Sonnenberg
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Latènezeitliche Siedlungsspuren fanden sich westlich Rambach in den Distrikten »Burg« und »Unter den Fichten«. Während der Römerzeit spielte die Straße von Wiesbaden durch das Sonnenberger Tal nach der Niedernhausener Senke eine gewisse Rolle. Die Entstehung von Sonnenberg ist eng mit der Burg Sonnenberg verknüpft.
Der eigentliche Ort entwickelte sich aus einer Ansiedlung von Burgmannen, und so ist die Nennung eines von ihnen, des Ulbert von Idstein-Sonnenberg in einer Urkunde von 1208, zugleich die Ersterwähnung von Sonnenberg, das hier »Sunnenburch« und »Sunnenberc« heißt. Die von Sonnenberg kommen bis etwa 1351 vor. Weitere Burgmannen waren die zu Nassau, von Stein, von Gravenrode, von Frauenstein und so weiter. Sie bewohnten Burgmannenhöfe, die ihnen der Landesherr verliehen hatte und die von Lasten und Zinsen befreit waren, und waren im Gegenzug zur Bewachung der Burg verpflichtet. Auch die Grafen zu Nassau selbst besaßen einen Hof in Sonnenberg, und zwar im »Tal«. Die Burg mit der kleinen Burgmannensiedlung diente im 14. Jahrhundert als Residenz und Witwensitz der Gräfinnen Irmgard von Hohenlohe und Anna, Gemahlin Graf Ruprechts zu Nassau.
Auf Betreiben Irmgards von Hohenlohe, der zweiten Frau des Grafen Gerlach zu Nassau, wurden Sonnenberg am 29.07.1351 durch König Karl IV. die Stadtrechte verliehen. 1355 gelang es ihr überdies, aus Sonnenberg sowie Kloppenheim und Auringen eine Herrschaft Sonneberg zu bilden, um ihren von der Nassauer Erbfolge ausgeschlossenen Söhnen ein standesgemäßes Auskommen zu sichern. Das Stadtrechtsprivileg erkannte Sonnenberg das Recht zu, eine Stadtmauer zu errichten, einen Wochenmarkt abzuhalten und die Gerichtsbarkeit auszuüben. Eine Stadtmauer mit sieben Türmen entstand in der Folgezeit, jedoch entfaltete sich sonst in Sonnenberg keine städtische Siedlung. Ein von der Landesherrschaft ernannter Schultheiß stand an der Spitze des Gemeindewesens. Nach dem Tod der Gräfin Irmgard 1404 hörte die Herrschaft Sonnenberg auf zu bestehen.
Bis 1605 war das nunmehrige »Amt« Sonnenberg in gemeinsamem Besitz der Idsteiner und der Walramer Linie der Grafen zu Nassau, die diesen durch jeweils eigene Keller oder Burggrafen verwalten ließen. Nacheinander gehörte Sonnenberg zu Nassau-Weilburg (bis 1629), Nassau-Idstein (bis 1721) und Nassau-Usingen. 1816 wurde es in das Herzogtum Nassau, 1866 in den preußischen Staat eingegliedert. Sonnenberg ließ sich seine städtischen Freiheiten wiederholt verbriefen, so 1684; es wurde jedoch zu dieser Zeit nicht mehr als Stadt, sondern als »Flecken« tituliert. Gegen die Inanspruchnahme für landesherrliche Jagddienste oder für die Bewachung von »Maleficanten« im Wiesbadener Gefängnis legten die Einwohner mit Bezug auf ihr Stadtrecht mehrfach Beschwerde ein.
Die Sonnenberger Gemarkung wurde im Osten von der Rambacher, im Süden von der Bierstadter und im Westen von der Wiesbadener begrenzt; eine Ausdehnung durch Rodung konnte daher nur nach Norden stattfinden. In der Folgezeit kam es häufig zu Auseinandersetzungen mit den Nachbarn, die behaupteten, die Sonnenberger hätten die Grenzsteine zu ihren Ungunsten versetzt. Der herrschaftliche Grundbesitz war seit 1620 an Landwirte oder Hofbeständer verpachtet. Zu ihren Aufgaben gehörte es, die landesherrliche Hofraite gegenüber der Kirche in gutem Zustand zu erhalten. Die Bevölkerung ernährte sich von Landwirtschaft, Schafzucht und Gartenbau; rings um die Burg lagen Kohl- und Krautgärten. 1540 wird eine Gemeindeschäferei erwähnt.
Seit 1344 gehörte Sonnenberg mit Auringen und Kloppenheim zur Märkergenossenschaft der Höhe, entsprechend wichtig war für den Ort die Forstwirtschaft. Seit 1634 waren landesherrliche Forstbeamte wie der Holzmeister Johann Pfeil in Sonnenberg ansässig. Im Sonnenberger Wald wurde im 17. und 18. Jahrhundert Kohlenbrennerei betrieben.
591 zählte Sonnenberg 40 »Hausgesässe«. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es noch zwölf Haushaltsvorstände. Um den entvölkerten Ort wieder zu besiedeln, gewährte Graf Johann zu Nassau-Idstein den Zuzugswilligen auf die Dauer von 15 Jahren Freiheit von den sonst üblichen Lasten. Bis Ende des 17. Jahrhunderts war eine große Zahl von Zuwanderern zu verzeichnen. Um 1700 herrschte in Sonnenberg der Ackerbau vor, den die Bauern als Pächter und nur zum geringeren Teil in Eigenregie betrieben. Daneben gab es Tagelöhner, herrschaftliche Beamte und Gemeindebedienstete. Im 18. Jahrhundert nahm demgegenüber das Handwerk zu. Eine wachsende Zahl von Einwohnern verdiente nun ihren Lebensunterhalt im Bauhandwerk, als Leineweber, Korbmacher oder Schwertfeger. Zudem gab es mehrere Müller, denn Sonnenberg hat eine alte Mühlentradition.
Kirchlich waren die Einwohner des unteren Dorfes nach Wiesbaden, die des oberen Dorfes nach Bierstadt eingepfarrt. Eine 1429 von dem Ritter Werner Hud erbaute Heilige Kreuzkapelle lag außerhalb des Ortes auf der Höhe und spielte im weiteren Verlauf des 15. Jahrhunderts eine Rolle als Wallfahrtskirche. Graf Johann zu Nassau stiftete Ende des 15. Jahrhunderts eine der Heiligen Maria geweihte Kapelle, die 1591 zur Pfarrkirche erhoben wurde. Jedoch war die Ausstattung für den Unterhalt des Pfarrers und der Pfarrgebäude viel zu gering. Das änderte sich erst, seit 1685 Rambach Filiale von Sonnenberg wurde. Die Heiligkreuzkapelle verfiel nach der Reformation und wurde 1730 abgebrochen. Die Schlosskapelle war schon sehr viel länger verwaist. Zur Pfarrkirche und zur Schlosskapelle gehörte je ein Pfarrhaus mit Wirtschaftsgebäuden, die jedoch 1591 nach einem Visitationsprotokoll sämtlich verfallen waren.
1830 erfolgt der Neubau der Pfarrkirche, die 1934 umfassend renoviert wurde. Beim Bombenangriff von 1945 wurde sie zerstört und 1948 wieder aufgebaut. Für den katholischen Gottesdienst kaufte man 1873 ein Haus an, in dem der Pfarrer wohnte und Gottesdienst gehalten wurde. 1890 erfolgte der Neubau der katholischen Kirche, zu der Rambach und Heßloch als Filialen gehörten.
1603 wird erstmals ein Schulmeister erwähnt, der das Amt des Glöckners mitversah. Der Unterricht fand im Haus des Lehrers statt. 1697 stiftete der Kanzleidirektor Graf 1.000 fl. für die Schule und den Schulmeister. Das Schulhaus stand auf demselben Gelände wie die spätere Talschule. Die karge Ausstattung des Amtes verursachte einen häufigen Lehrerwechsel; die Verhältnisse besserten sich erst Ende des 18. Jahrhunderts. 1827 wurde die Talschule eingeweiht, die 1829 von 139 Schülern, 73 Jungen und 66 Mädchen, besucht wurde. 1861 wurde eine zweite Lehrerstelle eingerichtet und der Glöckner- und Küsterdienst von ihr getrennt. Die Schülerzahl verdoppelte sich bis 1875, die Schule wurde durch Aufstockung eines zweiten Geschosses erweitert. Wegen der ständig steigenden Schülerzahlen entstand 1904 die spätere Konrad-Duden-Schule auf dem Burgberg mit acht Klassenräumen. 1861 wurde die Verwaltung von einem Bürgermeister geleitet, dem ein Gemeinderechner zur Seite stand.
Die zwischen 1817 und 1822 abgeschlossene Aufteilung der alten »Waldmark zur Höhe«, die mit der Überführung von 185 ha Wald in Gemeindebesitz verbunden war, machte Sonenberg zu einer wohlhabenden Gemeinde. Der Waldbesitz erstreckte sich jetzt vom Bahnholz über das Tennelbachtal, das Schüsselbachtal bis hin zum Goldsteintal; die Wiesbadener Bevölkerung entdeckte ihn als Ausflugsziel.
1818 zählte man in Sonnenberg 154 Familien mit 636 Einwohnern; 1866 lebten 1.232 Einwohner, davon 1.080 evangelischen, 114 katholischen und 38 jüdischen Glaubens, in Sonnenberg. Etwa ein Viertel der Einwohner betrieb ein Handwerk.
Bis 1866 hatte Sonnenberg zum Amtsbezirk Wiesbaden gehört; 1867 wurde es dem Mainkreis zugeteilt und kam 1885 zum neugebildeten Landkreis Wiesbaden. In diesem Jahr betrug die Einwohnerzahl 2.000. 1901 wurde Sonnenberg an die elektrische Straßenbahn, 1909 an das Kanalnetz angeschlossen. Um 1900 begann die Entwicklung zum bevorzugten Wohnsitz am Rande der Stadt Wiesbaden. Beide Orte waren jetzt durch eine nahtlose Bebauung miteinander verbunden. Am 01.10.1926 wurde Sonnenberg in Wiesbaden eingemeindet.
Im Ersten Weltkrieg waren 115 Tote zu beklagen. Durch einen Bombenangriff am 02. und 03.02.1945 wurden das Rathaus, das Feuerwehrgerätehaus und weitere Häuser zerstört.
Sonnenberg hat ein reges Vereinsleben: Die Turn- und Sportgemeinde Sonnenberg 1861, die aus der Turngemeinde Sonnenberg hervorgegangen ist, ist der älteste und mit rund 1.500 Mitgliedern größte Verein. 1865 folgte der Männergesangverein »Gemüthlichkeit«, heute Männer-Kammerchor Wiesbaden-Sonnenberg, und 1875 der Männergesangverein Concordia 1875 e.V. Auslöser für die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1896 war ein Großbrand in der Talstraße. Das Akkordeon-Orchester wurde 1950 als Harmonika-Orchester gegründet und 1960 umbenannt. Anlass zur Entstehung des Heimatvereines Sonnenberg waren die Vorbereitungen zur 600-Jahrfeier 1951. Es gehört zur Aufgabe des Heimatvereins, das kleine Heimatmuseum im Bergfried zu betreuen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Literatur
Czysz, Sonnenberg; Festschrift 875 Jahre Sonnenberg 1126–2001.
Organisationsausschuss (Hrsg.), Wiesbaden-Sonnenberg 2001.