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Geologie

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400 Millionen Jahre alte Gesteine, die bei der Gebirgsbildung aufgefaltet, übereinander geschoben und umgewandelt (Metamorphose) wurden und so in ihre heutige Anordnung und Verbreitung gelangten. So finden sich im Bereich des Hintertaunus die Bunte-Schiefer- (ein in einer Flussebene entstandenes Sediment) und die Hermeskeil-Formation (ein im Meer gebildetes Sediment). Der Taunus-Quarzit bildet die Höhenzüge des Taunuskamms und im Vordertaunus befinden sich die Gesteine der Kellerskopf-Formation (ein Meeressediment), des Rossert-Metaandesits, des Wiesbaden-Metarhyoliths (beide vulkanische Gesteine) und des Bierstadt-Phyllits (ein Meeressediment). Der Bierstadt-Phyllit ist das älteste Gestein Hessens mit ca. 480 Millionen Jahren. Das Alter des im Untergrund von Wiesbaden erst 1991 entdeckten feinblättrigen Schiefers konnte anhand von Meeresplankton-Fossilresten bestimmt werden. An einer sehr markanten Störungszone, der Taunussüdrandverwerfung, sind die alten Gesteinsformationen in größere Erdtiefen abgeschoben. Sie befindet sich in Wiesbaden etwa südlich der Parkstraße und ist parallel zum Taunuskamm ausgerichtet. Die Gesteinsformationen werden südlich dieser Verwerfung von erdneuzeitlichen Meeressedimenten aus dem Tertiär überlagert. Die bis heute tiefste Bohrung Wiesbadens auf dem Gelände des früheren Schlachthofs traf den Wiesbaden-Metarhyolith in einer Tiefe von 236 m an. Dieser mehr als 200 m große Versatz der alten Gesteinsformationen weist darauf hin, dass es im Laufe der Erdneuzeit zu einem komplizierten Schollenmuster an Abschiebungen und Querbrüchen kam.

Die jungen Brüche und Störungszonen dienten und dienen heißen Wässern als Aufstiegswege aus größeren Tiefen der Erdkruste bis an die Erdoberfläche. Die berühmten Wiesbadener Thermal- und Mineralquellen gehen ebenfalls auf den Aufstieg stark salzhaltiger thermaler Tiefenwässer zurück. Die steil aufragenden Felsklippen wie in Frauenstein und im Wald bei Georgenborn wurden auch durch Mineralwässer gebildet. Dabei sind in großen Spalten Thermalwässer aufgestiegen, aus denen zunächst Schwerspat und später Quarz ausgefällt wurde, wobei der Quarz den Schwerspat so ersetzt hat, dass er dessen Kristallform übernahm (Pseudomorphosen von Quarz nach Schwerspat). Diese Spaltenfüllungen aus hartem Pseudomorphosen- und Kappenquarz bilden heute die Felsklippen. Der Quarzgang vom Neroberg und Schulberg zeigt dagegen große Quarzblöcke. Hier entspringt die Schützenhofquelle.

Als Besonderheit ist der Basaltvulkanismus bei Wiesbaden-Naurod am Erbsenacker zu nennen. Zwei 57 Millionen Jahre alte Basaltschlote wurden von den Geologen gefunden. Sie werden als Förderkanäle eines Vulkans interpretiert, der zwei Vulkankrater, umgeben von Aschekegeln und Lavaströmen, gebildet hatte. Die Abschiebung der alten Gesteinsformationen des Taunus entlang der Taunusrandverwerfung geht zurück auf die Phase der Entstehung des Oberrheingrabens. Mit dem Absinken der Erdkruste innerhalb dieser Grabenzone bildeten sich neue Sedimentationsräume wie zum Beispiel das Mainzer Becken, in die wiederholt das Meer vordringen konnte. Dies geschah teils von Süden aus dem »Ur«-Mittelmeer, der Tethys, teils von Norden aus der Paläo-Nordsee, deren Küstenlinie damals ungefähr auf der Höhe von Kassel verlief. Der erste, nur kurzzeitige Meeresvorstoß vollzog sich vor ca. 33 Millionen Jahren und ist im Untergrund in einer 170 m tiefen Bohrung bei Wallau nachgewiesen. Der zweite, weit verbreitete und lang anhaltende Meereseinbruch ereignete sich vor ca. 30 Millionen Jahren. Der Rupelton (Bodenheim-Formation) belegt mit seinen reichen, sehr vielfältigen Fossilfunden von Einzellern (Foraminiferen), Muschelkrebsen (Ostracoden) und Fischresten ein vollmarines, in etwas tieferen, ruhigen Bereichen abgelagertes Meer. Danach zog sich das Meer zunehmend zurück und die glimmerreichen Tone und Schluffe des Cyrenenmergels (nach dem Fossil Cyrena einer Muschel) zeigen deutlichen Einfluss vom Taunus-Hinterland, aber auch eine sehr schön erhaltene Mollusken-(Weichtier-)Fauna bei Igstadt.

Die Region um Wiesbaden lag damals ungefähr auf Höhe Siziliens. Das subtropische bis tropische Klima ließ im nun flachmarinen Meeresarm zunehmend Kalkbildung zu. Diese sind dokumentiert im sogenannten Kalktertiär. In einer flachen, gut durchlichteten Lagune kamen Kalksteine und Mergel mit großem Fossilreichtum zur Ablagerung. Allerdings hatte das Restmeer immer weniger Anschluss an die damaligen Weltmeere. Unter diesen besonderen Bedingungen haben sich Algenriffe gebildet, im Dyckerhoff-Steinbruch aufgeschlossen, deren frühe Verwandte (sogenannte Stromatolithen) die allerersten Fossilien unseres Planeten vor 3,65 Milliarden Jahren waren. Aufgrund des zunehmenden Meeresrückzuges süßte das Meerwasser durch Zuflüsse immer mehr aus, so dass sich diese verschiedenen Lebensbedingungen in der Zusammensetzung der Fossilgemeinschaften widerspiegeln. Die Sedimente im Stadtgebiet Wiesbaden sind allerdings auch durch quarzsandreiche Abtragungsprodukte aus dem Taunus gekennzeichnet (kalkfreie Randfazies), die sich mit den marinen fossilreichen Sedimenten verzahnen. Schließlich verlandete das Mainzer Becken, und es kamen nur noch Flusssedimente zur Ablagerung. Im Laufe des Tertiärs wurde der Untergrund des Nördlichen Oberrheingrabens mitsamt seiner tertiären Sedimentauflagerung bis auf 2000 m abgesenkt. Westlich der Randstörung Grünstadt – Nierstein – Hofheim sind die Schichten des Mainzer Beckens zwischen Taunus und Pfälzer Wald »hängen geblieben«, so dass sie heute relativ nahe der Oberfläche liegen und z. B. im Dyckerhoff-Steinbruch und im Weisenauer Steinbruch in Mainz (heute Geopfad) gut zu beobachten sind. Seit dem späten Tertiär und im Quartär bildete sich die heutige Landschaft heraus: durch Hebung des Taunusgebirges, durch Talbildung (Einschneiden der Flüsse und Bäche) und Ausbreitung großer Flusssysteme von Rhein und Main im Vorland (Absenkung des südl. Vorlandes). Vor 800.000 bis 500.000 Jahren lagerte der Main bei Wiesbaden große Mengen von Sanden und Kiesen ab, die Mosbach-Sande. Berühmt ist ihre reiche Fossilführung. Nach der Ablagerung der Mosbach-Sande hat der Main einen Schotterkörper abgelagert, der in einer durchschnittlichen Höhe von 140 m über dem Meer mit seiner weitgehend ebenen Terrassenfläche das Landschaftsbild des Wiesbadener Raumes prägt. Diese Fläche reicht im Osten von Erbenheim bis fast zur Ringkirche und weit nach Süden über Fort Biehler und vom Zweiten Ring über den Gräselberg bis nördlich von Schierstein. Danach schnitten sich Rhein und Main weiter in die frühere Flussebene bis zu ihrer heutigen Tiefe ein.

Während der letzten Eiszeit, der Würmzeit, bliesen Stürme in der kalten Jahreszeit Feinmaterial aus den vegetationsarmen Flussebenen aus, das im Windschatten von Erhebungen als Löss abgelagert wurde. Löss ist ein vom Wind aus Kiesbetten großer, periodisch trockengefallener Ströme ausgewehtes, kalkhaltiges Sediment. Oberhalb der älteren Ablagerungen im Bereich des Rheingauer Feldes (Mosbach-Sande) bildet er eine fast geschlossene, zusammenhängende Decke. Die Wiesbadener Lössprofile beinhalten in der Regel mehrere darin auftretende fossile Böden, die eine relative Altersgliederung ermöglichen. Danach und nach vereinzelten absoluten (geophysikalischen) Datierungen gehören die Lösse Wiesbadens überwiegend in den jüngeren Abschnitt des Pleistozäns und dort in die letzte Kaltzeit (Weichsel- oder Würm-Glazial). Selten finden sich einzelne Knochen oder Zähne von Mammut, Wildpferd oder anderen Großsäugetieren im Löss. Noch in die Zeit der Lössanwehung fällt ein auf einem Lösshang befindlicher Lagerplatz eiszeitlicher Pferdejäger mit einem Alter von rund 32.000 Jahren, den Thomas Terberger bei Wiesbaden-Igstadt ausgraben konnte. In den Steinbrucharealen der Dyckerhoff GmbH auf dem Rheingauer Feld östlich der Stadt wurden im Löss zahlreiche Bauten des eiszeitlichen Steppenmurmeltiers (Marmota bobak) angetroffen, zuweilen noch mit darin enthaltenen Skelettresten der Tiere. Der Löss trägt auf Grund seiner Zusammensetzung und seines Gefüges sehr fruchtbare Böden, die einen besseren Schutz gegen Überbauung verdienten.

Literatur

Streifzüge durch die Natur von Wiesbaden und Umgebung. Hrsg.: Nassauischer Verein für Naturkunde, 2. verb. u. erw. Aufl., Wiesbaden 2012 (Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde, Sonderband 2).

Terberger, Thomas: Pferdejäger und Muschelsammlerinnen. Ein altsteinzeitlicher Lagerplatz bei Wiesbaden-Igstadt. In: Denkmalpflege in Hessen 1, Wiesbaden 1994 [S. 44–47].