Sprungmarken

Villa Söhnlein-Pabst (»Weißes Haus«)

Artikel

Das zwischen 1903–06 erbaute Gebäude in der Paulinenstraße 7 entstand in Anlehnung an das 1792 errichtete Weiße Haus in Washington D. C. Der französische Klassizismus des Petit Trianon in Versailles beeinflusste die Architektur der Villa Söhnlein-Pabst sowie auch die des Weißen Hauses in Washington.

Bauherr war das deutsch-amerikanische Unternehmer-Ehepaar Friedrich Wilhelm Söhnlein und seine Frau Emma, geb. Pabst, Miterbin der amerikanischen Brauerei Pabst in Milwaukee, Wisconsin. 1903 erwarben sie für 400.000 Goldmark eines der letzten »Filet-Grundstücke« in der Nähe des im Bau befindlichen neuen Kurhauses (1905–07). 2,4 Millionen Goldmark kostete das herrschaftliche Einfamilienhaus für vier Personen und elf Bedienstete inklusive der Gartenanlage von den Gebrüdern Siesmayer, Frankfurt am Main.

Die Schweizer Architekten der Villa, Otto Wilhelm Pfleghard und Max Haefeli, hatten – bevor sie maßgeblich im Züricher Städtebau tätig wurden – u. a. beim Wiesbadener Architekturbüro Alfred Schellenberg gearbeitet und daher auch für die Sektkellerei Söhnlein in Schierstein gebaut (Ensemble Grundweinkellerei, 1895). Die bürgerlich prächtige prunkvolle Wiesbadener Variante des Petit Trianon nahm den Louis-Seize-Stil des Originals auf (u. a. Baudekorationen innen und außen, Möblierung), wurde aber auch von Elementen des englischen Landhauses, des Rokoko, Barock und Empire geprägt.

In der Villa Söhnlein-Pabst spiegeln sich wie in kaum einer anderen Wiesbadener Villa weltläufiger Wilhelminismus, die Wirtschaftsgeschichte der Stadt sowie deren politische Geschichte. 1906–38 zunächst als Unternehmervilla genutzt, wurde das Haus 1940 an die Polizeiverwaltung vermietet. 1944 kaufte die NS-Volkswohlfahrt (NSV) das Gebäude, und es diente als Unterkunft deutscher Militärdienststellen. 1945 wurde der Gebäudekomplex durch amerikanische Truppen besetzt, um anschließend zur US-Militärbehörde und schließlich zum Community Center der amerikanischen Truppen in Wiesbaden ausgebaut zu werden. 1954 zog der Eagle Club vom Kurhaus in die Villa Söhnlein-Pabst.

Die behutsam vorgenommenen Umbauten und Erweiterungen der Villa Söhnlein-Pabst stammen von dem Architekten Paul Schaeffer-Heyrothsberghe. In dieser amerikanischen Zeit erhielt die Villa den Namen »Weißes Haus«. 1996 wurden Haus und Grundstück von der US-Regierung an das Land Hessen zurückgegeben und ab 2006 wurde das 7.000 m2 große Gelände neu erschlossen und teilweise bebaut.

Die mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Villa Söhnlein-Pabst wurde zwischen 2006–09 saniert und dient heute als Wohnhaus. Ein angegliedertes Café im Erdgeschoss in den ehemaligen Repräsentationsräumen wurde 2010 geschlossen und kann nur noch für Veranstaltungen gemietet werden.

Literatur

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden II – Die Villengebiete. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2. erw. Aufl., Stuttgart 1996 [S. 195 f.].

Vollmer, Eva Christina: Paulinenstraße 7. In: Zeitzeugen I. (1996) [S. 94–97].