Kolumne im Dezember 2024
Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,
wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu - ein Jahr, das uns alle vor Herausforderungen gestellt, aber auch wertvolle gemeinsame Erfolge ermöglicht hat. Die Adventszeit lädt uns dazu ein, innezuhalten und darauf zurückzublicken.
Das Jahr 2024 hat uns einmal mehr gezeigt, dass globale Krisen bis auf die lokale Ebene durchschlagen. Der anhaltende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Konflikte im Nahen Osten machen uns bewusst, wie zerbrechlich der Frieden auch in Europa ist. Diese Ereignisse zeigen uns, dass wir jeden Tag für Frieden und Demokratie eintreten müssen.
Wir spüren, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt bedroht ist und an manchen Stellen zu bröckeln scheint. Es erfüllt mich mit großer Sorge, wenn Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung Angst haben, auf offener Straße angefeindet oder gar angegriffen zu werden. Als Stadt stehen wir in der Verantwortung, ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und Toleranz und gegen Hass und Hetze zu setzen. Gemeinsam mit Ihnen, liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener, treten wir für ein offenes, respektvolles Wiesbaden ein, das Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und jeglicher Form von Gewalt entschieden entgegentritt.
Neben der Gefährdung des sozialen Zusammenhalts stellt uns auch die Klimakrise vor besondere Herausforderungen. Die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels mahnen uns, global zu denken und lokal zu handeln. Wiesbaden arbeitet intensiv an einem Klimaanpassungskonzept, das uns helfen wird, auf Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein und unsere Stadt widerstandsfähiger zu machen. Auch angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten und steigender Lebenshaltungskosten sind wir bemüht, die Menschen in unserer Stadt zu unterstützen – etwa mit dem Programm „Familienleistungen vor Ort“, das gezielt Beratung und Hilfestellung anbietet, um gemeinsam solidarisch durch diese Zeit zu gehen.
Darüber hinaus lassen uns die weltpolitischen Unsicherheiten und die Herausforderungen auf nationaler Ebene nicht unberührt. In diesen Zeiten ist es umso wichtiger, dass wir uns in Europa, national, aber auch hier in Wiesbaden nicht durch unterschiedliche Ansichten und Meinungen auseinandertreiben lassen. Unser Ziel muss es sein, in gegenseitigem Respekt und auf Augenhöhe Lösungen zu finden - ein Grundsatz, den ich auch in der Stadtpolitik stets verfolge.
Ein Thema, das uns in Wiesbaden beschäftigt hat, ist der Verkehr und die Mobilität in unserer Stadt. Die zahlreichen Baustellen im Stadtgebiet stellen für viele von Ihnen eine Belastung dar – ich erlebe selbst, dass Umwege und Verzögerungen den Weg zur Arbeit oder die täglichen Erledigungen erschweren. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass diese Baustellen auch Investitionen in eine zukunftsfähige und leistungsfähige Infrastruktur sind. Unerwartete Vorfälle wie der Wasserrohrbruch am Hauptbahnhof im Sommer dieses Jahres haben uns verdeutlicht, wie wichtig eine widerstandsfähige Infrastruktur für unsere Stadt ist – aber auch wie ein solch unerwartetes, großes Problem behoben werden kann.
Auch der öffentliche Nahverkehr ist ein Thema, das viele von Ihnen direkt betrifft. Die Kürzungen im Busverkehr an Sonn- und Feiertagen und im Abendverkehr waren eine Folge des akuten Personalmangels, der viele Städte vor Herausforderungen stellt. Ich bin sehr froh, dass wir im September wieder zu einem dichteren Takt zurückkehren konnten, weiß aber auch, dass die mitunter unbefriedigende Situation damit nicht beendet ist. Die Rückkehr zum Normalfahrplan bleibt ein wichtiges Ziel.
Neben der Mobilität ist auch der Bereich Bauen ein zentraler Pfeiler, mit dem wir die Zukunft Wiesbadens aktiv gestalten und unsere Stadt für alle Generationen weiterentwickeln. Mein Motto heißt: "Wir bauen die soziale Stadt". Denn zahlreiche Wohnungsbauprojekte sowie Schul- und Sportstätten wurden erfolgreich abgeschlossen oder angestoßen, das stärkt den Zusammenhalt und sorgt für gute Lernbedingungen unserer Kinder und für mehr Lebensqualität für alle. So fand die feierliche Einweihung der neuen Friedrich-Ebert-Schule statt und die Bauarbeiten für den Sportpark Rheinhöhe haben begonnen. Nur zwei Beispiele aus einer langen Liste von Projekten, die für die Weiterentwicklung unserer Stadt stehen.
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bleibt für mich eine der zentralen sozialen Aufgaben unserer Stadt. Nur wenn wir Wohnraum für alle schaffen, stärken wir den Zusammenhalt und sichern langfristig die Lebensqualität in Wiesbaden.
Dieser Zusammenhalt zeigt sich auch bei den vielen Gelegenheiten, bei denen wir als Gemeinschaft zusammenkommen: So schaffen wir mit der Entscheidung für einen Wasserspielplatz in den Reisinger-Anlagen einen neuen Treffpunkt und Ort der Begegnung für Familien. Bereits in diesem Sommer bot der mobile Wasserspielplatz auf dem Luisenplatz eine erfrischende Begegnungsmöglichkeit. Und auch unsere traditionellen Feste, wie die Weinwoche, das Theatrium, die zahlreichen Kerben oder der aktuell stattfindende Sternschnuppenmarkt bieten Orte der Begegnung, die die Vielfalt und das Miteinander in unserer Stadt erlebbar machen.
All das, ebenso wie zahlreiche andere Initiativen und Projekte, wäre ohne das freiwillige, ehrenamtliche Engagement vieler Wiesbadenerinnen und Wiesbadener nicht möglich. An dieser Stelle möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen an all jene, die sich mit ihrem Einsatz für unsere Stadt und das Miteinander einsetzen. Sie machen Wiesbaden zu dem lebendigen Ort, der uns allen am Herzen liegt.
Besonders danken möchte ich auch all denjenigen, die während der Feiertage ihren Dienst für das Gemeinwohl verrichten und auf die Festtage mit ihren Familien verzichten – den Feuerwehrleuten, Polizistinnen und Polizisten sowie den Fachkräften im Gesundheitswesen, die über die Feiertage für unsere Sicherheit und unser Wohl im Einsatz sind.
Während Wiesbaden nun in einem festlichen Lichtermeer erstrahlt und weihnachtliche Düfte die Luft erfüllen, ist es an der Zeit, innezuhalten und sich auf die wahren Werte des Menschseins zu besinnen. Die Worte der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer sollten uns gerade jetzt im Kopf und vor allem im Herzen sein: „Seid Menschen“. In diesem Sinne möchte ich an uns alle appellieren, respektvoll miteinander umzugehen, Brücken zu bauen und miteinander im Gespräch zu bleiben, damit Wiesbaden ein Ort bleibt, an dem Vielfalt, Toleranz und Solidarität gelebt werden.
Ich wünsche ich Ihnen und Ihren Familien besinnliche Feiertage, Momente der Ruhe und ein gutes neues Jahr. Möge 2025 uns allen Glück, Gesundheit und die Kraft bringen, weiterhin für Frieden und Zusammenhalt einzustehen.
Herzlichst
Gert-Uwe Mende
Oberbürgermeister