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Trinkwasserstollen

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Mit Einrichtung der zentralen Wasserversorgung 1870 stellte sich schnell heraus, dass die bisherigen Trinkwassergewinnungsanlagen wie z. B. die 1864–68 entstandene Flachstollenanlage mit Sickergalerie Pfaffenborn nicht mehr ausreichten. Auch eine Ergänzung durch die 1.530 m lange Sickergalerie Adamstal verbesserte die Lage nicht wesentlich. Ein 1875 erstelltes Gutachten des Landesgeologen Karl Koch schlug vor, den Kluftgrundwasserleiter des Taunusquarzits, der in zwei Zügen den Taunushauptkamm aufbaut, durch Tiefstollen anzufahren und das zu erwartende Grundwasser für die Stadt nutzbar zu machen. Die Voraussagen Kochs trafen voll zu.

In den folgenden 25 Jahren wurden vier Tiefstollen angelegt. Der erste war der 1875–88 entstandene 2.909 m lange Münzbergstollen, der schließlich 2.900 m³/Tag (33,5 l/Sek.) ausgezeichnetes Trinkwasser erschloss. Es folgte 1896–1900 der Schläferskopfstollen (verlängert 1908 auf 2.792 m). Seine Leistung erreichte 2.100 m³/Tag (24,3 l/Sek.). 1899–1906 entstand mit 4.251 m Länge der längste Stollen, der Kellerskopfstollen. Er erschloss 3.300 m³/Tag (38,2 l/Sek.) Kluftgrundwasser. Schließlich wurde 1901–07 noch der nur 1.430 m lange Kreuzstollen am Südhang der Hohen Wurzel aufgefahren. Er musste aus Rücksicht auf die Schlangenbader Thermen vorzeitig abgebrochen werden und erbrachte daher nur 830 m³/ Tag (9,6 l/Sek.).

Die Stollen setzen durchweg in den kaum Grundwaser führenden »Bunten Schiefern« an und erreichen nach längerer Strecke unterirdisch den Grundwasser führenden Taunusquarzit. Es bot sich an, in den »Bunten Schiefern« Stautüren einzubauen, so dass das Grundwasser aus dem Taunusquarzit entsprechend genutzt werden kann. Die Gesamtlänge der Wiesbadener Tiefstollen beträgt 11.442 m. Die Leistung aller vier Stollen beträgt mehr als 100 l/Sek. Das Wasser ist sehr weich und wird vor Einspeisung in das Netz entsäuert.

Literatur

Kopp, Klaus: Wasser von Taunus, Rhein und Ried. Aus zwei Jahrtausenden Wiesbadener Wasserversorgung. Hrsg.: Stadtwerke Wiesbaden AG, Wiesbaden 1986.

Michels, Franz: Trinkwassergewinnung (insbesondere durch Stollen) im südöstlichen Rheinischen Schiefergebirge (Taunus). In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, 85, Berlin 1934 [S. 530 ff.].

Stengel-Rutkowski, Witigo: Von Bächen, Quellen, Thermen und Stollen. In: Streifzüge durch die Natur [S. 59–70].