Mutzenbecher, Kurt von
Mutzenbecher, Kurt von
Intendant
geboren: 18.11.1866 in Hamburg
gestorben: 07.10.1938 in Berlin
Artikel
Mutzenbecher, der einer vermögenden Hamburger Kaufmannsfamilie entstammte, studierte an der Ritterakademie in Brandenburg (Havel), in Bonn und Berlin Jura, wechselte dann in die militärische Laufbahn. 1888 wurde er in Bonn Offizier, 1891–93 war er an der deutschen Botschaft in den USA tätig. 1896 promovierte er in Erlangen, war danach Referendar in Spandau und Gerichtsassessor in Berlin. Er wurde Mitglied des Richard-Wagner-Vereins und der Genossenschaft PAN, die 1895–1900 in Berlin die Kunst- und Literaturzeitschrift PAN herausgab. Dadurch entstanden freundschaftliche Beziehungen zu dem Kunstmäzen Harry Graf Kessler, dem Kunsthistoriker Eberhard von Bodenhausen und dem belgischen Architekten Henry van de Velde. 1902/03 volontierte Mutzenbecher bei der Generalintendanz der Königlichen Schauspiele in Berlin.
Als Georg von Hülsen 1903 Generalintendant in Berlin wurde, berief er Mutzenbecher zu seinem Stellvertreter als Leiter des Königlichen Hoftheaters in Wiesbaden. Er stand modernen Strömungen weit aufgeschlossener gegenüber als Hülsen, konnte seine Vorschläge jedoch nicht für die Maifestspiele durchsetzen. Im Schauspiel berücksichtigte er zeitgenössische Autoren wie Ibsen, Hauptmann, Hofmannsthal und Shaw, in der Oper wurden Puccini und Richard Strauss im Wiesbadener Spielplan etabliert. Er führte nachmittägliche Volks- und Schülervorstellungen ein, dazu ab 1907 eine »Volkstümliche Woche« zum Spielzeitende, die auch weniger zahlungskräftigen Bevölkerungsschichten den Theaterbesuch ermöglichen sollte.
Mutzenbecher war Sammler französischer Malerei von Seurat und Signac bis Gauguin und Matisse. Seine Wohnung in der Augustastraße ließ er sich von van de Velde einrichten, das Musikzimmer entstand in Zusammenarbeit von van de Velde, dem Maler Maurice Denis und dem Bildhauer Aristide Maillol. Es wurde 1906 auf der Kunstgewerbeausstellung in Dresden gezeigt und brachte Mutzenbecher heftige nationalistische Kritik ein. 1906 wurde er Vorstandsmitglied der »Wiesbadener Gesellschaft für Bildende Kunst«.
1918 trat Mutzenbecher von seinem Intendantenamt zurück. Seine Kunstwerke verkaufte er, teilweise an Otto Henkell, die meisten gelten heute als verschollen. 1921 verlegte er seinen Wohnsitz nach Berlin.
Literatur
Schäfer, Carina: Theaterintendant mit Faible für französische Kunst. Die Sammlung Kurt von Mutzenbecher in Wiesbaden. In: Billeter, Felix; Pophanken, Andrea (Hrsg.): Die Moderne und ihre Sammler. Französische Kunst in deutschem Privatbesitz vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Berlin 2001 [S. 95–124].
Vollmer, Eva Christina: Eine Epoche geht zu Ende 1903–1918. In: Hildebrand, Alexander/Vollmer, Eva Christina/Roland, Karl Heinz: Hessisches Staatstheater in Wiesbaden – Theater in Wiesbaden 1765–1978, Wiesbaden 1978 [S. 79–84].