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Thermalquellen

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Wiesbaden ist mit Thermalwasser von 65 °C bis mehr als 70 °C der »heißeste« Ort in Hessen und nur einer von wenigen anderen mit ähnlicher Wassertemperatur in Deutschland und seinen Nachbarländern. Das Thermalwasser ist vor allem durch die 47 m bis 125 m tiefen Bohrbrunnen Kochbrunnen, Salmquelle, Adlerquelle und Schützenhofquelle gefasst. Der etwas abgelegene Faulbrunnen enthält zwar auch Thermalwasser, ist jedoch nicht warm genug, um den Namen »Thermalquelle« zu führen. Außerdem gibt es noch rund 20 flach gefasste Thermalquellen, die aber in der Regel auf privaten Grundstücken liegen und nicht zugänglich sind. Zugänglich ist von ihnen nur der Bäckerbrunnen, der früher von mehreren flachen Quellen gespeist wurde, dem seit den 1930er-Jahren aber Thermalmischwasser zugeführt wird. Im August 2011 wurde die lange Zeit verwahrloste Drei-Lilien-Quelle nach ihrer Sanierung für die Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.

Die Hauptquellen liegen auf einer nordnordöstlichen verlaufenden Linie. Eine früher von Geologen vermutete durchlaufende Spaltenzone gibt es aber nicht. In der Regel gehören zu jeder dieser Quellen noch schwächere Nebenquellen (Satelliten), die aber durchweg nur flach gefasst und nicht genutzt sind. Im südöstlichen Unterstrom der großen Thermalquellen, die man auch Primärquellen nennt, liegen die genannten flach gefassten Thermalquellen, deren Wasser durch »normales« Grundwasser verdünnt wird.

Insgesamt sind in Wiesbaden 26 Thermalquellen bekannt. Ihre Gesamtschüttung beträgt rund 23 l/Sek. (2 Millionen Liter/Tag). Ihr Lösungsinhalt, im Wesentlichen Kochsalz, umfasst 14 bis 17 Tonnen/Tag. Bohrungen zu verschiedenen Baumaßnahmen im Quellenviertel, aber auch weit entfernt im Rambachtal an der Blumenwiese haben gezeigt, dass es neben den Spalten, an denen die großen Thermalquellen zu Tage treten, noch weitere Thermalwasser führende Spaltenzonen geben muss, die noch nicht näher untersucht worden sind.

Über die Herkunft des Kochsalz führenden Thermalwassers sind von verschiedenen Forschern unterschiedliche Meinungen geäußert worden. Eine Meinung war, dass das salzhaltige Wasser aus dem Gebiet der hessisch-thüringischen Salzlagerstätten um Werra und Fulda stammen und von dort aus in nordöstliche Richtung unter dem Vogelsberg hindurch zum Taunusrand gelangen sollte.

Einen Schlüssel zu besserer Erkenntnis vermittelt die seit den 1970er-Jahren erkannte Plattentektonik. Wiesbaden liegt am Nordende des Oberrheingrabens, der eine kontinentale sogenannte Riftzone darstellt. Seine Ränder weichen noch heute um Millimeter/Jahr auseinander. Es bilden sich damit ständig neu tief reichende Risse als Wanderwege für das Thermalwasser, das seine Temperatur aus der geothermischen Tiefenstufe mitbringt. Während die Temperatur außerhalb des Oberrheingrabens im Durchschnitt je 100 m Tiefe um 3 °C zunimmt, beträgt der geothermische Temperaturgradient im Graben 4–6 °C/100 m. Um 70 °C zu erreichen, benötigt es mindestens 2.000 m Tiefe, da das Thermalwasser beim Aufstieg Wärme an die Umgebung abgibt. In dieser Tiefe sind aber außerhalb von Riftzonen in der Regel keine offenen Klüfte vorhanden, die so große Wassermengen, wie sie in Wiesbaden an die Oberfläche gelangen, aufnehmen und weiterleiten können. Nur in einer Riftzone bilden sich durch Auseinanderweichen der Platten ständig neue offene Klüfte auch in der benötigten Tiefe. Das Thermalwasser kann damit nur von Süden mit der Riftzone heranströmen, stößt aber mit Erreichen des Taunus auf Widerstand und wird zum Aufstieg an die Erdoberfläche gezwungen.

Auch an anderen Stellen tritt mit dem Ausklingen der offenen Spalten am Taunusrand Thermalwasser an die Erdoberfläche (z. B. Assmannshausen, Kiedrich, Bad Soden am Taunus, Bad Homburg, Bad Nauheim), doch klingt die Temperatur westlich und östlich von Wiesbaden rasch ab. Daher wird vermutet, dass die Wiesbadener Thermalwasservorkommen das Zentrum der sich immer noch ausdehnenden Riftzone abbilden. Mit dem Heranströmen des Thermalwassers von Süden erklärt sich auch die Anreicherung mit Salzen. Sie wurden viele Jahre in Südbaden und im Elsass in 500–800 m Tiefe abgebaut und im Raum Bruchsal-Worms in Tiefen zwischen 1.600–1.800 m. Das vor allem mit Kochsalz (Natriumchlorid) angereicherte Wasser ist spezifisch schwerer als das auflagernde, durch Niederschläge ergänzte Süßwasser und sinkt, soweit es in offenen Klüften möglich ist, in die Tiefe ab.

Mittlerweile gibt es aber auch andere Deutungen zum Vorkommen salzhaltiger heißer Wässer, die ohne Salzlagerstätten und ohne die Riftzone des Oberrheingrabens auskommen. Bei Tiefbohrungen bis 9 km in Graniten oder Gneisen wurde nämlich festgestellt, dass in dieser Tiefe die Gesteine nicht so dicht sind, wie immer angenommen wurde, und daher heiße hydrothermale Lösungen von 150 °C und mehr zirkulieren können. Diese sind extrem salzhaltig, die Salze resultieren aus der Umwandlung von Mineralien im Kontakt mit den heißen Wässern. Der Gehalt an Kochsalz ist von den am Taunusrand gelegenen Bädern in Wiesbaden nicht am höchsten. Hier sind es Bad Soden, Bad Homburg und vor allem Bad Nauheim, die deutlich höhere Salzgehalte ihrer Thermalwässer aufweisen und auch vorgeschichtliche Salzgewinnung betrieben.

Literatur

Czysz, Walter: Vom Römerbad zur Weltkurstadt, Geschichte der Wiesbadener heißen Quellen und Bäder, Wiesbaden 2000 (Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden 7).

Michels, Franz: Die Wiesbadener Mineralquellen. In: Jahrbuch Verein f. Naturkunde 98/1966 [S. 17–54].

Stengel-Rutkowski, Witigo: Hydrogeologischer Führer zu den Kochsalz-Thermen von Wiesbaden. Hrsg.: Nassauischer Verein für Naturkunde, Wiesbaden 2009.

Kochbrunnen im Kochbrunnentempel wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F000-11309, Urheber: Saskia Steltner
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