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Kirchenmusik

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Die Kirchenmusik geht über das reine Orgelspiel in Gottesdiensten hinaus und umfasst auch kirchliche Chöre und Instrumentalensembles sowie die Kirchenglocken. Neben den Katholiken (Bistum Limburg) und den Protestanten (Evangelische Kirche von Hessen-Nassau, EKHN) gibt es in Wiesbaden zahlreiche freie Kirchengemeinden, die zum Teil über eine ambitionierte Kirchenmusik und gute Orgeln verfügen.

Der erste hauptamtliche Kirchenmusiker in Wiesbaden (und in ganz Nassau) war Adolf Wald (1837– 1905), der 1867 als Organist an die Marktkirche berufen wurde und 1878 einen Evangelischen Kirchengesangverein gründete. Wald führte auch Kirchenkonzerte mit abwechslungsreichen Programmen ein; sie erfreuten sich überregional großer Beliebtheit. Seinem Nachfolger Friedrich Petersen (1881–1933) oblag zugleich das Orgelspiel an der neuen großen Sauer-Orgel im Kurhaus.

Viele Gemeinden verfügen heute über gut ausgebildete Organisten: Neben den hauptamtlich beschäftigten Kirchenmusikern gibt es zahlreiche nebenamtliche Organisten mit einer Hochschulausbildung, darunter auch Schulmusiker mit Hauptfach Orgel. An der Wiesbadener Musikakademie wird eine künstlerische Ausbildung im Fach Orgel angeboten, deren Absolventen zum Teil an Wiesbadener Kirchen amtieren. Die große Zahl hauptamtlicher Kirchenmusiker ist in der Region einzigartig: die evangelische Kirche beschäftigt vier A-Kantoren (Markt-, Luther-, Berg- und Christophoruskirche, letztere zugleich Dekanats- bzw. Propsteikantoren) sowie vier B-Kantoren (Kreuz-, Matthäus- und Ringkirche, daneben Bierstadt mit dem zweiten Dekanatskantor), die katholischen A-Stellen sind an St. Bonifatius und St. Elisabeth beheimatet.

Auch in Vororten findet anspruchsvolle Chorarbeit statt. Die größten und bekanntesten Kirchenchöre sind der Bachchor der Lutherkirche, der Chor der Bergkirche (seit 1948), der Chor von St. Bonifatius (seit 1862) und die Schiersteiner Kantorei (seit 1962). In der Marktkirche finden alljährliche Aufführungen eines stadtweiten Projektchores mit Orchester und Solisten statt. Ebenfalls projektbezogen probt der Reger-Chor, der in St. Bonifatius Konzerte gestaltet und sich besonders eher selten zu hörender Stücke annimmt. 1960 wurde der Wiesbadener Knabenchor gegründet, der von der Evangelischen Gesamtgemeinde getragen wird.

Die meisten Kirchengemeinden verfügen über einen gemischten Kirchenchor. Oft bestehen diese Chöre schon recht lange (z. B. Gründung des Frauensteiner katholischen Kirchenchores: 1858), haben aber heute mit Nachwuchsmangel und Überalterung zu kämpfen. In manchen Gemeinden ändert sich die stilistische Ausrichtung des Chores weg vom klassischen Repertoire hin zu Gospel/Spiritual und sakraler Popmusik, so z. B. in dem Chor »Gospical« der Lukasgemeinde. Daneben gibt es auch Gospelchöre, die nicht an eine Kirchengemeinde gebunden sind, sondern sich eher als Konzertchor verstehen. Zu erwähnen ist auch der Ökumenische Kirchenchor in Klarenthal. Die Zahl derjenigen Männerchöre, die sich in der katholischen Liturgie um den lateinischen Gregorianischen Gesang kümmern (Choralschola), geht seit der Liturgiereform stetig zurück; derzeit gibt es noch drei davon.

Die Zusammenarbeit der Kirchenmusiker der christlichen Konfessionen wird bei der stadtweiten Veranstaltung »Stadtklänge« deutlich, die einen ganzen Tag lang in vielen Kirchen und an anderen Orten in der Stadt verschiedene Ensembles, Musikstile und Darstellungsformen vorstellt. Auch bei der jährlich abgehaltenen »Nacht der Kirchen« spielt die Kirchenmusik eine große Rolle.

Nicht immer muss die Kirche der Aufführungsort von kirchlicher Musik sein, denn auch im Kurhaus und im Biebricher Schloss finden Konzerte mit Oratorien, Mess- und Requiem-Vertonungen statt; der 1836 gegründete Chor der Stadt Wiesbaden (bis 1938 »Cäcilienverein«) hat viele solche Werke in seinem Repertoire.

Anders als z. B. in Frankfurt sind in Wiesbaden die Glocken der verschiedenen Kirchen nicht klanglich aufeinander abgestimmt, was bei gleichzeitigem Läuten zu unschönen Effekten führen kann. Das größte Geläut besitzt die Kirche St. Bonifatius, doch in der Marktkirche gibt es im mittleren Turm zusätzlich ein Carillon, eines der wenigen Glockenspiele, die von Hand über eine Spielanlage in 65 m Höhe im Turm angespielt werden können. Insgesamt verfügt das Carillon über 49 Glocken, dabei wurden auch vier der schon vorhandenen fünf großen Läuteglocken integriert. Der tiefste Ton (c1) mit einem Gewicht von 2,2 t ist aber dem Carillon vorbehalten. Die wohl älteste Glocke Wiesbadens (um 1430, Inschrift: »Meyster Johann von Mence der gos mec«) hängt in der Schiersteiner Christophoruskirche.

Orgel in der Ringkirche, ca. 1895 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F000-6047, Urheber: unbekannt
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