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Goetz, Carl Florian

Goetz, Carl Florian

Architekt, Stadtplaner, nassauischer Baubeamter

geboren: 04.07.1763 in Ottweiler

gestorben: 23.06.1829 in Biebrich


Artikel

Goetz war der Sohn eines Amtmanns und Hofkammerrats des Fürstentums Nassau-Saarbrücken und absolvierte seine Ausbildung in Saarbrücken, vermutlich bei Friedrich Joachim Stengel, dem Leiter des Ausbaus Saarbrückens zur spätbarocken Residenz.

1789 siedelte er als nassauischer Bauinspektor nach Wiesbaden über, 1803 wurde er Baudirektor und 1807 als oberster nassauischer Baubeamter zum Mitglied des herzoglichen Hofmarschallamtes berufen. Im Jahr 1817 wurde er Landesbaumeister und war bis zu seinem Tode 1829 für die Organisation des Bauwesens in der zentralistischen herzoglich-nassauischen Verwaltung verantwortlich.

Goetz verfügte nicht nur über administrative Fähigkeiten, sondern verfolgte auch ambitionierte gestalterische Ziele als Planer und Architekt. Er gehörte zu den maßgeblichen klassizistischen Wegbereitern der Entwicklung Wiesbadens zur aufstrebenden Kur- und Residenzstadt in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, wenn seine Tätigkeit insoweit in der Rückschau auch überstrahlt wird durch das Wirken seines Mitarbeiters ab 1805, des nassauischen Bauinspektors Christian Zais.

Goetz war Architekt der Mosburg im Schlosspark Biebrich (1805–12), der Infanteriekaserne auf dem heutigen Wiesbadener Platz der Deutschen Einheit (1816–19), der neuen Quellfassung des Kochbrunnens (1823) und von vier Kirchen in nassauischen Landgemeinden.

1803, unmittelbar nach der Beseitigung der Befestigungsanlagen im Süden und Osten Wiesbadens, legte er einen ersten, 1805 in einer Planskizze vertieften Entwurf für die Stadterweiterung mit einer neuen Straße südlich der alten Stadt vor, der heutigen Friedrichstraße, und er verband diese Stadtplanung mit Vorgaben für die zu verwirklichende Architektur. Er legte mit einer 1805 noch einmal überarbeiteten Planskizze nicht nur die neuen Bauplätze am Mainzer Tor und an der Friedrichstraße fest, sondern in einer Musterabwicklung der Straßenfront auch die vorgeschriebenen Haustypen. Von den nach diesen Vorgaben errichteten Häusern ist heute noch (mit vereinfachtem Eingang, ohne die von Goetz vorgesehene Freitreppe) das Haus Friedrichstraße 5 erhalten. In der Planskizze von 1805 taucht auch erstmals eine neue östlich der Stadt in nördliche Richtung verlaufende Promenadenstraße auf, die spätere Wilhelmstraße.

Sein diese Idee weiterverfolgender »Grundriss der Stadt Wiesbaden und ihrer nächsten Umgebung« von 1806, in dem vorgeschlagen wurde, das Gassengewirr der Altstadt durch zwei im rechten Winkel aufeinander treffende Straßen geradlinig einzugrenzen, wurde zum Ausgangspunkt der Zais’schen Planung des Historischen Fünfecks.

Literatur

Kiesow, Gottfried: Das verkannte Jahrhundert. Der Historismus am Beispiel Wiesbaden, Bonn 2005.

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.1 – Historisches Fünfeck. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005.

Struck, Wolf-Heino: Wiesbaden als nassauische Landeshauptstadt. Teil I: Wiesbaden in der Goethezeit (1803-1818), Wiesbaden 1979 (Geschichte der Stadt Wiesbaden Bd. 4).