Sprungmarken

Henkell & Co., Sektkellerei

Artikel

Adam Henkell (1801–1866) begann 1856 in Mainz mit der Herstellung von Sekt. 1832 hatte er mit einem Kompagnon die Weinexport-Firma Henkell & Cie gegründet. Der Siegeszug der Sektmarke Henkell Trocken ließ es der Firma im Mainzer Stammsitz zu eng werden. 1894 war sie kreiert, 1898 als Warenzeichen gesichert und um die Jahrhundertwende schon so erfolgreich verkauft worden, dass die 50 kleinen Kellereien in Mainz dringend nach einer großzügigeren Lösung verlangten. 1906 wurden schon drei Millionen Flaschen produziert. Otto Heinrich Adolf Henkell, der Enkel des Firmengründers Adam Henkell, ließ im damals noch selbstständigen Biebrich an der Biebricher Allee die neue Produktionsstätte nach Plänen des Architekten Paul Bonatz errichten. Eingeweiht wurde das Gebäude am 27.11.1909, eine der modernsten Sektkellereien Europas.

Die Großzügigkeit des Bauherrn und seines Architekten spiegelt sich in der Architektur des neoklassizistischen Gebäudes, das Elemente der griechischen und römischen Antike sowie des Barock und Klassizismus vereint. Schließlich verbindet der dreiflügelige Bau mit seinen Anleihen aus barocker Schlossarchitektur sowohl die Bedürfnisse der standesgemäßen Repräsentation wie der modernen Industrieproduktion. Seit Errichtung des Gebäudes hat man die Technik immer wieder erneuert. Die Methode des Degorgierens, des manuellen Enthefens der Flaschen, erfolgt längst durch Gären in durchklimatisierten Edelstahlfässern. Durch die historisierende Fassade des Bonatz-Baus bekam das neue Modegetränk Sekt von Anfang an auch einen Nimbus von Tradition. Die Ausmalung des streng klassizistischen Marmorsaals im Stil des Rokoko fand erst Ende der 1920er-Jahre statt.

Otto Heinrich Adolf Henkell setzte von Anfang an auf konsequente Werbung für das Markenprodukt. 1904 betrug das »Reklamebudget« für Henkell Trocken 100.000 Mark. Die besten Zeichner seiner Epoche hat Henkell engagiert, unter anderem Thomas Theodor Heine und Olaf Gulbransson, die für ihre scharfsinnigen politischen Karikaturen bekannt waren. Die witzigen Motive erschienen im »Simplicissimus« und in der »Jugend«.

Seit 1911 war Karl Henkell neben seinem Bruder Otto Gesellschafter der Firma. Von 1935 an stellte Henkell & Co. auch kleine Flaschen unter der Bezeichnung »Pikkolo« her. Sie wurde zum Synonym für Sekt in Viertelflaschen. Heute wird Henkell Trocken in über 70 Länder der Welt exportiert.

1948 übernahm Otto Hubertus Henkell, Sohn von Karl Henkel, die Führung der Firma. Die Sektkellerei Henkell & Co., die 1987 mit der Schiersteiner Söhnlein Rheingold AG fusionierte, entwickelte sich zuletzt zu einem mitteleuropäischen Anbieter von Sekt, Wein und Spirituosen. Nach der Fusion wurde die Firma als Henkell & Söhnlein Sektkellereien KG und seit 2009 als Henkell & Co., Sektkellerei KG weitergeführt.

In zehn Ländern, von Frankreich bis zur Ukraine, ist die Henkell-Gruppe präsent. 1960 stieg man in das Geschäft mit Wodka Gorbatschow ein, 1975 übernahm Henkell & Co. die Sektkellerei Carstens KG in Neustadt an der Weinstraße. 1987 wurde die Hungarovian AG, der ungarische Marktführer für Sekt, eingegliedert, 1995 die Kurpfalz Sektkellerei AG in Speyer. 1996 wurde Henkell & Söhnlein Polska in Warschau gegründet. 1997 übernahm Henkell & Söhnlein die Deinhard AG in Koblenz, 1999 die qualifizierte Aktienmehrheit an der Bohemia Sekt in Tschechien. Weitere Firmen wie die Sektmanufaktur Menger-Krug in Deidesheim und die Marken Kupferberg Gold und Scharlachberg Meisterbrand wurden in den folgenden Jahren übernommen, ebenso eine Getränkegruppe in Rumänien.

Seit 1992 ist Hans-Henning Wiegmann Sprecher der Geschäftsführung der Henkell & Co. Sektkellerei. 2015 betrug der Jahresumsatz der Henkell-Gruppe 689,1 Millionen €.

Literatur

Henkell & Co, Sektkellerei KG. Eine Unternehmensgruppe stellt sich vor, Wiesbaden 2011.

Sektkellerei Henkell in Biebrich, 1985 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F000-8531, Urheber: Joachim B. Weber
2 / 2