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Tierwelt Wiesbadens

Wiesbadens Tierwelt kennzeichnet ein großer Artenreichtum, der durch günstiges Klima und die Verschiedenartigkeit der Biotope bedingt ist. Viele Arten finden hier sowohl Nahrung als auch Raum für die Aufzucht des Nachwuchses. Zu den dauerhaften Bewohnern der Stadt gehören einige seltene, bedrohte Arten sowie exotische Einwanderer.

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Wiesbaden, eine Großstadt mit ca. 270.000 Einwohnern, bietet für die Tier- wie für die Pflanzenwelt äußerst vielfältige Lebensräume. Das Stadtgebiet erstreckt sich nur zu ca. einem Viertel auf urbane, aber zu drei Vierteln auf andere Landschaftsräume. Darunter befinden sich teils naturgeschützte Fluss- und Auenlandschaften entlang des Rheins, landwirtschaftliche Nutzflächen mit hohem Anteil an Obst- und Weinbau sowie große Waldgebiete. Klimatisch ist Wiesbaden charakterisiert durch hohe Jahresdurchschnittstemperaturen und sehr niedrige Niederschlagsmengen. Die tiefer liegenden Stadtteile gehören mit 9,5 – 10,0 °C und 550 – 650 mm zu den wärmsten und niederschlagsärmsten Gebieten Hessens. Der innerstädtische Bereich ist - nicht zuletzt bedingt durch die lange Tradition als Bäder- und Kurstadt - gekennzeichnet durch einen hohen und z. T. sehr alten Baumbestand, zahlreiche Alleen und mehrere z. T. auch exotisch bepflanzte Park- und Friedhofsanlagen. Die ausgedehnten Wälder des Taunus, der Wiesbaden im Norden begrenzt, erreichen bereits auf Stadtgebiet an einigen Stellen submontane Höhen von bis zu 618 m ü. M. (Hohe Wurzel).

Das ohnehin verhältnismäßig warme Klima des Mainzer Beckens und des Rheingaus sowie die großstädtische Aufheizung begünstigen in den rheinnahen Stadtteilen die Ansiedlung wärmeliebender, ursprünglich mediterraner oder pontischer (südosteuropäischer) Arten. Dagegen sind die Waldlagen des Taunus bereits deutlich kühler und niederschlagsreicher und bieten dementsprechend Tieren Lebensraum, die für gemäßigte Breiten charakteristisch sind oder Feuchtbiotope (wie z.B. Amphibien) benötigen. Während man in Wiesbaden wie generell in urbanen Bereichen großer Städte auf einen eher großen Artenreichtum trifft, sind die umliegenden Acker- und Waldlandschaften mit zumeist intensiver Nutzung vergleichsweise artenarm, weil Brachflächen und ökologische Nischen stark zurückgedrängt werden. Aber auch hier verfügt Wiesbaden über einige sehr wertvolle Biotope wie Streuobstwiesen (Streuobstanbau) und z.T. brachgefallene trockenwarme Berghänge sowie mehrere Naturschutzgebiete.

Im städtischen Kerngebiet profitieren viele Tiere von verschiedenen günstigen Faktoren: Gärten, Friedhöfe und Parks bieten geschützte Lebensräume, Nistplätze und Nahrung. Hinzu kommen ein durch die Wegwerfgesellschaft bedingtes großes Nahrungsangebot und eine Vielfalt an Biotopen, die sich z.B. auf Industriebrachen und in „schlecht“ gepflegten Gärten entwickeln können. So werden die unzweifelhaft vorhandenen negativen Aspekte des städtischen Lebensraums wie Straßenverkehr, Umweltverschmutzung und Verinselung der Biotope sogar mehr als ausgeglichen. Honigbienen erwirtschaften wegen der großen Zahl von Blütenpflanzen höhere Erträge, auf den Mülldeponien im Dyckerhoff-Steinbruch werden wegen des reichen Nahrungsangebots regelmäßig z.B. Füchse, Möwen, Störche, Greif- oder Rabenvögel beobachtet. Auch Tiere wie die auffällig schwarz-rot gefärbte Gemeine Feuerwanze findet man wesentlich häufiger im Stadtgebiet als auf dem Land.

Zu den dauerhaften Bewohnern der Stadt gehören auch einige exotische und seltene Tierarten wie die unüberhörbaren Halsbandsittiche und die scheue Äskulapnatter. Daneben gibt es eine Vielzahl einheimischer Tierarten, darunter zahlreiche bedrohte Arten. Diese finden auf Wiesbadener Stadtgebiet geeigneten Lebensraum, profitieren vielerorts aber auch von gezielten Schutz- und Ansiedlungsmaßnahmen durch Initiativen wie der Schiersteiner Storchengemeinschaft sowie von Naturschutzverbänden und -behörden. Der Rhein und die z. T. renaturierten und unter Naturschutz stehenden Auenlandschaften sind ein Grund dafür, dass sich unter den in Wiesbaden lebenden bedrohten Arten besonders viele Vögel und Wassertiere befinden.

Tiere des Rheins und seiner Randbereiche

Das Ökosystem entlang des Rheins einschließlich der Mainmündung erfuhr insbesondere in den letzten 200 Jahren so gravierende Änderungen durch menschliche Einflüsse, dass von der ursprünglichen Artenzusammensetzung nur noch ein geringer Teil vorhanden ist. Schiffbarmachung, Uferbegradigung mit vielfältiger intensiver Nutzung, aber insbesondere die Wasserverschmutzung des Rheins, die vor allem im 20. Jahrhundert erheblich war und in den frühen 1970er-Jahren ihren Höhepunkt hatte, sind hier zu nennen. Der Anteil an natürlichen Flussauen und Überflutungsbereichen verringerte sich stark.

Auch die Ansiedlung einiger Neozoen hat zur Veränderung der Fauna des Rheins beigetragen. Hierbei handelt es sich um Tiere, die sich, in der Regel durch menschliche Einflüsse begünstigt, in neuen Gebieten dauerhaft angesiedelt haben. Zum Beispiel waren einheimische Flusskrebse im 19. Jahrhundert durch die so genannte Muschelpest weitgehend ausgerottet. Um die Flusskrebsfischerei zu bewahren, wurde der gegen die Krankheit immune Amerikanische Flusskrebs (Orconectes limosus) 1890 bewusst ausgesetzt und hat sich seither dauerhaft angesiedelt. Ein weiterer Neubürger ist die erst Mitte der 1980er-Jahre aus Ostasien eingewanderte Körbchenmuschel (Corbicula fluminea), die den Rhein heute in großen Mengen besiedelt.

Die Wasserverschmutzung ist seit Mitte der 1970er-Jahre, als im hiesigen Rheinabschnitt nur noch 17 Fischarten nachgewiesen werden konnten, erheblich zurückgegangen und es konnte seither eine Regeneration des Artenreichtums beobachtet werden. So findet man im hessischen Oberrheinabschnitt heute wieder über 40 Fischarten. Unter ihnen dominieren Brachsen (Abramis brama) und Rotaugen (Rutilus rutilus), häufig sind auch Blicke (Blicca bjoerkna) und Flussbarsche (Perca fluviatilis). Der Bestand an Rheinfischen früherer Jahrhunderte hatte eine völlig andere Zusammensetzung: Für die Zeit bis ins 19. Jahrhundert werden Barbe (Barbus barbus), Nase (Chondrostroma nasus) und Ukelei (Alburnus alburnus) als dominierende Arten angegeben.

Zur Regeneration der Flusslandschaft hat auch beigetragen, dass einige Auenlandschaften als Naturschutzgebiete ausgewiesen wurden. Diese stellen aber insgesamt in der dicht besiedelten, intensiv und vielfältig genutzten Region nur einen kleinen naturnahen Lebensraum dar, der zum Teil aus isolierten Biotopen besteht. Ähnlich wie beim Fischbestand weicht die Artenzusammensetzung der sich regenerierenden Fauna der Auen von der ursprünglichen Fauna stark ab.

Die geschützten Auenlandschaften bieten naturgemäß gerade vielen Wasservögeln Lebensraum, das Naturschutzgebiet Rettbergsaue ist dabei für Vögel in Wiesbaden der wichtigste. Daneben haben sich viele andere, z. T. seltene Tierarten hier angesiedelt. Bei Zählungen wurde eine große Artenvielfalt von Vögeln festgestellt, es brüten dort allein 19 auf der Roten Liste bedrohter Arten stehende Vögel. Darüber hinaus wurden auch viele andere bedrohte Tierarten nachgewiesen, z.B. mehr als zehn Heuschreckenarten, zahlreiche Schmetterlinge sowie Teich- und Seefrösche.

Am Rhein kann man immer wieder Graureiher und die streng geschützten Schwarzen Milane auf der Suche nach Nahrung beobachten, was sicher nicht zuletzt auf einen gewissen Fischreichtum schließen lässt. Auch ohne große Artenkenntnis wird man hier bereits nach kurzer Zeit auf eine weitere Besonderheit der Tierwelt Wiesbadens aufmerksam: die zahlreichen Weißstörche, deren Horste insbesondere zwischen Schierstein und Walluf zu finden sind. Störche waren in Wiesbaden wie in ganz Hessen im Verlauf des 20. Jahrhunderts ausgestorben. Seit 1972 versuchten Schiersteiner Bürger, die in der Storchengemeinschaft Schierstein e.V. organisiert sind, die Wiederansiedlung von Weißstörchen. Nach anfänglichen Misserfolgen gab es bereits Mitte der 1970er-Jahre erste Bruterfolge. Diese sind einerseits dem grundsätzlich günstigen Lebensraum zu verdanken, beruhten aber auch auf dem Erfahrungsaustausch mit anderen Wiederansiedlungsprojekten und nicht zuletzt der Unterstützung durch die Wiesbadener Stadtwerke (ESWE Versorgungs AG), die das weitläufige und nicht für den Publikumsverkehr zugängliche Wassergewinnungsgelände zwischen Schierstein und Walluf zur Verfügung stellte. Dort finden die Störche Schutz, es bieten sich außerdem ergiebige Nahrungsquellen und zahlreiche künstliche Nistplätze. Nach zunächst langsamer Entwicklung auf ca. neun Brutpaare im Jahr 1997 wird seither eine deutliche Zunahme beobachtet, im Jahr 2012 waren es 18 Brutpaare und etwa 80 Individuen. Horste finden sich nun nicht nur auf Schornsteinen, künstlichen und natürlichen Nistplätzen, sondern mehrfach und weithin sichtbar auf einigen Strommasten im Raum Schierstein, die z. T. gleich mehrere Horste tragen müssen.

Die Gründe für die starke Zunahme der Störche, für die inzwischen zusätzliche Maßnahmen wie Fütterung und Haltung von flugunfähigen Bodenstörchen nicht mehr notwendig ist, sind noch unbekannt. Sie ist vermutlich begünstigt durch die gute Nahrungsversorgung in den Auenlandschaften entlang des Rheins, die den Störchen eine natürliche Lebensgrundlage bietet.

Sie kann aber auch andere Gründe haben, unter anderen wird ebenso die Vertreibung aus anderen Brutgebieten als mögliche Ursache angesehen.

Das Verschwinden einiger Bodenbrüter wie dem Baumpieper (Anthus trivialis) und der Schafstelze (Motacilla flava) wird mit der relativ hohen Zahl an Störchen auf kleinem Gebiet in Zusammenhang gebracht. Auch mit dem Vogelschutz beauftragte Institutionen sehen die Ansiedlung der Störche in Schierstein eher kritisch, weil es sich um eine Population mit unnatürlichen Verhaltensweisen handelt und weil andere Arten bedroht oder verdrängt werden.

Tiere im innerstädtischen Bereich

Auf Wiesbadens Stadtgebiet findet man viele selbstverständliche Mitbewohner wie Igel, Eichhörnchen und Kaninchen, Tauben und natürlich eine große Zahl unerwünschter Tiere wie Ratten und Mäuse. Vielen ist auch das Vorkommen des Steinmarders (Martes foina) bekannt, einem Tier, dass zur Dezimierung der Nagetiere sehr wichtig ist, aber wegen seiner Neigung, Autoteile anzubeißen, als Lästling empfunden wird.

Die Parks und der hohe Baumbestand der Stadt bieten zahlreichen einheimischen Vogelarten, aber auch Einwanderern wie den exotischen Sitticharten oder der Nilgans (Alopochen aegyptiacus) eine gute Lebensgrundlage.

Sogar ehemals scheue Waldtiere wie die Amsel haben sich dem Leben in Städten angepasst und besiedeln diese flächendeckend. Ein weiteres Beispiel ist das häufige Vorkommen des Rotfuchses. Regelmäßig werden die nachtaktiven Tiere, die sich vorwiegend von Mäusen, aber auch Regenwürmern, Obst und nicht zuletzt ebenso von Abfall ernähren, im Stadtgebiet beobachtet, z.B. auf dem Südfriedhof.

Andere, z. T. in Deutschland selten gewordene und unter Schutz stehende Tierarten leben ebenfalls in der Stadt, so die Haselmaus (Muscardinus avellanarius), die kleine Verwandte der Hausmaus, die Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo) oder die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) sowie mindestens vier weitere Libellenarten. Auch der Ligusterschwärmer (Sphinx ligustri), ein Nachtfalter, der mit 80 – 120 mm Spannweite zu den größten Schmetterlingen Europas zählt, findet wegen der relativ häufigen Ligusterhecken in Wiesbaden eine Lebensgrundlage.

Hausfledermäuse wie das Graue Langohr (Plecotus austriacus), das im wärmebegünstigten Rheintal seinen Verbreitungsschwerpunkt hat, werden in Wiesbaden regelmäßig angetroffen. Diese und insgesamt neun weitere z.T. seltene Fledermausarten sind von der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz, die sich seit 1983 für den Erhalt von Fledermäusen engagiert, für Wiesbaden dokumentiert.

Tiere in Feld und Wald

Immerhin knapp 28% des Wiesbadener Stadtgebietes besteht aus Wald und ca. 30% aus landwirtschaftlich genutzten Flächen mit hohem Anteil an Wein- und Obstbau. Die überwiegend intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung gehört zu den Ursachen für den beschriebenen, eher geringeren Artenreichtum. Mehrere Naturschutzgebiete (Rabengrund, Wickerbachtal, Sommerberg) tragen zum Erhalt und zur Wiederansiedlung vieler Tiere bei.

Die Vielfalt und dauerhafte Ansiedlung seltener und bedrohter Tierarten wird auch durch Schutzmaßnahmen des Umweltamts und verschiedener Naturschutzgruppen gefördert. Im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat Richtlinie der Europäischen Union wird darauf hingearbeitet, dass wichtige Biotope erhalten bzw. ersetzt werden. So werden durch Beratung und Kooperation mit Landwirten das Mähen von Wiesen auf den Lebensrhythmus bestimmter Pflanzen- bzw. Tierarten abgestimmt und den Landwirten bei Nachteilen Ausgleichszahlungen gewährt. Für den Feldhamster (Cricetus cricetus), der bei DelkenheimNordenstadt, Schierstein und Dotzheim vorkommt, gibt es ein spezielles Schutzprogramm, bei dem Landwirte Getreidestoppeln stehen lassen und keinen Tiefenumbruch vornehmen. Als weiteres Beispiel sei genannt, dass man den Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) vom Mähen verschont, weil er einer seltenen Schmetterlingsart, dem Moorbläuling (Phengaris teleius), der im Rabengrund, dem Goldstein- und Wickerbachtal vorkommt, als Lebensgrundlage dient. Da Schmetterlinge nur wenige Wochen leben, kann das Verschieben der Mähperiode entscheidend sein, um solchen Tieren eine Lebensgrundlage zu verschaffen.

Die Teiluntersuchung zum Landschaftsplan des Jahres 2010 hat die Bedeutung der Streuobstwiesen als besonders artenreichen und schützenswerten Lebensraum, gerade auch für die Tierwelt, unterstrichen. Streuobstwiesen sind in Wiesbaden recht häufig und es wurde in der genannten Untersuchung eine sehr hohe Artenvielfalt, insbesondere auch von vielen gefährdeten und geschützten Arten, nachgewiesen. So wurden allein 32 verschiedene Tagfalterarten in einem Streuobstgebiet bei Breckenheim ermittelt. Auch die weite Verbreitung des als gefährdet eingestuften Gartenrotschwanzes (Phoenicurus phoenicurus), einer Charakterart dieses Biotoptyps, unterstreicht die Bedeutung der Streuobstwiesen für den Artenschutz. Deren Verinselung wird für die nachhaltige Sicherung der Lebensgrundlagen für die seltenen und geschützten Arten als kritisch angesehen.

Die zahlreichen Bäche, die vom Taunus herab durch Wald, Feld und Stadt zum Rhein fließen, stellen einen weiteren wichtigen Lebensraum für Tiere dar. Auf Grund von Versauerung, intensiver Wassernutzung, Abwassereinleitung und Verbauung waren und sind viele Bäche ihrer ökologischen Funktionen weitgehend beraubt. Von Seiten des Umweltamts und mit Unterstützung vieler im Umweltschutz engagierter Bürger und Verbände werden nach und nach viele Bäche renaturiert. Beispielsweise ist für den an die Innenstadt angrenzenden Teil des Wellritztals die Renaturierung und Aufwertung als Landschaftspark bereits weit fortgeschritten. Im Zuge der Renaturierungsbestrebungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten auch detaillierte Untersuchungen der die Gewässerqualität anzeigenden Fauna erhoben. Für die meisten Bäche ließen sich zumindest im Oberlauf viele Zeigerarten für Gewässergüte wie Köcherfliegen (Silo pallipes) oder Bachflohkrebse (Gammarus fossarum) nachweisen. Auch einige Rote Liste-Arten wie die Flussnapfschnecken (Ancylus fluviatilis) werden in vielen Bächen gefunden. Gleichfalls wurde Fischbestand nachgewiesen, so kommt z.B. die Bachforelle im Dambach, im Klingenbach oder dem Goldsteinbach vor sowie mehrfach der Dreistachlige Stichling.

Reptilien und Amphibien haben insbesondere in den kühleren und bewaldeten nördlicheren Teilen der Stadt ihren Verbreitungsschwerpunkt. Darüber hinaus finden einige besonders wärmeliebende Reptilienarten (Mauereidechse und Äskulapnatter) auch gerade in wärmeren, tieferliegenden Biotopen, z.B. den Weinbergslagen bei Frauenstein, geeigneten Lebensraum. Sowohl für das Vorkommen von Reptilien als auch Amphibien gibt es insbesondere auf Grund der Ergebnisse der Teiluntersuchung zum Flächennutzungsplan mit Daten für 2009 und einer Kartierung aus den Jahren 1996/97 relativ verlässliche Angaben. Die häufigsten Amphibien in Wiesbaden sind danach der Grasfrosch (Rana temporaria) und die Erdkröte (Bufo bufo), auch Feuersalamander (Salamandra salamandra) sind nicht selten. Wie im Rheingau wurden alle genannten Arten auf Wiesbadener Stadtgebiet fast ausschließlich in überwiegend bewaldeten Biotopen nachgewiesen, während es in Rheinnähe nahezu keine Funde gibt. Auch mehrere Molcharten (Triturus spec.) mit ähnlichem Verbreitungsgebiet kommen vor.

Im Goldsteintal und anderen wasserreichen Gebieten befinden sich Laichgewässer mehrerer Amphibienarten. Hier wie auch an anderen Stellen wird versucht, die Artenvielfalt durch aktive Maßnahmen, etwa durch Errichten von Schutzzäunen für die Krötenwanderung oder die Erhaltung von Laichgewässern, zu sichern.

Mehrere Reptilienarten sind in den Wäldern Wiesbadens heimisch. Ringelnatter und Blindschleiche sind dabei am häufigsten, gefolgt von Waldeidechse (Zootoca vivipara) und Äskulapnatter. In den urbanen wie rheinnahen Bereichen wird die Zauneidechse (Lacerta agilis) sehr häufig angetroffen, während die Mauereidechse (Podarcis muralis) vorwiegend an einer Natursteinmauer im südöstlichen Stadtgebiet nachgewiesen wurde und als akut gefährdete Art angesehen werden muss.

Im Taunus leben die großen Jagdtiere und zahlreiche weitere Säugetiere. Der Rothirsch (Cervus elaphus) ist darunter, das größte Wildtier des Stadtgebiets, Rehe (Capreolus capreolus) als die häufigste europäische Hirschart und viele Wildschweine (Sus scrofa), die auf Nahrungssuche nicht selten in Parks und Gärten vordringen. Hirschkäfer, Wildkatze, Schlingnatter, Schwarzer und Roter Milan, Baumfalke, Wanderfalke, Schwarzstorch und Uhu gehören zu den seltenen Tierarten, die in den Wäldern der Region heimisch sind und für die das Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus die Regionalbetreuung im Rahmen des europäischen Naturschutznetzes NATURA 2000 übernommen hat. Dieses umfasst auch ein Gürtel alter Buchenwälder am Rand des Wiesbadener Stadtgebiets. Darüber hinaus wird vereinzelt berichtet, dass Luchse, die größten Raubkatzen Europas, im Bereich des Forstamtes beobachtet wurden.

Das Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus hat auch die Patenschaft für die Äskulapnatter und den Wespenbussard übernommen und eine Reihe von Maßnahmen zu deren Förderung umgesetzt. Dabei wurden Waldwiesen vergrößert und freigestellt, der Bewuchs aus alten Steinbrüchen entfernt und kleine temporäre Gewässer angestaut.

Exotische Einwanderer

Von den trocken-warmen klimatischen Bedingungen profitieren auch viele z.T. seltene und auffällige Neozoen. Drei Heuschreckenarten (Blauflüglige Ödlandschrecke, Westliche Beißschrecke und Weinhähnchen) haben entlang der Bahnschienen zwischen Schottersteinen ihren Lebensraum gefunden. Diese Arten sind aus dem Mittelmeerraum bzw. der Halbinsel Krim eingewandert. Auch die Spanische Flagge, eine Schmetterlingsart, die Waldsäume, an denen Oregano wächst, als Lebensraum benötigt, hat sich in Wiesbaden angesiedelt.

Das Vorkommen der bereits erwähnten Äskulapnatter belegt das günstige Klima Wiesbadens für wärmeliebende Tiere. Die bis 2 m lange Schlange ernährt sich von Kleintieren, Mäusen, Eidechsen und Vogeleiern und ist für den Menschen vollkommen ungefährlich. Sie ist durch den Äskulapstab, Zeichen des ärztlichen Standes, bekannt. Im Mittelmeerraum beheimatet, ist sie in Deutschland nur in wenigen Regionen anzutreffen. Ihr Vorkommen im jetzigen Stadtgebiet Wiesbadens wie im angrenzenden Rheingau ist schon seit sehr langer Zeit bekannt und gut dokumentiert. Möglich ist, dass die Äskulapnatter von den Römern eingeschleppt wurde, nach einer weiteren Theorie soll sie sich bereits nach der letzten Eiszeit angesiedelt haben. Man findet sie insbesondere rund um den Ortsteil Frauenstein, wo der Verein Naturschutzhaus im Lindenbachtal einen Schlangenpfad angelegt hat und Führungen anbietet. Auch am Geisberg ist ihr Vorkommen dokumentiert.

Seit ca. 1970 gelang es zwei Edelsitticharten, sich in Wiesbaden anzusiedeln. Es handelt sich um die vor allem im Schlosspark Biebrich unüberhörbaren Halsband- und Alexandersittiche (Psittacula krameri und Psittacula eupatria), deren eigentliche Heimat das südliche Asien von Indien bis Vietnam ist. Begünstigt durch Wiesbadens Baumbestände, das milde Klima und ausreichende Nahrungsquellen, gelang es ihnen, sich dauerhaft in Wiesbaden anzusiedeln. Interessanterweise deckt sich der Zeitraum der dauerhaften Ansiedlung mit einem Anstieg der für Wiesbaden gemessenen Durchschnittstemperaturen, die zwar bereits seit etwa 1900 kontinuierlich, aber seit etwa 1988 nochmals deutlich steiler ansteigen. Überwiegend brüten beide Sitticharten in Baumhöhlen von Platanen. Die alten Baumbestände in verschiedenen Parkanlagen bieten den Sittichen neben geeigneten Nistplätzen auch vielfältige Nahrungsquellen. Samen und Blätter, aber auch Obst werden von den Sittichen verzehrt. Im Jahr 2000 wurden 120 Brutpaare des Halsbandsittichs und 23 des Alexandersittichs gezählt, was etwa 500 bzw. 80 Individuen entspricht. In Deutschland gelang es diesen und einigen wenigen anderen exotischen Sitticharten nur in einigen, klimatisch relativ warmen Großstädten zumeist entlang des Rheins (z.B. Heidelberg, Köln, Bonn), sich dauerhaft anzusiedeln. Manche Vogel- und Naturschützer sehen die Verbreitung dieser Neozoen kritisch, da die ökologische Einnischung zur Verdrängung einheimischer Höhlenbrüter oder Nahrungskonkurrenten wie Spechten, Dohlen oder Staren führen kann. Allerdings fehlen für eine tatsächliche Verdrängung von Arten in Wiesbaden bislang konkrete Belege.

Literatur