Kolumne im Dezember 2023
Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,
die Advents- und Weihnachtszeit ist eine Zeit des Innehaltens und der Besinnung. Wie sehr wünschen wir uns unbeschwerte, wirklich "frohe Weihnachten". Doch die Welt wirkt aus den Fugen geraten, was sich bis auf die lokale Ebene auswirkt.
Auf die Corona-Pandemie folgte der russische Überfall auf die Ukraine und im Oktober dieses Jahres der Hamas-Terror gegen Israel mit noch nicht absehbaren Folgen. Der Klimawandel kommt als "stille Krise" daher, aber nicht weniger dramatisch. Und all das berührt uns ganz unmittelbar - im Herzen, weil wir mit den Opfern der Gewalt mitfühlen. Es fordert uns aber auch heraus, weil wir uns wachsenden Problemen stellen müssen, wie der Unterbringung von Geflüchteten, der Wahrung des Friedens im Inneren gegen Antisemitismus und Intoleranz, der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen allen Übels. Und schließlich mahnen uns die äußeren Umstände, Krisen – auch wenn sie bis auf die örtliche Ebene reichen - mit Standhaftigkeit und Souveränität zu begegnen und auf uns und unsere Stärken zu vertrauen. Für mich heißt das, dass wir noch enger zusammenhalten müssen. Dass wir uns nicht auf die Parolen der Spalter und Hetzer einlassen, sondern unsere Werte von Menschenwürde, Respekt, Toleranz und Vielfalt bewahren. Das ist auch eine Botschaft des Weihnachtsfestes – gerade in diesem Jahr.
Als Stadtregierung haben wir eine besondere Verantwortung, aktiv gegen Gewalt und Konflikte einzutreten. Gemeinsam mit Ihnen, den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern, hat sich die Stadt in diesen Momenten als starke Gemeinschaft erwiesen. Zum Beispiel bei der Unterstützung von Geflüchteten. Hier möchte ich mich vor allem bei denjenigen bedanken, die geflüchtete Menschen bei sich aufgenommen haben. Mein Dank gilt aber auch den Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern, die unter anderem die Unterbringung in städtischen Liegenschaften organisieren. Und auch bei den Solidaritätsbekundungen für die Ukraine und für Israel hat sich Wiesbaden als tolerante und weltoffene Stadt gezeigt, wofür ich Ihnen allen sehr dankbar bin. In Wiesbaden ist kein Platz für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Hass und Hetze.
Ein weiteres Thema, das viele Bürgerinnen und Bürger Wiesbadens auch in diesem Jahr weiterhin beschäftigt hat, ist der Verkehr. Ausgefallene oder verspätete Busse und Fahrplanänderungen wirken sich auf den Alltag vieler Wiesbadenerinnen und Wiesbadener aus und ich kann verstehen, dass dies zu Verärgerung führt. Die Ursache hierfür liegt vor allem im weit verbreiteten Personalmangel. Wir als Stadt stehen in der Verantwortung, alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen und günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, um neues Personal zu gewinnen und langfristig zu halten. Um ESWE Verkehr Planungssicherheit zu geben, hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass ESWE den öffentlichen Nahverkehr in Wiesbaden bis 2042 betreiben soll. Diese Entscheidung soll dazu beitragen, langfristige Planungen zu ermöglichen und so den Nahverkehr in Wiesbaden weiter zu optimieren.
Nicht nur der öffentliche Nahverkehr, auch die Baustellen im Stadtgebiet stellen für viele Bürgerinnen und Bürger eine Belastung dar. Die Zahl der Baustellen hat auch in diesem Jahr nicht abgenommen. Auch wenn es für die Betroffenen oft ärgerlich ist, weil zum Beispiel für den Weg zur Arbeit mehr Zeit eingeplant werden muss, darf man nicht vergessen, dass Baustellen auch oft eine Investition in die Infrastruktur und damit eine Investition in die Zukunft sind. Wie viele von Ihnen war auch ich sehr froh, als im August dieses Jahres die Schiersteiner Brücke für den Verkehr freigegeben wurde. Dies hat bereits zu einer Entlastung des Autoverkehrs geführt. Und ich freue mich sehr, dass Ende dieses Jahres auch über die Salzbachtalbrücke wieder Autos rollen sollen. Diese Teilfertigstellung ist wichtig, um das innerstädtische Straßennetz weiter vom Durchgangsverkehr zu entlasten.
Im Bereich Bauen konnten wir als Stadt in den vergangenen zwölf Monaten viele Fortschritte erzielen. Zahlreiche Wohnungs-, Schul- und Sportprojekte wurden erfolgreich abgeschlossen oder auf den Weg gebracht, um weiterhin bezahlbaren Wohnraum zu sichern und in die Zukunft Wiesbadens als lebenswerte Stadt zu investieren.
So konnten wir unter anderem bereits im April dieses Jahres die neue Kindertagesstätte im Schelmengraben und im November die Kindertagesstätte Kiebitzweg in Nordenstadt einweihen. Derzeit entsteht eine neue Dreifeldhalle für die Gerhart-Hauptmann-Schule und ein Neubau für die Friedrich-List-Schule. Dies sind wichtige Investitionen in die Zukunft unserer Kinder. Es wurden aber auch die neuen Funktionsgebäude am Sportplatz Waldstraße und am Sportplatz Bierstadt in Betrieb genommen. Solche Investitionen in die Sportinfrastruktur sind die beste Sportförderung. Um die gute Lebensqualität in Wiesbaden zu erhalten, investieren wir auch weiter in die Aufwertung öffentlicher Räume, wie zum Beispiel mit dem Freizeitgelände Kransand Kastel, das wir im September eröffnen konnten, und der Umgestaltung der Gerichtsstraße, die als Fußgängerzone aufgewertet wird. Es ist wichtig, Orte mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen, an denen Menschen zusammenkommen. Besonders freue ich mich, dass zu Beginn des neuen Jahres mit dem Bau des wichtigen "Sportparks Rheinhöhe" begonnen wird. Das Projekt stützt den Sport und wird vor allem für Familien ein Highlight in Wiesbaden.
Bauen und insbesondere Wohnungsbau ist aber auch oft umstritten – gerade beim Ostfeld. Diese Diskussionen müssen ernsthaft, auf Augenhöhe und mit Respekt geführt werden. Für mich ist und bleibt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die soziale Kernfrage für den Zusammenhalt in der Stadt. Ich lade deshalb ein, sich in die umfassende Bürgerbeteiligung einzubringen.
Zum gesellschaftlichen Zusammenhalt tragen auch die zahlreichen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger bei. Engagement findet in unserer Stadt in vielen Bereichen statt, zum Beispiel im Sport, im Sozialen, in der Kultur oder im Klimaschutz. Ohne den unermüdlichen Einsatz der Ehrenamtlichen gäbe es viele Veranstaltungen und Angebote nicht. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, allen Personen, die ehrenamtlich tätig sind, ein herzliches Dankeschön auszusprechen. Und damit es nicht nur bei warmen Worten bleibt, freue ich mich, dass durch den Anerkennungsfonds in diesem Jahr zum zweiten Mal finanzielle Mittel für Engagement zur Verfügung gestellt wurden.
Im Rückblick können wir auf viele schöne Eindrücke im Jahr 2023 zurückblicken. Endlich konnten traditionsreiche Veranstaltungen und Feste wieder vollumfänglich in gewohntem Rahmen stattfinden. Vom Wilhelmstraßenfest über die Rheingauer Weinwoche bis hin zum aktuell stattfindenden Sternschnuppenmarkt - Tage, an denen die Menschen zusammenkommen und gemeinsam die Vielfalt unserer Stadt genießen können.
Weihnachten als Fest der Liebe und der Familie sollte uns innehalten und über die wahren Werte des Menschseins und der Mitmenschlichkeit nachdenken lassen. Wir wollen weiterhin eine solidarische, mitfühlende und standfeste Stadtgemeinschaft sein, die sich negativen und zerstörerischen Kräften entschlossen entgegenstellt. Das Weihnachtsfest steht für die Botschaft von Frieden und Versöhnung. An dieser Stelle möchte ich auch innehalten und all jenen gedenken, die in diesem Jahr durch Unfälle, Gewalt, Hass oder Terror ihr Leben verloren haben, sowie ihren Angehörigen und Freunden. Ein besonderer Dank gilt den Menschen, die während der Feiertage auf persönliche Freuden verzichten, um sich für das Gemeinwohl zu engagieren. Mein ausdrücklicher Dank geht an Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten sowie Fachkräfte im Gesundheitswesen, die ihren Einsatz auch über die Feiertage leisten.
Ich hoffe, dass Sie in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr Momente der Ruhe und Entspannung finden können – Zeit, die Sie mit Ihren Familien und Freunden verbringen können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest. Möge Ihnen das neue Jahr 2024 Gesundheit, Glück und Erfolg bringen, und mögen wir alle unseren Teil dazu beitragen, den Frieden in unserer Welt zu fördern.
Mit den besten Wünschen für die Festtage und das kommende Jahr,
Herzlichst
Gert-Uwe Mende
Oberbürgermeister