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Schierstein

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Die Geschichte von Schierstein reicht weit in die Vergangenheit zurück, wie jungsteinzeitliche, römische und fränkische Funde beweisen. Spektakulärstes archäologisches Zeugnis ist die Jupitergigantensäule aus dem Jahr 221 n. Chr. Um 973 wird der Ort als Skerdesstein erstmals erwähnt. Der Name wird als »Stein des Sherto« interpretiert, wobei »Stein« im Sinne von befestigtem Bau zu deuten ist.

Spätestens im 9. Jahrhundert dürfte in Schierstein eine Pfarrkirche bestanden haben. Der Zehntenhof und die königliche Eigenkirche sind Relikte einstmals zum Reichsgut gehöriger Besitzungen. Später fassten hier die Mainzer Klöster und Stifte sowie die Klöster Tiefenthal und Eberbach aus dem Rheingau Fuß. Der örtliche Adel gründete in Schierstein mehrere Rittersitze; die alleinige Hoheit über den Ort besaßen die Grafen zu Nassau, die seit dem 12. Jahrhundert Schierstein in ihre Herrschaft Wiesbaden eingliederten. Vogtei und Gerichtsbarkeit in Schierstein hatten um 1200 die Herren von Eppstein inne, die noch im 15. Jahrhundert hier Besitz hatten. 1275 bestand in Schierstein ein Centgericht, das sich aus dem Schultheißen und sieben Schöffen zusammensetzte. 1547 trat Schierstein zur Reformation über. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Nachrichten über eine Schule gegenüber dem Pfarrhaus. Aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage wurde der Ort immer wieder von durchziehenden Truppen heimgesucht, was phasenweise zu einem eklatanten Bevölkerungsrückgang führte. So zählte die Gemeinde 1654 nur noch rund 50 Einwohner. 100 Jahre später bewohnten wieder über 600 Personen 99 Häuser, 1880 wurden 268 Häuser und 2.132 Menschen gezählt. Das alte Kirchengebäude am Zehntenhof wurde nach einem Teileinsturz 1732 Mitte des 18. Jahrhunderts abgerissen und 1754 an anderer Stelle durch die Christophoruskirche ersetzt. Jüngster Zeit entstammen die katholische Kirche St. Peter und Paul, die Evangelische Auferstehungsgemeinde sowie die Apostolische Gemeinde Wiesbaden.

Eine wichtige Zukunftsinvestition für die heimische Wirtschaft war Mitte des 19. Jahrhunderts der Bau des Schiersteiner Hafens. Am 11.08.1856 erfolgte der Anschluss an die Eisenbahnstrecke Wiesbaden–Oberlahnstein. 1926 wurde Schierstein eingemeindet. In der durch seine fruchtbaren Böden ausgezeichneten Gemarkung waren von jeher Weinbau und Landwirtschaft die entscheidenden Wirtschaftsformen. Weinbau lässt sich in Schierstein seit 973 bis heute nachweisen. Im 19. Jahrhundert kam es zur Ansiedlung von industriellen Unternehmungen, unter anderem der Sektkellerei Söhnlein (Rheingold) und den Glyco-Metallwerken Daalen & Loos.

Mit vorwiegend werktätiger Bevölkerung tendierte die Gemeinde während der Weimarer Zeit zu den Linksparteien. Doch auch in Schierstein erreichte die NSDAP ab 1928 nach und nach die Mehrheit. Während der Reichspogromnacht im November 1938 wurde die 1890 eingeweihte Schiersteiner Synagoge zerstört, Wohnungen und Läden jüdischer Einwohner wurden geschändet, von denen die letzten acht 1942 in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Heute (Stand 01.01.2015) haben von 10.203 Einwohnern in 5.173 Haushalten 30,7 % einen Migrationshintergrund; 22 % von ihnen stammen aus der Türkei und 16,6 % aus Griechenland. In Schierstein gibt es ein reges Vereinsleben. Neben der Turngemeinde Schierstein 1848 sind dort mehrere Fußballvereine, die Freie Turnerschaft Schierstein 1913 und der Wassersportverein Schierstein 1921 beheimatet. Außerdem hat sich der Schiersteiner Hafen in den letzten Jahren zu einem der deutschen Zentren des Drachenboot-Sports entwickelt. Mit seinem über 2 ha großen Strandbadgelände auf der Westspitze der Rettbergsaue verfügt Schierstein schon seit 1914 über eine bedeutende Freizeiteinrichtung.

Literatur

Mischewski, Günter: 50 Jahre Wiesbaden-Schierstein 1926–1976. Verkehrsverein Wiesbaden-Schierstein e.V. (Hrsg.), Wiesbaden 1976.

Struck, Wolf-Heino: 1000 Jahre Weinbau in Wiesbaden-Schierstein. Zur Geschichte der Weinkultur in urbanisierter Zone am Rande des Rheingaus. Schriften zur Weingeschichte. Gesellschaft für Geschichte des Weines (Hrsg.), Nr. 32, Wiesbaden 1973.