizeiwesens traten seit Mitte des 18. Jahrhunderts eine Modernisierung der Verwaltung und erste Ansätze zu einer Polizeigesetzgebung. Laut einer landesherrlichen »Instruktion« von 1757 bildeten ein »Landkommissarius«, der Ober- und Stadtschultheiß, der Stadtschreiber, einer der Gerichtsleute und ein Oberamts-Assessor bzw. -Sekretär ein Polizeigericht, das alle 14 Tage auf dem Rathaus alle »gegen gute Policey anstoßende Mängel und Gebrechen« abschaffen sollte. Zu den Aufgaben gehörte die Aufsicht über Maße und Gewichte, die Visitation der Metzger, Bäcker, Krämer und Wirte, die Aufsicht über die Gassenreinigung, die Durchführung von Strafen, die Abweisung von Bettlern, die Fremdenpolizei usw.

Eine neue Qualität erreichte man mit der Gründung der Fürstlichen Polizeideputation, die 1769 als Aufsichtsbehörde für das gesamte Land eingerichtet wurde und für Fragen der Sicherheit, feuer-, gewerbe-, gesundheits- und baupolizeiliche Aufgaben, für eine Verbesserung der Kuranstalten sowie für die Aufsicht über das Gefängnis und die Bediensteten der Polizei zuständig war. Auch sollte sie die Feldpolizei handhaben. Für Wiesbaden hatte die Polizeideputation eine Sonderstellung: Sie war der Stadt direkt vorgesetzt und übte die Kontrolle über das gesamte städtische Polizeiwesen aus. Sittlich-moralische Delikte fielen allerdings in die Zuständigkeit des Konsistoriums. Eine weitere Aufteilung der Kompetenzen fand mit der Gründung des Kriminalgerichts statt.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Polizeigesetzgebung ausgeweitet und ein zur Exekution geeigneter Behördenapparat geschaffen. Die Kommune selbst hatte nur mehr feld- und feuerpolizeiliche Aufgaben. Bis 1817 bestand die Behörde aus einem Polizeidirektor, der seine Weisungen direkt von der Regierung erhielt, sowie einem Kriminalrichter und einem Rechtsanwalt. Zu den Aufgaben der Polizei gehörten nun auch die Zunftpolizei und die Aufsicht über das Gesinde, die Ausübung der Zensur sowie die Mitwirkung bei der Hospitalverwaltung. Die Handhabung der Baupolizei wurde 1812 einem eigenen Baupolizeiamt übertragen. Seit 1822 hatte ein »Commissarius« die Leitung der Polizei, dem die Polizeidiener, Nachtwächter, Laternenanzünder, Feldhüter, Fleischbeschauer und Reservegrenadiere unterstellt waren. Außer den üblichen gesundheits-, gewerbe- und feuerpolizeilichen Aufgaben, der Ausübung der Zensur, der Kontrolle des Zivilgefängnisses oblag ihm die Anmeldung des Gesindes und der Fremden. Ein Wachtmeister und acht Sergeanten bildeten 1823 die Mannschaft. 1829 wurde der Behörde das obere Stockwerk des alten Rathauses als Büro zugewiesen. Aufgrund der freiheitlichen Bestrebungen nach der 1848er-Revolution wurde die Polizei zeitweise wieder städtisch. 1850 bezog das Polizeikommissariat mehrere Räume im Schützenhof. Seit 1854 waren die Mitarbeiter uniformiert. Durch herzogliche Verfügung wurde zum 08.08.1857 die Verwaltung der gesamten Polizei einschließlich der Lokalpolizei einer neu gegründeten Polizeidirektion übertragen, die der Landesregierung unmittelbar untergeordnet und zum Erlass von Verboten und Geboten mit Androhung bestimmter Geld- oder entsprechender Arbeits- und Arreststrafen befugt war. Sitz dieser Behörde war das sogenannte Schenck’sche Haus. Zu dieser Zeit war die Stadt in sieben Reviere eingeteilt. Der statistische Jahresbericht von 1910 beziffert die Mannschaft auf 141 uniformierte Beamte (ein Polizei-Inspektor, fünf Kommissare, sieben Wachtmeister, darunter ein Berittener, 128 Schutzleute, darunter sechs Berittene). Hinzu kamen 19 Kriminalbeamte. Am 15.07.1904 erfolgten die Übergabe des neuen Polizeigebäudes in der Friedrichstraße 15 (heute Nr. 25) und die Umbenennung in »Polizeipräsidium«. Die Kosten für den Prachtbau beliefen sich auf 550.000 RM.

Zum 15.05.1924 wurde die Wiesbadener Polizei auf Weisung der Interalliierten Rheinlandkommission erneut kommunal. Der Aufgabenbereich vergrößerte sich auch durch die Eingemeindungen von Biebrich, Schierstein und Sonnenberg 1924 sowie weiterer neun Vororte 1928: Die Leitung der Polizei in diesen Orten ging auf Wiesbaden über. Zu den bisher vorhandenen fünf Polizei-Revieren in Wiesbaden traten nun ein 6. Revier in Biebrich, mehrere Revierzweigstellen in den Vororten, die Landjägerämter Erbenheim und Rambach sowie zwei Landjäger- bzw. Schutzpolizeilandposten in Kloppenheim, Igstadt und Frauenstein hinzu. 436 Polizisten und zwölf Nachtwächter sowie ein am 01.04.1928 eingerichtetes Überfallkommando vervollständigten die Polizeiverwaltung, die am 02.07.1930, nach dem Freiwerden der besetzten Gebiete im Rheinland, erneut verstaatlicht wurde.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 trat ein »Staatskommissar für das Polizeiwesen in Hessen« als Chef der gesamten hessischen und damit auch der Wiesbadener Polizei seinen Dienst an. Teile der Polizei wurden 1933–45 in Wehrmacht und SS überführt. Durch den Bombenangriff in der Nacht vom 02./03.02.1945 wurde die Front des Polizeipräsidiums zur Marktstraße hin total zerstört. Die Besatzungsbehörden leiteten umgehend den Wiederaufbau der Polizei in die Wege, und zwar, nach amerikanischem Vorbild, als Stadtpolizei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Behörde also wieder kommunal und dem Oberbürgermeister unterstellt, der zugleich als Polizeipräsident fungierte. Am 22.06.1945 erfolgte die Bildung des Kommandos der Schutzpolizei, Arbeitsplatz war das halbzerstörte Polizeipräsidium in der Friedrichstraße 25. Jetzt ging man daran, die Spuren der Zerstörung nach und nach zu beseitigen. 1947 begann man mit der Bildung von ersten Fachkommissariaten der Kriminalpolizei. Im Februar 1955 konnte ein neuer Trakt im oberen Stockwerk bezogen werden. Im Erdgeschoss befanden sich Ladengeschäfte. Am 01.01.1974 wurde die Polizeiverwaltung dem Land Hessen unterstellt. Das Polizeipräsidium Wiesbaden erhielt einen größeren Zuständigkeitsbereich, die Landkreise Untertaunus und Rheingau kamen hinzu. 1990–2001 setzte die Behörde ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Sicherheitslage um; unter anderem sollten die ehemals getrennte Schutz- und Kriminalpolizei in einer gemeinsamen Abteilung zusammengeführt und Querschnittsaufgaben in einer Verwaltungs- und einer logistischen Abteilung zusammengefasst werden. Im Rahmen dieser Reform wurde das Polizeipräsidium Wiesbaden zum Polizeipräsidium Westhessen und eines von sieben neu geschaffenen Flächenpräsidien in Hessen.

Gemäß Verordnung vom 18.12.2000 ist das Landespolizeipräsidium im Hessischen Innenministerium oberste Polizeibehörde; dem Polizeipräsidium Westhessen wurden die kreisfreie Stadt Wiesbaden, der Hochtaunuskreis, der Landkreis Limburg-Weilburg, der Main-Taunus- und der Rheingau-Taunus-Kreis als Dienstbereich zugewiesen. Regionaler Dienstbezirk für Wiesbaden ist die Polizeidirektion Wiesbaden mit fünf Polizeirevieren im Stadtbereich. Im Oktober 2004 zog das Polizeipräsidium in ein neues Domizil am Konrad-Adenauer-Ring 51. Hier sind unter anderem neben der Behördenleitung auch die Abteilungen Einsatz, Zentrale Dienste und Verwaltung sowie die Kriminaldirektion des Polizeipräsidiums Westhessen untergebracht.

Erster Polizeipräsident war 1896–1902 Karl Egon Prinz zu Hohenlohe Schillingsfürst. Ihm folgten die Präsidenten Bernhard Wilhelm Albrecht Schenck (1902–1917), Alexander Alberti (1918–1919), Viktor Krause (1919–23), Otto Froitzheim (1926–33), Adolf von Gablenz (1933–45), Magnus Heimannsberg (1945–48), Herbert Becker (1948–63), Dr. Karl Ender (1963–85), Dr. Horst Schedler (1985–87), Woldemar Kentmann (1987–91), Wolfhard Hoffmann (1991–95), Norbert Thomas (1995–99), Peter Frerichs (1999–2010), Robert Schäfer (2010–15) und seit 2015 Stefan Müller.

Literatur

Albrecht, Horst; Friedrich, Horst: Die Geschichte der Polizei und Gendarmerie des Herzogtums Nassau, Lübeck 2001.

Bleymehl-Eiler, Martina: Stadt und frühneuzeitlicher Fürstenstaat: Wiesbadens Weg von der Amtsstadt zur Hauptstadt des Fürstentums Nassau-Usingen (Mitte des 16. bis Ende des 18. Jahrhunderts), 2 Bde., ungedr. Diss., Mainz 1998.



Polizeipräsidium an der Friedrichstraße, ca. 1906 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, PK-547, Urheber: unbekannt
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