Sprungmarken

Friedhöfe

Artikel

Wiesbaden hat eine lange vorgeschichtliche Siedlungstradition, die sich seit der Bronzezeit vor allem in Grabfunden manifestiert. Vorgeschichtliche, römische und germanische Gräberfelder fanden sich unter anderem im Bereich Friedrich-, Luisen- und Dotzheimer Straße, an der Waldstraße, auf dem Hainerberg, dem Heidenberg, auf der Adolfshöhe sowie in den meisten Vororten.

Insgesamt verfügt die Stadt über 21 christliche, sieben jüdische und einen russisch-orthodoxen Friedhof. Eine muslimische Begräbnisstätte wurde vor einigen Jahren auf dem Südfriedhof eingeweiht.

Der älteste, 1248 erstmals erwähnte Friedhof des mittelalterlichen Wiesbaden lag, wie in dieser Zeit allgemein üblich, mitten in der Siedlung rings um die Mauritiuskirche. Er stand der gesamten Bevölkerung offen, während sich privilegierte Personen gegen entsprechende Gebühren direkt in der Kirche, nahe den Reliquien der Heiligen, beisetzen lassen konnten. Auf dem Friedhof stand ein Beinhaus, in dem die skelettierten Gebeine aufbewahrt wurden. Im frühen 14. Jahrhundert wurde es in eine Michaelskapelle umgewandelt. Dem heiligen Michael geweiht war auch eine Bruderschaft, die die Toten zu Grabe trug. Auch das einzige mittelalterliche Wiesbadener Kloster, das Klarissenkloster Klarenthal, diente zeitweise als Begräbnisstätte. Von den reichen Grabmälern ist kaum etwas erhalten.

Der Friedhof an der Mauritiuskirche wurde 1573 vom »Totenhof an der Heidenmauer« abgelöst. Dieser Bürgerfriedhof musste mehrmals erweitert werden: 1753 wurde er bis zur Höhe des Schulberges ausgedehnt, 1821 wurde er nochmals erweitert, bis er schließlich eine Fläche von 8.200 m2. umfasste. Nach 259 Jahren wurde er 1832 geschlossen. 1886 erfolgte die Umwandlung des oberen Teils in eine Parkanlage und die Freigabe zur allgemeinen Benutzung. 1900 wurde ein großer Teil dem Bau der Coulinstraße geopfert, die in diesem Areal gelegenen Gräber überführte man nach dem heutigen Alten Friedhof. Weitere Einbußen musste die ehrwürdige Begräbnisstätte 1902/03 hinnehmen, als das Römertor errichtet und die Heidenmauer durchbrochen wurde.

Die Begräbnisgeschichte Wiesbadens wäre nicht vollständig ohne eine Erwähnung des Friedhofes am Kochbrunnenplatz: 1690–1808 unterhielt die Stadt hier ganz in der Nähe des Hospitals einen besonderen Armen- und Spitalfriedhof. Für die Errichtung eines neuen Friedhofes wurde 1832 erstmals ein Platz außerhalb des städtischen Weichbildes ins Auge gefasst, nämlich an der Platter Straße. Am 06.09.1832 wurde dieser neue Friedhof eingeweiht, der sich bald als zu klein erwies; die erste Erweiterung fand bereits 1851 statt. Bis 1955 fanden hier rund 27.000 Menschen ihre letzte Ruhestätte. 1972 erfolgte die Umwandlung des Friedhofes in einen Freizeitpark.

1877 wurde der spätere Nordfriedhof in Betrieb genommen. 1878 entstanden an der Ostseite bzw. am Nordende ein orthodoxer und ein liberaler israelitischer Friedhof. 1908 wurde dann der jüngste der Wiesbadener Friedhöfe, der Südfriedhof, eingeweiht.

Literatur

Buschmann, Hans-Georg: Der Nordfriedhof von Wiesbaden und seine Vorgänger. Geschichte, Begräbnissitten und -riten, Grabmäler. Wiesbadener Stadt- und hessische Landesgeschichte, Frankfurt am Main [u.a.] 1991.

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden II – Die Villengebiete. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2. erw. Aufl., Stuttgart 1996 [S. 582–596].

Schüler, Martina (Red.): 100 Jahre Südfriedhof 1908–2008. Hrsg.: Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden – Amt für Grünflächen, Landwirtschaft und Forsten, Wiesbaden 2008.

Werschewskaja, Marina: Gräber erzählen Geschichte. Die russisch-orthodoxe Kirche der heiligen Elisabeth und ihr Friedhof in Wiesbaden, Wiesbaden 2007.

Eingangstor des Nordfriedhofs, 1967 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F001-1561, Urheber: Joachim B. Weber
2 / 2