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Henkell, Otto Heinrich Adolf

Henkell, Otto Heinrich Adolf

Sektfabrikant, Geschäftsführer, Mitinhaber der Sektkellerei Henkell & Co.

geboren: 20.05.1869 in Mainz

gestorben: 16.07.1929 in Schwarzach bei Salzburg (Österreich)


Artikel

Henkell, Enkel von Adam Henkell, dem Gründer der Sektkellerei Henkell & Co., besuchte bis 1885 das humanistische Großherzogliche Gymnasium in Mainz. Anschließend war er bis 1887 Schüler der Handelshochschule in Antwerpen und absolvierte Lehrjahre in England und in den Vereinigten Staaten. Er war zwei Jahre Mitarbeiter in der Londoner Handelsvertretung und hielt sich neun Monate bei der New Yorker Henkell-Niederlassung auf. Nach seiner Rückkehr im Mai 1891 erteilte ihm sein Vater Rudolph Henkell Prokura und bestellte ihn im Februar des folgenden Jahres zum Teilhaber.

Bereits während seines Amerika-Aufenthaltes hatte Henkell die Marktvorteile von Markenartikeln kennen gelernt, vor allem die der damals bereits in den USA gut eingeführten Champagnermarken. Die Verquickung von Markenartikel und Werbung sollte Henkells Erfolgskonzept werden: 1893 stellte er in Mainz die Weichen zur Einführung eines Markensektes. Die »Cuvée« war aus 1892er-Weinen komponiert, 20.000 Flaschen waren davon abgefüllt und als Markenbezeichnung war »Henkell Sect Trocken« eingetragen worden. 1894 startete Henkell die erste Werbekampagne für die neue Sektmarke, die schließlich als »Henkell Trocken« ein ungeahntes Wachstum erleben sollte: 1905 wurden bereits vier Millionen Flaschen abgefüllt. Ganzseitige künstlerische Werbung in Wochenzeitschriften sowie »aktuelle Informationen« in großen Tageszeitungen warben für die neue Marke. Henkell unterstrich die Modernität seiner jungen Sektmarke, indem er sie mit den technischen Errungenschaften der Zeit – Automobil, Luftfahrt, Überseeschiffe – in Verbindung brachte und selbst den Flugzeugbau aktiv unterstützte. Henkell betrieb die Henkell’sche Sektproduktion erstmals in großem Umfang und brachte sie bis zur Spitzenstellung in der deutschen Sektindustrie (1910).

1907–09 ließ Henkell vom Stuttgarter Architekten Paul Bonatz in »Biebrich-Wiesbaden« eine repräsentative Kellerei erbauen. Das neue schlossartige Domizil sollte damals nicht nur dem Vergleich mit dem Wiesbadener Kurhaus standhalten, sondern auch dem mit den Chateaus der Champagner-Konkurrenz in Frankreich. Henkell, der bereits 1906/7 seinen Wohnsitz nach Wiesbaden verlegt hatte, ließ 1912/13 auch in Reims eine Grundwein- und Cuvée-Kellerei erbauen, die nach Ende des Ersten Weltkrieges enteignet wurde. Architekt dieser Kellerei war ebenfalls Bonatz.

Henkell verstand sich selbst als Vertreter der »Aufbaugeneration«, der den Wirtschaftsboom der Kaiserzeit zu nutzen wusste. Seit 1900 war er Hauptentscheidungsträger in der Kellerei. Er leitete das Unternehmen patriarchalisch, sowohl zu Lebzeiten seines Vaters, der 1912 starb, als auch seit der Teilhaberschaft seines Bruders Karl Henkell 1911. Er führte die Firma durch alle Krisen wie den Ersten Weltkrieg und die Währungsreform.

Henkell und seine Ehefrau Katharina, genannt Käthe wirkten darüber hinaus, zunächst bedingt durch die verschiedenen Bau- und Werbeaufträge, als Kunstmäzene. Davon zeugen auch die Freundschaften z. B. mit Paul Bonatz und Olaf Gulbransson, dem Städel-Direktor Georg Swarzenski und später auch mit dem Kreis um Hanna Bekker vom Rath.

Literatur

Claus, Paul [u.a.]: Persönlichkeiten der Weinkultur. Kurz-Biographien aus 16 Jahrhunderten, Hrsg.: Gesellschaft für die Geschichte des Weines, 2. erw. Aufl., Wiesbaden 2002 (Schriften zur Weingeschichte 140) [S. 71].