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Glässing, Karl

Glässing, Karl

Jurist

geboren: 06.11.1866 in Darmstadt

gestorben: 22.01.1952 in Darmstadt


Artikel

Nach seinem Abitur 1887 studierte Glässing bis 1894 Jura und Politische Wissenschaften in München und Gießen. Anschließend war er im hessischen Staatsdienst tätig, unter anderem als Geheimer Oberfinanzrat im Großherzoglich-Hessischen Finanzministerium in Darmstadt.

1909 wurde er Bürgermeister in Wiesbaden. 1913–19 war der parteilose Jurist Glässing Oberbürgermeister von Wiesbaden als Nachfolger von Karl Bernhard von Ibell. Bald nach seinem Amtsantritt begann der Erste Weltkrieg, an dessen Beginn alle ausländischen Kurgäste aus Wiesbaden ausgewiesen wurden. Glässing musste sowohl diesen dramatischen wirtschaftlichen Rückschlag als auch die Umwandlung Wiesbadens in eine Lazarettstadt organisieren. Am 04.12.1918 empfing er die heimkehrenden Frontsoldaten, am 13.12., zwei Tage nach dem Waffenstillstand von Compiègne, die in die Stadt einrückenden französischen Besatzungstruppen.

In dieser für Wiesbaden schwierigen Situation behielt Glässing den Überblick und fand sowohl gegenüber den heimkehrenden deutschen Soldaten als auch gegenüber den Franzosen die passenden Worte. Bald aber geriet er selbst in Konfrontation mit den Besatzern. 1919 weigerte er sich, mit den französischen Militärs eine Parade auf dem Schlossplatz abzunehmen. Auch einer späteren »Friedensvertragsfeier« und einer Parade zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli blieb der Magistrat fern, was ihm die Franzosen übelnahmen. Ferner musste er sich im Juni 1919 mit den Separatisten auseinandersetzen, die eine »Rheinische Republik« ausriefen und diese vom Deutschen Reich abtrennen wollten. Marschall Ferdinand Foch, Chef der Interalliierten Rheinlandarmee, ließ Glässing am 05.11.1919 ausweisen mit der fadenscheinigen Begründung, dass er die Verwaltung schlecht geführt und die Franzosen zu spät über Kohlenmangel informiert habe. Der einstimmige Protest der Stadtverordnetenversammlung dagegen war vergeblich. 1922 verlieh sie Glässing die Ehrenbürgerwürde.

Er kehrte nach Darmstadt zurück, wo sein Bruder Wilhelm Oberbürgermeister war, und wurde Finanzpräsident. Nach seiner Pensionierung 1933 siedelte er wieder nach Wiesbaden über.

Begraben ist Glässing in Darmstadt. Die Verbindungsstraße zwischen Wilhelmstraße und dem Dern’schen Gelände ist nach ihm benannt.

Literatur

Müller-Werth, Herbert: Geschichte und Kommunalpolitik der Stadt Wiesbaden unter besonderer Berücksichtigung der letzten 150 Jahre, Wiesbaden 1963.

Munz, Marius: »Wiesbaden est boche, et le restera.« Die alliierte Besetzung nach dem Ersten Weltkrieg 1918–1930, Wiesbaden 2012 [90 ff.].

Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten, 2. Aufl., Wiesbaden 1992 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 39) [S. 232].