Medenbach
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Medenbach verdankt seine Entstehung vermutlich dem karolingischen Landesausbau des 8. und 9. Jahrhunderts. Auch Funde aus der Stein-, Kelten- und Römerzeit, insbesondere im Bereich des untergegangenen Dorfes »Cosloff« (»Costlof, Kostloff«), sprechen für eine frühe Besiedlung des Raumes. Der Name, der von dem Bach übernommen wurde, welcher nördlich von Auringen entspringt und in den Wickerbach mündet, geht auf denselben Wortstamm zurück wie der Begriff »Mattiaker«. Bereits im 11. Jahrhundert erstmals genannt, steht die früheste urkundliche Erwähnung von Medenbach in Zusammenhang mit der Dotierung der neugeweihten Kirche 1107.
Medenbach bildete mit dem eingegangenen Dorf »Cosloff« eine Gemeinde und gehörte zum Mechtildshäuser Gericht. Ein Ortsgericht ist seit Mitte des 13. Jahrhunderts bezeugt. Medenbach und Wildsachsen hatten einen gemeinsamen Schultheißen. Geistliche Grundbesitzer waren Mainzer Stifte und Klöster; die Herren von Eppstein hatten die Ortsherrschaft inne. 1492 gelangte Medenbach an den Landgrafen von Hessen. Ab 1567 gehörte das Gebiet zu Hessen-Marburg, ab 1604 zu Hessen-Kassel und 1623 zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Amtsort war bis 1643 Eppstein, dann Wallau und ab 1817 Hochheim.
1107 erfolgte die kirchliche Abtrennung Medenbachs von Nordenstadt, dessen Kirche die Einwohner allerdings an hohen Festtagen weiterhin besuchen mussten. Erst 1491 wurde Medenbach endgültig von der Nordenstadter Mutterkirche getrennt und mit Wildsachsen zur selbstständigen Pfarrei erhoben, zu der als Filiale Costloff gehörte. Die Kirche war wahrscheinlich der heiligen Ursula geweiht, das lässt die weibliche Figur im Medenbacher Gerichtssiegel mit dem Attribut der Heiligen, einem Pfeil, vermuten. Sie liegt inmitten der alten Siedlung an markanter Stelle. Hier, auf dem Friedhof, unter der Gerichtslinde, »an der offenen Straße an der Kirchhofsmauer« tagte im Mittelalter das Ortsgericht. Patronatsherr war das Mainzer Domkapitel, das auch nach der Reformation Anteile des Zehnten innehatte; daraus hatte es die Bauunterhaltung zu bestreiten und zum Unterhalt des Pfarrers beizutragen. 1531 wurde Medenbach evangelisch und zunächst zusammen mit Igstadt und Nordenstadt vom reformierten Pfarrer Johann Göckel betreut. Als die Gemeinde wegen des Dreißigjährigen Krieges nicht mehr ausreichend zu den Einkünften des Pfarrers beizutragen vermochte, wurde Medenbach 1654 mit Wildsachsen Filiale der Pfarrei Breckenheim.
Von der 1107 geweihten Kirche sind heute nur noch die Umfassungsmauern mit ährenförmigem Verband des Mauerwerks erhalten. Aus spätgotischer Zeit bestehen noch die Westpforte und die Sakramentsnische. 1576/77 wurde der baufällige Chor der Dorfkirche durch einen Neubau ersetzt. Während des Dreißigjährigen Krieges zerstört, erfolgte 1650 der Wiederaufbau, 1714 ein größerer Umbau. Entsprechend seiner langen Geschichte vereinigt der Sakralbau die unterschiedlichsten Stilrichtungen. Ursprünglich im romanischen Stil gebaut, beeindrucken heute auch die barocken Stilelemente des Glockenturmes. Medenbach hat sich als Straßendorf beiderseits der alten Dorfgasse entwickelt. Es war bis in die Neuzeit durch ein Gebück, stellenweise auch durch einen Graben, umfriedet. Der Straßendurchgang erfolgte durch die gemeine Pforte im Süden und durch die Oberpforte im Norden. Medenbachs Flur musste großenteils durch Rodungen gewonnen werden.
Bis Mitte des 16. Jahrhunderts hatte der Ort weniger Bewohner als Costloff: 1457 befanden sich in beiden Orten zusammen 19 Herdstätten, 1492 waren es 24. 1530 zählte Medenbach etwa 85 Einwohner. Von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges, in dem die Einwohnerzahl auf etwa ein Viertel sank, erholte sich Medenbach rasch; noch vor der Jahrhundertwende lebten hier mehr Menschen als vor dem Krieg. Im Dreißigjährigen Krieg fiel der Ort Costloff vollends wüst, seine verbliebenen Bewohner siedelten nach Medenbach über, dem auch die Costloffer Flur zugeschlagen wurde. Die Zahl der Einwohner stieg von 45 im Jahr 1643 auf 274 im Jahr 1794. 1939 lebten 398 Menschen in Medenbach 2014 waren es 2.502. Die Bewohner waren den Herren von Eppstein und den Nassauern leibeigen. Es handelte sich fast ausschließlich um Kleinbauern, die Hafer und Roggen anbauten. Bis etwa 1800 war der Weinbau bedeutend, danach wurde er völlig aufgegeben. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zählte die Gemeinde 20 vermögende, 16 mittelmäßig bis wenig vermögende und sechs unvermögende Familien. Fünf Beisassen gehörten zur untersten Stufe der sozialen Rangfolge; ihre Berufe werden mit Schaf-, Kuh- und Schweinehirt sowie Gemeindebäcker angegeben. Die Vermögenden waren allesamt Bauern; einige betrieben außerdem ein Handwerk. 1855 werden die Berufe der Hausbesitzer mit 38 Landwirten, drei Landwirten und Handwerkern, je einem Aushälter, Schmied, Schuster, Schneider, Leineweber, Wirt, einem Wirt und Krämer, zwei Händlern, einem Bürgermeister, einem Gemeinderechner, einem Schullehrer, einem Feldschützen, einem Schäfer, zwei Hirten, fünf Tagelöhnern angegeben; insgesamt waren das 62 Personen. Für die Wahl im Jahr 1885 waren acht Personen in der ersten, 14 in der zweiten und 33 Personen in der dritten Abteilung registriert. Sämtliche Mitglieder der beiden oberen Klassen waren Landwirte, in der dritten Klasse waren es immerhin noch 17.
Auch 1933 betrug der Anteil der in Land- und Forstlandwirtschaft tätigen Bevölkerung noch fast 60 %. Der Schwerpunkt der Landwirtschaft lag im 18. Jahrhundert beim Ackerbau. Vieh konnte wegen der dürftigen Weidemöglichkeit nur wenig gehalten werden. 1939 gab es 33 Vollerwerbslandwirte. Eine wichtige Einnahmequelle war der Gemeindewald. Er umfasste um 1980 noch 115 ha, davon 31,2 ha auf Wildsächser Gemarkung.
Mit dem Reichsdeputationshauptschluss fiel Medenbach 1803 mit dem Ländchen an das Fürstentum Nassau‑Usingen, das 1806 im Herzogtum Nassau aufging. 1866 wurde der Ort preußisch und 1867 dem Mainkreis, 1887 dem Landkreis Wiesbaden und nach dessen Auflösung 1928 dem Main-Taunus-Kreis zugeschlagen. Am 01.01.1977 erfolgte die Eingemeindung nach Wiesbaden. Die Verwaltung oblag bis 1848 den vom Landesherren eingesetzten Schultheißen, die der vermögenden Schicht Medenbachs entstammten. Seit 1848 standen der Gemeinde gewählte Bürgermeister vor. Als Herzog Adolph zu Nassau 1849 die neuen Freiheiten wieder einschränkte, sandten Medenbacher Bürger eine Resolution an die Ständeversammlung des Herzogtums. Sie verlangten, den von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurf abzulehnen und schlugen die Annahme eines vom »Club der Linken« favorisierten Entwurfes vor.
1621 wird erstmals ein Lehrer genannt. Wo der Schulunterricht zu dieser Zeit stattfand, ist nicht bekannt. Im 18. Jahrhundert diente ein Gebäude in der heutigen Fritz-Erler-Straße als Schul- und Backhaus. Erst 1907 wurde in einem Gebäude in der Neufeldstraße 9, das ursprünglich als Bäckerei und Gastwirtschaft gedient hatte, ein Schulsaal eingerichtet. Im Parterre und neben dem Klassenzimmer befand sich die Lehrerwohnung. Um 1915 wurde eine zweite Lehrerstelle geschaffen. 1962 wechselten die oberen Jahrgänge in die Mittelpunktschule in Naurod, 1964 folgten die Grundschüler. Das freie Gebäude diente einige Zeit als Rathaus und wird heute von der Sparkasse und der Freiwilligen Feuerwehr genutzt. Im Dachgeschoss befindet sich das Heimatmuseum des Heimat- und Geschichtsvereins Medenbach 1993 e.V. Am 01.07.1879 wurde die Eisenbahnstrecke von Wiesbaden nach Niedernhausen in Betrieb genommen. Medenbach erhielt gemeinsam mit Auringen einen Bahnhof. Angehörige von Tagelöhner- und Kleinbauernfamilien konnten jetzt zu außerhalb gelegenen Arbeitsstellen pendeln. 1928 gab es in Medenbach 51 Pendler, davon arbeiteten 43 in Wiesbaden und acht in Höchst.
Den Zweiten Weltkrieg überstand Medenbach ohne größere Bombenschäden. Medenbach zählte zu Kriegsende 375 Einwohner. Das Dorf veränderte nach 1945 grundlegend sein Gesicht, die Einwohnerzahl wuchs durch die Aufnahme von Heimatvertriebenen, insbesondere aber nach der Eingemeindung 1977. 2016 lebten rund 2.400 Menschen in Medenbach. 1951/52 erhielt Medenbach erstmals eine zentrale Wasserversorgung. Nördlich des alten Ortskerns entstanden Neubaugebiete, ein Dorfgemeinschaftshaus, Friedhofshalle, Sportanlagen. Vor allem wandelte sich die Berufs- und Sozialstruktur der Bevölkerung. Die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe schrumpfte rasant – 1987 gab es nur mehr je zwei Voll- und Nebenerwerbsbetriebe.
Das seit 1955 von der Gemeinde geführte Wappen zeigt einen roten Pfeil auf silbernem Grund, begleitet von zwei roten Rosen. 2001 wurde auf der Tank- und Rastanlage Medenbach West die erste Autobahnkirche Hessens eingeweiht. 2007 fand man in der Medenbacher Gemarkung die Ikone des »Heiligen Nikolaus von Medenbach«, eine 200 Jahre alte Reiseikone des heiligen Nikolaus.
Literatur
Renkhoff, Otto; Dauber, Helmut: Medenbach bei Wiesbaden. In: Nassauische Annalen 109/1998 [S. 407–429].
Sommer, Günter Fr. Chr.: Medenbacher Tagebuch, 900 Jahre Geschichte der Menschen, der Landschaft und des Dorfes Medenbach. Heimat- und Geschichtsverein Medenbach 1993 e.V. (Hrsg.), Wiesbaden-Medenbach 2006.