Bezirksvereine
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Die Entstehung der vier Bezirksvereine für die Altstadt, Süd, West und Nord-Ost im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts fiel in eine Zeit der baulichen Hochkonjunktur, der politischen Veränderung und einer starken Zunahme der Bevölkerung. Zahlreiche neue öffentliche Bauten, Denkmäler und Anlagen entstanden. 1891 trat für den Regierungsbezirk Wiesbaden eine neue Städteordnung in Kraft, welche die politischen Machtverhältnisse durch die Beseitigung des alten nassauischen Bürgerrechts nachhaltig veränderte. Mit der Trennung von Magistrat als ausführendem und der Stadtverordnetenversammlung als kontrollierendem Organ wurde eine längst überfällige Reform vollzogen.
Die neue Städteordnung sorgte für einen sprunghaften Anstieg der Zahl der wahlberechtigten Einwohner, die nun in der Lage waren, durch Ausübung politischen Einflusses Veränderungen durchzusetzen. Dies war Veranlassung für viele Bürger, sich in den Bezirksvereinen zu organisieren, die nach ihrer Satzung wirtschaftlich unabhängig und gemeinnützig waren.
Eine ihrer Hauptaufgaben sahen die Vereine im energischen Eintreten für die Erschließung ihrer Bezirke und für den weiteren geordneten Ausbau der Stadtteile. Die Bezirksvereine wiesen auf Missstände und Versäumnisse hin, setzten sich für die Beseitigung von Mängeln an Straßen, Plätzen und Bauten und für Projekte und Fluchtlinienpläne zur allgemeinen Stadterweiterung ein. Auch die Parkpflege und die Waldfürsorge waren ein Schwerpunkt. Die Bezirksvereine engagierten sich gegen den Betrieb von Fabriken in der Innenstadt sowie für die Luftreinhaltung allgemein.
Ein wichtiges Anliegen waren die Ausbesserung, Reinhaltung und Beleuchtung der Straßen, eine bessere verkehrstechnische Verbindung mit der Innenstadt und die Offenhaltung der Täler als Luftschneisen für die Stadt. Die Errichtung von Bedürfnisanstalten und die Aufstellung von Ruhebänken in den Stadtteilen und an Waldwegen standen ebenso auf der Agenda der Bezirksvereine wie die Anlage und Pflege von Alleen, die Einrichtung eines Volksparks Unter den Eichen, die Erbauung von Schulen, eines Volksschwimmbades sowie einer Trauerhalle auf dem Nordfriedhof.
Untereinander und mit den anderen Vereinen der Stadt, in denen vielfach Vorstandsmitglieder verantwortliche Positionen bekleideten, unterhielten die Bezirksvereine regen und freundschaftlichen Kontakt.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges endete jene Periode der Stadtgeschichte. Die Vereine verloren zahlreiche führende Mitglieder, die Vereinstätigkeit wurde erst 1919 wieder aufgenommen. Die Parteienlandschaft hatte sich wesentlich verändert, die politische Einflussnahme wurde zusehends schwieriger. Auch in den kommenden Jahren war das Aufzeigen von Missständen noch immer das Hauptanliegen der Bezirksvereine, die Einwohner zeigten jedoch ein geringes Verständnis für diese Bemühungen. Von vielen Verbesserungsvorschlägen musste abgesehen werden, da die entsprechenden finanziellen Mittel nicht zur Verfügung standen. Die finanzielle Notlage führte zu einem weiteren Erlahmen der Aktivitäten.
Nach der politisch angeordneten Gleichschaltung aller Vereine in den Jahren 1935/36 lösten sich unter anderem die Bezirksvereine auf, ihre Mitglieder traten teilweise in den Verschönerungsverein Wiesbaden ein.