Klimawandel und Anpassung in Wiesbaden
Aktuelle Auswirkungen des Klimawandels
Seit einigen Jahren erleben wir im Sommer in Wiesbaden lange und trockene Hitzewellen. Sie belasten die menschliche Gesundheit. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Kleinkinder und Kranke, wie Medienberichte über Seniorenheime, Kliniken und Kindertagesstätten zeigten. Die Auswirkungen sind aber auch in vielen anderen Bereichen zu spüren. So wurden Straßenbeläge aufgrund der Erhitzung des Asphalts durch sogenannte „blow ups“ beschädigt. Die Landwirtschaft verzeichnete durch die lang anhaltende Dürre erhebliche Ernteausfälle. Im geschwächten Stadtwald nehmen die Kahlflächen aufgrund des Borkenkäferbefalls in Fichtenbeständen immer mehr zu. Ebenso kam es aufgrund von Trockenheit vermehrt zu Wald- und Feldbränden. Niedrigwasser im Rhein und Main wurde für die Tierwelt, aber auch für die Schifffahrt und damit für die Wirtschaft zum Problem und gleichzeitig kam es verstärkt zu Starkregenereignissen und Überschwemmungen. All das zeigt, dass die Veränderungen des Klimas die verschiedensten Lebensbereiche betreffen.
Was bedeuten die Klimaveränderungen für die Zukunft?
Haben wir es nur mit extremen Wetterperioden oder einer Tendenz zu tun, die sich verstetigt und in Zukunft noch größere Belastungen erwarten lässt? Vieles spricht für Letzteres. Die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes im Rahmen des länder- und stadtübergreifenden Projektes "Klimawandel in der Praxis" (kurz KLIMPRAX) haben das für Wiesbaden und Mainz bestätigt.
Das stellt die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner vor große Herausforderungen – vor allem im Bereich Wohnungsbau und Mobilität.
Klimagerechte Stadtentwicklung – ein Dilemma
Aufgabe einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung ist es, die Lebensqualitäten nachhaltig zu sichern und zu verbessern. Hierfür müssen Grünflächen und Bäume, die traditionell unser Stadtbild prägen dauerhaft erhalten und im Sinne einer doppelten Innenentwicklung zusätzlich geschaffen werden.
Gleichzeitig benötigt Wiesbaden aber auch erheblich mehr Wohnraum. Dabei muss das Ziel sein, in vorhandenen und neuen Baugebieten gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu schaffen. In bestehenden Quartieren darf es keines Falls zu Verschlechterungen kommen.
Nachverdichtung in den Städten schafft Wohnraum, verkürzt Wege und schont freie Landschaft. Gleichzeitig erhöht dies aber auch die Gefahr von Hitzeinseln und Überflutungen. Ein Dilemma, das wir lösen müssen.
Handlungsleitfaden für Kommunen - Anpassung an den Klimawandel
Im Rahmen des Projektes KLIMPRAX ist es gelungen, die prognostizierten Auswirkungen der Klimaänderungen für die Städte Wiesbaden und Mainz genauer zu beschreiben und die betroffenen Handlungsfelder zu identifizieren. Daraus müssen Leitbilder und Visionen abgeleitet werden, die verträgliche und nachhaltige Nutzungskonzepte aufzeigen. Die Ergebnisse des Projektes geben hierzu wichtige Hinweise:
Am Beispiel der Modellkommunen Wiesbaden und Mainz wurden das Verwaltungshandeln und die Planungspraxis zum Stadtklima untersucht und Handlungsempfehlungen in Form eines Handlungsleitfaden für Kommunen abgeleitet. Darin werden durch Steckbriefe Empfehlungen für die Handlungsebenen "Bewusstsein und Motivation", "Fachliche Grundlagen", "Gesamtstrategien" und "Kooperation und Koordination" angeboten.
Außerdem wurde ein Handlungsleitfaden zur kommunalen Klimaanpassung für alle hessischen Kommunen für die Handlungsfelder „Hitze und Gesundheit“ erarbeitet. Dieser beinhaltet einen Katalog für die kommunale (Bauleit-) Planung mit konkreten Maßnahmen und Umsetzungsvorschlägen.
Die Ergebnisse des Projektes KLIMPRAX Stadtklima sind auf der Internetseite des Fachzentrums Klimawandel in Form eines Berichtes und einer Broschüre veröffentlicht.
Klimaprognosen für Wiesbaden und Mainz
Der Deutsche Wetterdienst hat im Rahmen des KLIMPRAX-Projektes eine "Modellbasierte Analyse des Stadtklimas als Grundlage für die Klimaanpassung am Beispiel von Wiesbaden und Mainz" durchgeführt. Darin wird für beide Städte sowohl das gegenwärtige Klima beschrieben als auch das zukünftigen Klima projiziert. Die Modellierungen ergeben eine signifikante Zunahme der Sommertage, der heißen Tage und der Tropennächte bis ins Jahr 2060. Die Erwärmung wird im Rheintal stärker ausfallen als im Taunus. Ebenso wird sich die Erwärmung in den bebauten Bereichen stärker bemerkbar machen als in zusammenhängenden Gebieten ohne Bebauung. Das nährt die Annahme, dass es in den bereits bestehenden belasteten Gebieten der Städte und Stadtteile zu stärkeren Erwärmungen kommt als im Umland. Die Zunahme der Tropennächte in den bebauten Lagen und entlang des Rheins ist damit am höchsten, während sie in den waldfreien und unbebauten Bereichen der Täler geringer ausfällt. Damit wird die Funktion von sogenannten Kaltluftschneisen, die kühlere Luft in überhitzte Bereiche leiten, in Zukunft noch wichtiger werden.
Darauf aufbauend wurden Verschneidungen mit demographischen und sozio-ökonomischen Parametern durchgeführt. So wurde festgestellt, welche Bevölkerungsgruppen von den künftig noch häufiger auftretenden städtischen Überwärmungen besonders betroffen sein werden. Gleichzeitig wurden zum Schutz der betroffenen Bevölkerung Handlungsmaßnahmen erarbeitet.