Anderle, Hans-Jürgen
Anderle, Hans-Jürgen
Geologe, Vorsitzender des Nassauischen Vereins für Naturkunde
geboren: 23.01.1939 in Reichenberg/Sudetenland (heute Liberec/Tschechische Republik)
gestorben: 22.01.2012 in Wiesbaden
Artikel
Nach Kriegsende musste Anderle als Deutscher das Sudetenland verlassen und kam mit seiner Familie nach Zittau (Sachsen). 1951 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Bis 1966 studierte er Geologie und Paläontologie an der Universität Frankfurt am Main. Seine Diplomarbeit »Geologische Untersuchungen (Unter-Devon) im Loreley-Gebiet (TK 25 Blatt 5812 St. Goarshausen)« zeigte schon früh seinen späteren beruflichen Werdegang als anerkannter Kenner der Geologie des Taunus auf.
1967 trat er in das vormalige Hessische Landesamt für Bodenforschung (HLfB) ein, als Geologiedirektor ging er 2004 in den Ruhestand. Er war anfangs übergreifend in den beiden Dezernaten Ingenieurgeologie sowie Steine und Erden tätig, sein Arbeitsschwerpunkt lag auf den oberflächennahen Rohstoffen im Rhein. Schiefergebirge. Ab Mitte der 1980er-Jahre wirkte er im Dezernat Geologische Landesaufnahme. Auch nach der im Januar 2000 erfolgten Fusionierung des HLfB mit der vormaligen Hessischen Landesanstalt für Umwelt (HLfU) zum Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG), seit 2016 Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), blieb der Taunus sein Arbeitsschwerpunkt.
Als Geländegeologe und Spezialist für den Taunus hat er nicht nur ca. 105 wissenschaftliche Aufsätze über das Schichteninventar und die Tektonik des Taunus in Fachzeitschriften hinterlassen, sondern erarbeitete auch mehrere amtliche geologische Karten; ferner war er Autor vieler geologischer und tektonischer Beiträge in diversen Erläuterungen zu diesen Kartenwerken.
Außerdem war er an der »Stratigraphie von Deutschland Teil VIII – Devon« und »Stratigraphie von Deutschland Teil IX – Oberrheingraben und benachbarte Tertiärgebiete« und ebenso an dem im Jahr 2013 erschienenen Buch »Geologie von Hessen« beteiligt. Wegen seiner hervorragenden Kenntnisse der Taunus-Geologie war er langjähriges Mitglied der »Deutschen Stratigraphischen Kommission für Devon-Stratigraphie« und korrespondierendes Mitglied bei der Subkommission für Ordovizium und Silur. Unvollendet musste leider der von ihm geplante Band »Taunus« aus der Sammlung Geologischer Führer bleiben.
Von 1996 bis zu seinem Tod war A. 1. Vorsitzender des Nassauischen Vereins für Naturkunde. 2012 wurde ihm (posthum) die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Er war Initiator des »Naturkundetags« im Herbst und der seit 2006 gemeinsam mit dem Wiesbadener Kurier durchgeführten Exkursionen »KurierNatur«. Auf ihn gingen unter anderem auch die 2004 erschienenen »Streifzüge durch die Natur von Wiesbaden und Umgebung« zurück.
Weil die Naturhistorischen Sammlungen des Museums Wiesbaden und der Nassauische Verein für Naturkunde bis zur Übereignung des Museums an das Land Hessen im Jahr 1973 eine Einheit waren und auch danach die Zusammenarbeit bis heute sehr eng ist, widersetzte er sich den Plänen des damaligen Direktors, das frühere Dreispartenhaus im Wesentlichen auf die Kunstsparte zu reduzieren. Unterstützt von einer Bürgerinitiative wurde sein Einsatz 1999 belohnt.
Da er auch umweltpolitisch sehr engagiert war, setzte er sich in zahlreichen Artikeln für die Bewahrung der Schöpfung ein. Darüber hinaus war Anderle ein sehr guter Kenner der Wiesbadener Jazzszene und Musikkritiker.
Literatur
Toussaint, Benedikt: Nachruf auf Hans-Jürgen Anderle. In: Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde 133/2012 [S. 117 f.].