Metallbau
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In Wiesbaden und den Vororten rangierte nach den Chemieunternehmen am Rhein um 1900 die Maschinen- und Metallindustrie mit der Maschinenfabrik Wiesbaden GmbH, der Gesellschaft für Lindes Eismaschinen A.-G., der elektrotechnischen Fabrik Carl Theodor Wagner, den Unternehmen von Ernst Ludwig Beck in Biebrich und der Firma Holz- und Blechbearbeitungs-Industrie Carl Bender I. in Dotzheim an zweiter Stelle. Derzeit sind 65 Metallbaubetriebe bei der Handwerkskammer Wiesbaden registriert. Das Berufsbild des Metallbauers wurde 1989 durch die Zusammenlegung der bis dahin selbstständigen Handwerkszweige Schlosser und Schmied geschaffen. Neben diesen klassischen Berufszweigen zählen heute auch Schlüsseldienste und Aufzugsmonteure zum Metallbau.
Das Wiesbadener Adressbuch von 1876 kennt 18 Schmiede und 67 Schlosser, von denen sich zwei mit dem Titel eines Hofschlossers schmücken konnten. Ein hohes Alter weist die Schlosserei Lind in Igstadt auf, deren Anfänge bis 1662 zurückreichen. Heute verarbeiten die Brüder Klaus und Günter Lind hauptsächlich Stahl, Edelstahl und Aluminium für Einzelstücke wie Tore, Zäune, Gitter, Treppen oder Geländer sowie für Einbruchsicherungen. Auch das Metallbau-Unternehmen Happ blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück. 1894 in der Sedanstraße im Westend gegründet, befindet sich das Unternehmen heute in der Dotzheimer Schönbergstraße und ist über die Stadtgrenzen hinaus für Konstruktionen aus Glas und Edelstahl bekannt. Ähnlich verlief die Entwicklung der Firma Becht, die 1896 von Schlossermeister Berg in der Schulgasse gegründet wurde. Heute befindet sich der Betrieb in Naurod. Auch die Firma Heimann blickt auf eine über 100-jährige Tradition im Metallhandwerk zurück. Das Unternehmen ist als Familienbetrieb in vierter Generation mit Konstruktionen aus Stahl und Edelstahl sehr erfolgreich. Schwerpunkt der 1929 gegründeten Schlosserei von Philipp Ebel war seit den 1970er-Jahren die Blechbearbeitung, bevor in den letzten Jahrzehnten die CNC- und Präzisionswerkzeuge in den Vordergrund rückten. Auch wenn der hoch spezialisierte Metallbaubetrieb Philipp Ebel & Sohn 2014 seinen Firmensitz nach Taunusstein verlagerte, bleibt das Unternehmen eng mit der Geschichte des Wiesbadener Metallbaus verbunden.
Während die bisher genannten Familienbetriebe bis heute über kaum mehr als zehn Mitarbeiter verfügen, hat sich mit dem Biebricher Unternehmen Huhle Stahl- und Metallbau ein Konzern mit über 100 Mitarbeitern entwickelt. Gegründet wurde die Firma 1910 von Emil Huhle als Bau- und Gasschlosserei in Dresden. Während man sich nach dem Zweiten Weltkrieg noch in kleinem Rahmen auf die Produktion von Etikettiermaschinen konzentrierte, begann mit der Neugründung 1962 in Wiesbaden ein neues Kapitel der Firmengeschichte. In den 1970er-Jahren bezog das Unternehmen größere Räumlichkeiten in der Hagenauer Straße 25. 1990 wurde ein Tochterunternehmen in Großröhrsdorf gegründet. Am Stammsitz in Wiesbaden errichtete man in der Folgezeit Produktionshallen für Blech- und Edelstahlbearbeitung. Mit der Jahrtausendwende begann die Spezialisierung auf Präzisionsmaschinen und Spezialwerkzeug für diverse Stahlkonstruktionen. Unter anderem wirkte das Unternehmen mit einer Tochterfirma am Aufbau des Funknetzes im Saarland mit und erhielt 2012 den Metallbaupreis des Bundesverbands für die Errichtung des Busterminals auf der Theodor-Heuss-Brücke. Den Strom für seine Anlagen produziert Huhle seit 2007 mit der größten Solaranlage der Stadt selbst.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Wiesbaden mehrere Kunstschmieden gegründet. Dass sich diese Handwerksbetriebe ebenso wie das Schmiedehandwerk und später der Metallbau in Wiesbaden etabliert haben, belegen einige zum Teil über 100-jährige Firmengeschichten. Dazu gehört z. B. die Kunstschmiede Kranz, die am 26.01.1824 als »Zeugschmiede« in der Marktstraße eröffnete und in der fünften Generation in das Gebäude Ellenbogengasse 7 übersiedelte. Mit dessen Abriss in den 1960er-Jahren endete diese Firmengeschichte.
Positiver verlief die Entwicklung der 1866 als Kunstschmiede und Schlosserei im Westend gegründeten Metallbaufirma Philippi. In den Anfangsjahren fertigte der Betrieb hauptsächlich Pumpen für das im Bau befindliche städtische Wasserleitungssystem. Nach dessen Fertigstellung konzentrierte man sich auf künstlerisch gestaltete Geländer, Gitter und Tore, die vornehmlich in und an den neuen Gebäuden des Historismus Verwendung fanden. Im 20. Jahrhundert war das Familienunternehmen zunehmend als Bauschlosserei und Stahlbauunternehmen gefragt. Unter anderem sorgte die Fassade am Parkhaus des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden für bundesweite Beachtung. Im neuen Jahrtausend expandierte das Unternehmen und bezog 2006 eine neue Werkstatthalle in Bierstadt.
Literatur
Meister, Karl Wilhelm von (Hrsg.): Der Regierungsbezirk Wiesbaden. In: Historisch-biographische Blätter. Industrie, Handel und Gewerbe. Berlin, o. J.
Spiegel, Margit: Wiesbadener Firmenbriefköpfe aus der Kaiserzeit 1871–1914. Fabrik- und Hotelansichten auf Geschäftsschreiben und Rechnungen. 50 Beispiele mit Firmenkurzporträts, Bd. 1, Wiesbaden 2003.
Spiegel, Margit: Wiesbadener Firmenbriefköpfe. Gebäudeansichten auf Geschäftsschreiben und Rechnungen. 50 weitere Kurzporträts von Unternehmen und Hotels, Bd. 2, Wiesbaden 2011.