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Gaswerke

Zu den gravierendsten Altlasten im kommunalen Bereich gehören die Standorte der ehemaligen Gaswerke. Gaswerke sind eine typische Begleiterscheinung der Industrialisierung, von Bevölkerungs- und Städtewachstum. Sie dienten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts der Erzeugung von Stadtgas aus Steinkohle, das Holz und Petroleum als Energielieferant ersetzte. Stadtgas war lange Zeit der wichtigste Energielieferant in Städten – bis zur nächsten Energiewende. Denn nachdem die Nutzung von Erdgas an Bedeutung gewann, wurden die alten Gaswerke außer Betrieb genommen und abgerissen.

In Wiesbaden existierten drei kommunale Gaswerke: Das älteste ist das Gaswerk Bahnhofstraße, das 1847 in Betrieb genommen, aber 50 Jahre später bereits wieder stillgelegt wurde. Es wurde vom Gaswerk in der Mainzer Straße abgelöst, das größer und außerhalb der Wohnbebauung errichtet worden war. Dieses war 1892 erbaut worden und produzierte bis 1949. Drittes Standbein war das Gaswerk Biebrich, das der Versorgung der Rheinschiene dienen sollte. Es wurde 1856 auf dem heutigen Gelände von Infraserv errichtet und war bis etwa 1960 in Betrieb.

Nach dem Abriss sind an allen Gaswerksstandorten problematische Altlasten im Untergrund wie Teerpech, Teeröle, cyclische und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Benzol und Cyanide zurückgeblieben. Die Sanierung dieser Altlasten gestaltete sich aufwändig, da die Schadstoffe zum Teil tief in den Boden eingedrungen waren. Deshalb musste der Bodenaushub an allen Standorten von umfangreichen Baugrubensicherungen in Form von Bohrpfahlwänden begleitet werden. Das belastete Erdreich mit den Teergruben und Gasometerfundamenten wurde ausgehoben und entsorgt, die Baugruben mit unbelastetem Aushub wieder verfüllt. Die Sanierungen erfolgten immer unter messtechnischer Überwachung der Umgebungsluft. Denn beim Aushub stark teerhaltiger Böden kommt es in unmittelbarer Nähe der Baugrube zu erheblichen Emissionen, die auch bei geringfügigen Gehalten deutlich geruchlich wahrnehmbar sind.

Aufgrund der Tiefenlage der Schadstoffe war auch an allen Standorten das Grundwasser belastet. Wenn bei der Baumaßnahme Grundwasser angefallen ist, wurde es über Aktivkohlefilter gereinigt. Zusätzlich wurde auch nach Abschluss der Sanierungen das Grundwasser weiter untersucht, beobachtet und beprobt. Am Standort Mainzer Straße dauerte das Monitoring bis Ende 2015 an.

Als erstes Gaswerk wurde zwischen 1998 und 1999 das Gaswerk in Biebrich saniert. Rund 29.000 Tonnen Erde wurden ausgehoben, rund 50 Tonnen Teer entsorgt. Die große Herausforderung an diesem Standort war die logistische Abwicklung einer Großbaustelle innerhalb eines Industriegebietes mit zahlreichen laufenden Betrieben. Die Maßnahme kostete rund 2,6 Millionen Euro.

Zwischen 1999 und 2000 wurde das Gaswerk in der Mainzer Straße saniert, eine Maßnahme mit einem Volumen von sieben Millionen Euro. Hier entstand die größte Baugrube, rund 128.000  Tonnen Erde wurde ausgetauscht. Aus statischen Gründen mussten punktuell Restbelastungen im Bereich der Baugrubensohle verbleiben. Darüber hinaus wies ein Brunnen stark erhöhte Gehalte an sogenannten Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auf, so dass Maßnahmen zur Nachsorge erforderlich waren: Die Grundwasserabstromverhältnisse wurden näher erkundet und wurden bis Ende 2015 regelmäßig beprobt und überwacht. Da die Grundwasserverunreinigung nur noch kleinräumig nachweisbar war, wurde diese von der Fachbehörde als nicht schädlich eingestuft und das Grundwassermonitoring konnte beendet werden.

2010 wurde schließlich als letztes Gaswerk jenes an der Kronprinzen-/Bahnhofstraße saniert. Bereits um 1900 wurde mit dem Abriss des Gaswerkes die Chance genutzt, mit der Verlagerung und Neubau des Bahnhofs das Gesamtgelände komplett umzugestalten, attraktiver, einer Kurstadt angemessen. Es entstanden die Herbert- und Reisinger Anlage. Auch mit der Sanierung ging eine Neugestaltung des Bereiches einher: die alte, aus den 70er-Jahren stammende Kindertagesstätte wurde abgerissen und in neuer, moderner Form ausgebaut. Insgesamt kostete die Sanierung 3,2 Millionen Euro.

Die Sanierung aller Gaswerksstandorte wurde mittels Landeszuwendungen nach den Altlastenfinanzierungsrichtlinien mit durchschnittlich 75 Prozent der Kosten bezuschusst.

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