Neujahrsgruß
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
der Jahreswechsel ist die Zeit, auf das vollbrachte Jahr zurückzublicken, an Geschehnisse zu erinnern und auf Bevorstehendes in 2025 hinzuweisen.
75 Jahre Bundesrepublik Deutschland
Im Jahr 2024 wurde unsere heutige Bundesrepublik Deutschland 75 Jahre alt. Das am 23. Mai 1949 gegründete Deutschland ist die jüngste Form des deutschen Nationalstaats, der im Jahr 1871 seinen Anfang nahm. Das Gründungsdatum geht einher mit der Geburtsstunde des heutigen Grundgesetzes. Dass damals zwei deutsche Staaten gegründet wurden, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik, gerät vor dem Hintergrund einer friedlichen Wiedervereinigung im Jahr 1990 fast in Vergessenheit. Vor dem Hintergrund, dass viele Ostdeutsche elementare Grundrechte und die Prinzipien des Rechtsstaats erst mit der Auflösung der DDR in Anspruch nehmen konnten, ist die Lebensleistung der Menschen besonders anzuerkennen, die zwei Systeme erlebt haben.
Fast 80 Jahre Frieden
75 Jahre Bundesrepublik Deutschland heißt für uns, seit fast 80 Jahren in Frieden zu leben. Das war bei Gründung der Bundesrepublik keinesfalls vorherzusehen. Zwei Weltmächte standen sich als Systemkonkurrenten gegenüber und durch Deutschland verlief seit 1961 ein Todesstreifen. Denken wir an die Berliner Luftbrücke 1948/49, die atomare Bedrohung der USA 1962 von Kuba aus und das Eintreten einer mutigen Bürgerschaft für Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Januar 1989. Danach überwog der Glaube, dass Kriege zwischen Ost und West Vergangenheit wären. Wir glaubten, dass die geschichtsgeprägte Friedensdiplomatie von Kohl und Gorbatschow in Europa unumstößlich sei und eine europäische Friedensordnung gilt.
Krieg in und gegen Europa – Tod von Nawalny
Mit Russlands Annexion der Krim 2014 und dem blutigen Krieg gegen das ukrainische Volk seit 2022 besteht Gewissheit: Putins Rückkehrplan zu einem Russland der Größe eines Sowjetreichs wird in Europa für viele Menschen eine Bedrohung bleiben. Die Kriegsführung spielt sich längst nicht mehr auf den Schlachtfeldern von Donezk und Lugansk ab. Die Brutalität, mit der das russische Regime vor den Augen der Weltöffentlichkeit gegen das ukrainische Volk Krieg führt, ist schwer zu ertragen. Putins Truppen können auch andere Länder in Europa erreichen. Skandinavische Länder fanden Schutz in der Nato. In Deutschland werden zivile Verteidigungspläne und Schutzräumkonzepte entwickelt. Bestehende Bunkeranlagen bleiben erhalten - auch hier in Wiesbaden. Gegen russische Oppositionelle und eine kritische Presse wird brutal vorgegangen: 2024 starb Alexej Nawalny in einem Gefangenenlager in Russland. Wiesbaden sollte diesen mutigen Mann, der seine Überzeugungen mit dem Leben bezahlte, nicht vergessen.
Unsichere Zeiten – nationalistische Töne
Die Angriffe gegen westliche Staaten, insbesondere Deutschland, wird subtil und hybrid geführt. Deutschlands Demokratie hat Feinde. Es gilt, unsere Wirtschaft zu schwächen und die Demokratie zu destabilisieren. Wenn der Wohlstand abnimmt, finden Menschen leichter zu radikalen Positionen. Davon betroffen sind vor allem Menschen, die in unserem Land Zuflucht finden, fremd wirken und Zeit zur Orientierung brauchen. Die Deutschen haben in Sachen Radikalisierung ihre eigene Geschichte. Von der (zweiten) Gründung der NSDAP im Januar 1925 bis zur Machtergreifung vergingen lediglich acht Jahre. Vor 100 Jahren hat Hitler seine Pläne in einem Buch veröffentlicht. Man musste es nur kaufen und lesen. Seit 1949 stehen das Widerstandsrecht und die Ewigkeitsklausel im Grundgesetz. Aber ist die Demokratie ausreichend wehrhaft? Wie bilden sich Meinungen in den sozialen Medien? Wer widerspricht Hass und Hetze? Welche Rolle nimmt Elon Musk künftig ein? In Zeiten, in denen versucht wird, militärische und soziale Sicherheit gegeneinander auszuspielen, ist die Willensbildung im Volk volatiler.
Besonnen bleiben – Haltung zeigen
Der politische Kampf im Zeichen der Religion kommt nicht zur Ruhe. Der barbarische Terrorakt auf israelischem Territorium ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Luftangriffe des Iran auf Israel zeigen die wahre Dimension der Bedrohung des Staates Israel. Jüdisches Leben in Wiesbaden muss sicher sein. Die Glauben- und Gewissensfreiheit ist ein unantastbares Menschenrecht; Hass und Hetze auf Schulhöfen, an Hochschulen, im Netz und auf öffentlichen Plätzen sind zu verurteilen. Nicht alles Gesagte ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt: die Würde des Menschen ist das oberste Gebot.
Das Attentat von Magdeburg führt uns vor Augen, dass der Rechtsstaat unsere Sicherheit nicht vollständig gewährleisten kann. Auf der kommunalen Ebene dürfen wir menschenverachtendes Verhalten nicht hinnehmen, muss Sicherheit vor Vertrauen gehen, sonst setzen wir unsere Freiheit aufs Spiel. Wer glaubt, aus diesem Attentat parteipolitisch Honig saugen zu müssen, versucht Gift in unserer Gesellschaft zu sähen. In Wiesbaden hat diese Mordtat ein breites stilles Gedenken für die Opfer und deren Angehörige gefunden. Das ist ein gutes Signal!
Mit Leistungsbereitschaft Wohlstand erhalten
Der Erhalt des Wohlstands ist eine der wichtigen Voraussetzungen, um den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land und in unserer Stadt zu wahren. Wohlstand ist jeden Tag aufs Neue hart zu erarbeiten. Die Anzeichen mehren sich, dass die Stärke der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich nachlässt. Das liegt an einer Verlagerung der Schlüsseltechnologien nach Amerika und Asien aufgrund besserer Rahmenbedingungen. Die Wirtschaftskrise offenbart aber auch ein wachsendes Mentalitätsproblem. Eine falsch verstandene Work-Life-Balance hemmt Produktivität: Tüchtigkeit ist gefordert, von jungen Menschen wie von Gereiften. Für die ökologische und digitale Transformation benötigen wir arbeitende Hände und ehrgeizige Köpfe, an fünf Tagen der Woche. Und wir benötigen mehr gesellschaftliche Anerkennung für erfolgreiche Unternehmer/innen. Unser Land lebt vom Mittelstand. Nur mit Leistungsbereitschaft kommen wir raus aus der wirtschaftlichen Rezession. Nur dann lässt sich der Sozialstaat halten.
Große Vorhaben in unserer Stadt
Die Stadtverordnetenversammlung hat in 2024 viele Beschlüsse auf der Grundlage der durch die Fraktionen oder den Magistrat eingebrachten Anträge oder Beschlussvorlagen gefasst. Das ambitionierte Schulsanierungs- und Neubauprogramm, der Sportstättenausbau oder der in 2024 Baubeginn des Sportpark Rheinhöhe sind nur wenige Beispiele. Dieses Sanierungstempo ist enorm. All das hat einen Preis, der die Haushalte der nächsten Generation noch belasten wird. Die Stadt und ihre Beteiligungsgesellschaften müssen nicht alles selbst machen. Der politische Erfolg ist auch dann sicher, wenn Qualität und Kosten des Vorhabens stimmen. Deshalb nenne ich gerne auch Projekte, die der Stadtgesellschaft zugutekommen, ohne den städtischen Haushalt maßgeblich zu belasten. Ein solches Vorhaben ist die neue Helios HSK und die Modernisierung des St. Joseph-Hospitals. Bei beiden Kliniken berücksichtigt man auch die Schaffung von Betriebswohnungen. Der Umzug der Helios HSK im feucht-kalten Herbst war sicherlich ein logistisches Meisterstück. Anerkennung an die Projektverantwortlichen! Eine gute medizinische Versorgung wird in unserer Stadt aufgrund der demografischen Entwicklung immer wichtiger.
Klimaneutralität vorantreiben
In der Energieversorgung wurde in 2024 ein großer Schritt vollzogen: Die ESWE Versorgung nahm zwischenzeitlich Pumpenstationen in Betrieb, die Fernwärme, gewonnen aus Biomasse und Müllverbrennung (künftig) zu Gebäuden in die Stadt leitet. Das Ziel, Wiesbaden bis 2035 bei der Wärmeversorgung klimaneutral zu machen, wird greifbar. Dies erfordert eine sorgfältige Planung in den Fachämtern und eine gute Koordination zwischen den Dezernaten. Klimaschutz hat in Wiesbaden eine hohe Priorität. Der Staat sollte die Bürgerinnen und Bürger bei dieser Mammutaufgabe mitzunehmen. Eine Kommune allein kann das nicht schaffen.
Standortbedingungen attraktiv halten
Unsere Unternehmen bilden das finanzielle und soziale Fundament unserer Stadt. Denken wir an die R+V Versicherung, an Abbott, AbbVie, Smith Detection, Vitronic, die Europa- und Deutschlandzentralen von Ferrari, Panasonic, der SGL Group oder Henkell Freixenet. Es gibt Unternehmen, deren Gründer untrennbar mit Wiesbaden verbunden sind: Dr. Gerd Eckelmann zum Beispiel: Sein Sohn Philipp führt das mittelständische Unternehmen für Industrieautomation erfolgreich weiter. Oder der Biebricher Ferdinand Knettenbrech. Sein Name steht für das Unternehmertum der Nachkriegsjahre in Wiesbaden. Enkel Steffen Gurdulic stellte das Entsorgungsunternehmen neu auf. Knettenbrech-Gurdulic ist heute in ganz Deutschland tätig.
Der Industriebeirat (und die IHK) geben diesen Unternehmen in Wiesbaden eine Stimme. Das gleiche gilt für die vielen Handwerksbetriebe, die als Familienbetriebe organisiert sind. Denn ohne ihr Gewerbesteueraufkommen ist der städtische Ausgabenhaushalt nicht zu finanzieren. Langfristiges Denken für den Wirtschaftsstandort Wiesbaden ist gefordert.
Traditionsgeschäfte: Good bye forever
Die Schließung von Traditionsgeschäften ist ein Verlust für unsere Stadt: „Blumenpapst“ Erhard Priewe schließt Ende Dezember, Teppich Michel in der Wilhelmstraße in 2025. Derzeit ist Räumungsverkauf. Thomas Michel bereiste regelmäßig Länder des Orients. Seine Reiseberichte und Ansichtskarten sind legendär.
Verkehr und Leerstand in Wiesbaden: Lösungen gesucht
Kritisch zu sehen ist die verkehrliche Situation, insbesondere auf dem ersten und zweiten Ring, der durch Staus und Baustellen teilweise kollabierende ÖPNV, das Geschäftesterben in der City, den Zustand einiger Innenstadtareale (Friedrichstraße, Schwalbacher Straße, Platz der Deutschen Einheit), die teilweise unklare Radwegeführung, die kurzen Schaltintervalle der Pförtnerampeln an den Zufahrtsstraßen, die auf Besuchern und Pendlern wichtige Zeit nehmen. „Lost Places“ entstehen durch Leerstand und nicht adäquate Nutzungen. Die neue City-Passage in Gestalt der Mauritius-Höfe soll kommen. Und auch zur Walhalla-Sanierung formiert sich vor der OB-Wahl ein spürbarer politischer Wille.
Mit der Räumung des Palasthotels am Kranzplatz entstand neuer Leerstand, der zu Verwunderung führt. Sozial genutzten Wohnraum nicht instand zu halten, erscheint unverantwortlich und nicht unsozial, denn Mietparteien wird gekündigt. Das Gebäude ist da und muss saniert werden. Eine baldige bedarfsgerechte Nutzung bleibt zu hoffen.
Innenstadtleben attraktiv halten
Neben aller Kritik bleibt doch festzuhalten, dass es sich in Wiesbaden gut leben, arbeiten und lernen lässt. Die gastronomischen Betriebe sind – ein attraktives Angebot vorausgesetzt – gut gebucht. Die kulturellen und sozialen Angebote sind vielfältig. Vorweihnachtliche Angebote wie der Sternschnuppenmarkt, das „Kinderwonderland“, die Winterstubb von Otto Barth und Wiesbaden on Ice, veranstaltet von der Sporthilfe Wiesbaden, suchen in anderen Städten ihresgleichen. Die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener erkennen dies an und treffen sich gerne in der Innenstadt; Gastronomen und Aussteller sind zufrieden.
Ehrenamtsstadt Wiesbaden
Diese Lebendigkeit und Kommunikationsfreude haben wir auch der „Ehrenamtsstadt“ Wiesbaden zu verdanken. Viele Menschen bringen sich auf vielfältige Weise ein. Der Stadtverordnetenversammlung und dem Magistrat sind gute Rahmenbedingungen wichtig: jeder profitiert davon. Das Freiwilligenzentrum, vor 20 Jahren gegründet, leistet einen wichtigen Beitrag. Die Wiesbaden-Stiftung unterstützt bei Vereinsgründungen und kümmert sich um die sinnvolle Nutzung von Nachlässen. Bei den GEMA-Gebühren hat das Land erste Lösungsansätze zur finanziellen Entlastung eingebracht. Die alljährlichen Ehrungen und Auszeichnungen der Stadt sind ein beredtes Beispiel für die Vielfalt im Ehrenamt. Stellvertretend für soziales und humanitäres Engagement nenne ich den Integrationspreisgewinner 2024: Frauenwelten e.V., der sich dem Schicksal geflüchteter Frauen aus Afghanistan, dem Iran und Syrien annimmt und deren Mitglieder Hilfen zur Selbsthilfe geben. Aber auch das Hospiz Advena oder die Initiative Bärenherz, deren Arbeit vielfach auf freiwilligen Zuwendungen beruht, sind bemerkenswerte Beispiele für eine humane Stadtgesellschaft. Ihnen und den hier nicht genannten unser Dank!
Fürs kommunal-politische Ehrenamt werben
Aber auch für das politische Ehrenamt in Wiesbaden gilt es zu werben. Menschen zu gewinnen, die sich in politisch fürs Gemeinwohl einsetzen, ist nicht einfach. Ortsbeiräte und weitere Gremien (u.a. Industriebeirat, Kulturbeirat, Seniorenberat, Jugendparlament) sind im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung unabdingbar. In der IHK, der Handwerkskammer und weiteren berufsständischen Organisationen, Gewerbevereinen etc. sind Ehrenamtliche tätig. Im Jahr 2024 wurden das Jugendparlament und der Seniorenbeirat für zwei Jahre gewählt. In 2026 werden die Stadtverordnetenversammlung und die Ortsbeiräte neu gewählt. Es gilt frühzeitig Interessierte für die politische Arbeit zu gewinnen.
Abschied genommen
Von zwei Musiker-Legenden mussten wir in 2024 Abschied nehmen: Porky Kronier. Mehr als 40 Jahre prägte der Kult-Sänger die Musik-Szene in Wiesbaden. Dr. Dieter Arlet. Begründer der Juristenband 1971, Kulturpreisträger 2011, Jazzbotschafter für Wiesbaden, seine Kontakte reichten bis New Orleans. Wiesbaden trauert um zwei ganz besondere Menschen, die der Musik in unserer Stadt schmerzhaft fehlen. Liebe Juristenband, macht bitte weiter!
Dr. Hanns-Dietrich Rahn: Der ehemalige Fußball-Mannschaftsarzt (1996-2021) und Pfingstturnierarzt (seit 1994) verstarb vor Pfingsten und hinterließ im Wiesbadener Reit- und Fahr-Club-Präsidium eine menschliche Lücke.
Europastadt Wiesbaden – Städtepartnerschaften
2024 liegen die Gründung des Europarats und die Gründung der NATO 75 Jahre zurück. Die Europäische Bewegung Deutschland wurde am 13. Juni 1949 in Wiesbaden gegründet. Sie fühlt sich der Förderung der europäischen Integration verpflichtet. Auch hieran sei erinnert, wenn wir auf eine lange Friedensphase zurückblicken. Wiesbaden sollte in Sachen Europastadt mehr Engagement zeigen. Die vielfältigen Städtepartnerschaften, auch mit der ukrainischen Stadt Kamjanenz-Podilskyj (vier Hilfstransporte mit Medizinprodukten sind 2024 auf den Weg gebracht worden), sind gelebte Völkerverständigung.
2025: 80 Jahre Zerstörung und Kriegsende
Wiesbaden ist in besonderer Weise den US-amerikanischen Streitkräften verbunden. Sie stellen von Wiesbaden aus ihre Präsenzen in Europa und in Afrika sicher. Erbenheim und Frankfurt waren bereits 1948/1949, also vor gut 75 Jahren Ausgangspunkt für die Notversorgung der abgeschnittenen Berliner Bevölkerung. Die US-amerikanischen Streitkräfte und ihre Angehörigen sind und bleiben unsere Verbündeten, unsere Nachbarn und unsere Mitbürger.
Die sogenannte Bombennacht vom 2. Februar 1945, die Luftangriffe britischer Kampfflugzeuge auf Wiesbaden, zeigen die Schrecken des Krieges und Wunden im Stadtbild, die sichtbar bleiben. Diese Zerstörung ziviler Ziele und das Kriegsende am 8. Mai jähren sich in 2025 zum 80. Mal. Die Stadtverordnetenversammlung hat den Magistrat gebeten, hieran angemessen zu erinnern.
Bilbao-Effekt: das Museum Reinhard Ernst
Wiesbaden hat zwei neue Ehrenbürger: das Ehepaar Sonja und Reinhard Ernst. Diese seltene Auszeichnung ist der Dank für ein Museum für abstrakte Kunst und die gemeinsame Stiftung, die den Bau ermöglichte. Das 2024 eröffnete Museum setzt außen wie innen neue Maßstäbe. Reinhard Ernst wünschte in seiner Dankesrede der Stadt einen „Bilbao-Effekt“. Dieser ist bereits da: 100.000 Besucher in sechs Monaten. Das privat finanzierte Museum ist eine Verpflichtung an die Stadtpolitik, den Besuchern auch außerhalb des Museums eine attraktive Stadt zu bieten. Als Stadt des Historismus, als Stadt der Fluxus-Bewegung, sollten wir mutig nächste Schritte für einen „Ernst-Effekt“ anstreben.
Wofür steht das Jahr 2024 noch?
ChatGPT. Junge Menschen nutzten in 2024 wie nie zuvor die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz in Schule und Studium. Keine Hausaufgabe, keine Klassenarbeitsvorbereitung (mitunter auch die Klausur) wird ohne ChatGPT erbracht. Das Digitale bahnt sich wie von Geisterhand seinen Weg, ohne dass Lehrkräfte oder Eltern Einfluss nehmen. ChatGPT kann inzwischen für fast alles Erdenkliche genutzt werden. Ob eine Gedichtsanalyse von Eichendorffs Mondnacht zu schreiben ist oder eine Übersetzung eines literarischen Textes vom Deutschen ins Spanische bevorsteht oder ein Referat über bedrohte Tierarten am Amazonas ansteht: ChatGPT liefert zuverlässig und diskret die Vorlagen. Übrigens: Dieser Jahresrückblick wurde (noch) ohne KI geschrieben.
Wahlen in Deutschland und Wiesbaden
Der Bundestag ist aufgelöst. Am 23. Februar 2025 werden die politischen Weichen für die nächsten vier Jahre gestellt. Die Parteien werden ab dem 10. Januar 2025 großflächig ihre Plakate in der Stadt ausbreiten. Die einen setzen auf Themen und griffige Schlagworte, die anderen auf (bekannte) Köpfe. Die Demokratie lebt. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht verantwortungsvoll Gebrauch machen. Das Bundesverfassungsgericht schützt die Verfassung, nicht das Land. An Parteiverbotsverfahren hohe rechtliche Anforderungen zu stellen, halte ich für richtig, denn das Volk ist der Souverän.
Die im Jahr 2023 beschlossene Wahlrechtsreform führt künftig zu einer Begrenzung der Sitze im Bundestag auf 630. Wahlkreise mit vielen Wahlkreisbewerbern können stimmenanteilsmäßig das Nachsehen haben. Großstädte, wie Wiesbaden, sind besonders betroffen. Dies gilt es bei der Stimmabgabe zu beachten, wenn sie einen vor Ort ansässigen Volksvertreter im Bundestag vertreten sehen wollen.
OB-Direktwahl: Am 9. März 2025 wird in Wiesbaden ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Diese Direktwahl findet alle sechs Jahre statt. Sie ist Ausdruck gelebter Demokratie. Auswahl ist vorhanden! Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch, auch bei der möglichen Stichwahl am 29. März 2025. Der Wahlkampf fällt in die „5. Jahreszeit“. Anlässe, mit Bewerberinnen und Bewerbern ins Gespräch zu kommen, sollten gegeben sein. Ein Kreuz pro Wahl genügt. Machen Sie mit!
Abschließend bedanke ich mich bei allen Stadtverordneten, den Ortsbeiräten, den Magistratsmitgliedern und Amtsleitungen sowie allen weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landeshauptstadt Wiesbaden für die geleistete Arbeit im zurückliegenden Jahr.
Ich wünsche unserer Stadtgesellschaft den Willen zum Zusammenhalt, die Fähigkeit des wechselseitigen Respekts und die Kraft zur Zuversicht. Für 2025 wünsche ich Ihnen alles Gute!
Ihr
Dr. Gerhard Obermayr
Stadtverordnetenvorsteher