Sprungmarken

Chemisches Laboratorium Fresenius

Artikel

Carl Remigius Fresenius eröffnete 1848 in einem Haus in der Steinhohl Nr. 11 (spätere Kapellenstraße) ein Privatlaboratorium mit fünf Schülern und einem Assistenten, Dr. Emil Erlenmeyer (1825–1909). Das Laboratorium expandierte rasch und wurde bald durch den Kauf des Hauses Kapellenstraße 13 erweitert. Zunehmend frequentiert von Industrie-, Bergbau- und Handeltreibenden, stieg auch die Bedeutung der Anstalt für die nassauischen Behörden ständig an. So wurde Fresenius z. B. vom Finanzkollegium in Fragen zur Fassung, Füllung und Versendung von Mineralwasser, zur Benutzung von Bergwerksprodukten und Prüfung des Traubenmostes hinzugezogen. Auch das Kriminalgericht bediente sich in allen vor Gericht verhandelten Fällen, die chemische Fachfragen berührten, seiner Hilfe. Hinzu kamen Anfragen der Verwaltungsämter, der Gemeindebehörden und des naturhistorischen Vereins, des Gewerbevereins, des Vereins Nassauischer Land- und Forstwirte sowie des Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Das Labor wurde auch genutzt, um die Beiträge zu überprüfen, die in Fresenius’ neu gegründeter Zeitschrift für analytische Chemie publiziert werden sollten. Weitere Betätigungsfelder eröffneten sich in den 1860er-Jahren durch die enge Zusammenarbeit mit der neu errichteten önologischen Versuchsstation sowie die Erweiterung um eine hygienisch-bakteriologische Abteilung 1884. Fresenius hatte die Führung rechtzeitig auf seine beiden Söhne Remigius Heinrich Fresenius und Theodor Wilhelm Fresenius und seinen Schwiegersohn Ernst Hintz verteilt. So konnte das Unternehmen auch nach seinem Tod eine stetige Aufwärtsentwicklung verzeichnen.

Erst die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges und seine Folgen sorgten für das Ende der positiven Entwicklung und verschlechterten die wirtschaftliche Situation. Anfang des neuen Jahrhunderts waren die Enkel des Firmengründers, Remigius und Ludwig Fresenius, in den Laborbetrieb eingetreten und übernahmen 1920 die Leitung. In der NS-Zeit konnte das Ausbleiben ausländischer Geschäftspartner noch auf nationaler Ebene ausgeglichen werden. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges trafen das Unternehmen jedoch wiederum empfindlich. Bei einem Bombenangriff 1945 wurden Teile der Laborgebäude zerstört, und die Zeit des Neubeginns forderte von den Mitarbeitern des Chemischen Laboratoriums viel Improvisationstalent. Die ersten Aufträge nach Kriegsende erhielt das Laboratorium von der amerikanischen Besatzungsarmee. Man übertrug ihm auch die Trinkwasserüberwachung in Wiesbaden, da die staatlichen Überwachungsämter zerstört waren. Nach und nach kamen Aufträge von Behörden und Lebensmittelherstellern hinzu. Fresenius avancierte zum wichtigen Beratungspartner der deutschen Getränkeindustrieverbände und die auf dem Etikett gedruckte Fresenius- Analyse entwickelte sich zum Gütesiegel vieler Mineralwässer. Nun waren bereits die Urenkel Remigius (*1931) und Wilhelm Friedrich Nils Remigius Fresenius in das Unternehmen eingetreten und das Untersuchungslaboratorium entwickelte sich rasant. 1962 wurde die Unterrichtsabteilung vom Untersuchungslaboratorium getrennt und als »Gemeinnützige Chemieschule Fresenius GmbH« weitergeführt.

1972 übernahm mit Ludwig Fresenius (*1943) die fünfte Generation die Geschäftsführung und führte massive Änderungen im Unternehmen herbei: Die Untersuchungsabteilung des Chemischen Laboratoriums Fresenius wurde in das »Institut Fresenius Chemische und Biologische Laboratorien GmbH« umgewandelt, 1975 zog das Institut nach Taunusstein-Neuhof um. Das Institut Fresenius orientierte sich seit den 1980er-Jahren neben den klassischen Arbeitsgebieten u. a. auf Ingenieurdienstleistungen im Umweltschutz sowie Consulting in angrenzenden Sektoren wie Altlastsanierung, Produktentwicklung, Identitäts-, Reinheits- und Zulassungsprüfungen sowie Arzneimitteluntersuchungen. Fresenius entwickelte sich zum deutschen Marktführer auf dem Gebiet der Qualitäts- und Umweltanalytik. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten übernahm man das »Labor für angewandte Festkörperanalytik« in Dresden. Fresenius gilt als Marktführer in nicht medizinischen Laborleistungen in Deutschland. Die »Institut Fresenius Chemische und Biologische Laboratorien AG« ist seit 2004 eine Tochtergesellschaft der SGS (Société Générale de Surveillance) in Genf.

Literatur

Czysz, Walter: 140 Jahre Chemisches Laboratorium Fresenius Wiesbaden 1848–1988. Sonderdr. aus den Jahrbüchern Bd. 110 und 111 des Nass. Vereins für Naturkunde 1988/89, Wiesbaden 1992.

Gros, Leo/Köhler, Barbara (Red.): Carl Remigius Fresenius und das Chemische Laboratorium Fresenius, Reihe Historische Stätten der Chemie, Wiesbaden 18. Juli 2013. Hrsg.: Gesellschaft Deutscher Chemiker, Frankfurt a. M. 2013.

Poth, Susanne: Carl Remigius Fresenius, Wegbereiter der analytischen
Chemie, Stuttgart 2007.