Stückrath, Otto
Stückrath, Otto
Pädagoge, Volkskundler
geboren: 17.12.1885 in Hahnstätten
gestorben: 13.01.1968 in Neckargemünd
Artikel
Stückrath besuchte das Lehrerseminar in Dillenburg und kam 1910 nach Biebrich an die Freiherr-vom-Stein-Schule. Dort förderte er besonders begabte, aber auch lernschwache Schüler durch Nachhilfeunterricht und unterrichtete abends und an Sonntagen in der gewerblichen Fortbildungsschule. Seit 1912 war er mit Olga Stückrath-Stawitz verheiratet.
1915–17 war er Sanitätssoldat im Mainzer Seuchenlazarett. Als entschiedener Kriegsgegner engagierte er sich in der SPD und war 1919–21 Mitglied der Biebricher Stadtverordnetenversammlung. Aus sozialem Engagement wurde Stückrath Mitbegründer der Kriegerheimstättensiedlung »Im Rosenfeld«. Dort fand er mit seiner Familie ein Zuhause.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde ihm 1933 die Lehrbefugnis für Geschichte entzogen. 1938 wurde er in »Schutzhaft« genommen, seine wissenschaftlichen Unterlagen beschlagnahmt und zum Teil vernichtet. 1941 erfolgte die endgültige Entlassung aus dem Schuldienst. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 kam er im Rahmen der »Aktion Gitter« in das KZ Dachau, wo er von amerikanischen Truppen befreit wurde. Stückrath beteiligte sich am demokratischen Wiederaufbau und nahm seine Lehrtätigkeit an seiner alten Schule wieder auf; im Juni 1946 wurde er ihr Rektor. Aus gesundheitlichen Gründen ließ er sich jedoch bereits 1947 pensionieren.
Besondere Verdienste erwarb sich Stückrath auf dem Gebiet der Volkskunde Nassaus. Hier galt sein Interesse vor allem Sitten und Bräuchen, Sagen und Märchen sowie Liedern. Sein Hauptwerk »Nassauisches Kinderleben in Sitte und Brauch, Kinderlied und Kinderspiel« erschien zwischen 1931 und 1938. Daneben befasste er sich mit Themen aus der nassauischen Geschichte. Die Hessische Landesbibliothek bewahrt seinen wissenschaftlichen Nachlass.
1953 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz und 1960 mit der Goethe-Plakette geehrt, 1961 verlieh ihm die Justus-Liebig-Universität Gießen die Ehrendoktorwürde. 1965 erhielt er die Silberne Plakette der Landeshauptstadt Wiesbaden. Die Schule im Biebricher Parkfeld trägt seinen Namen.
Das Ehepaar fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Biebrich.
Literatur
Hildebrand, Alexander: Vom Singen und Sagen der Kinder. Der Volkskundler und Pädagoge Dr. h.c. Otto Stückrath. In: Wiesbadener Leben 1993/2 [S. 8 f.].