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Rheinlandbesetzung

Artikel

Mit der militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg musste das Deutsche Reich 1918 dem Waffenstillstandsvertrag von Compiègne zustimmen, der im Artikel V die Besetzung der linksrheinischen Gebiete inklusive der Brückenköpfe Aachen, Köln und Mainz mit einem Radius von 30 km und des vierten Brückenkopfes Kehl (Großherzogtum Baden) mit einem Umkreis von 10 km festlegte. Die militärische Inbesitznahme der deutschen Gebiete sollte einen schnellen Aufmarsch deutscher Truppen verhindern und als Druckmittel für die Erfüllung der kommenden Friedensverhandlungen sowie der Durchsetzung der Reparationsforderungen dienen. Der Versailler Vertrag sah eine Besetzung für den Zeitraum von 15 Jahren vor.

Das Besatzungsgebiet wurde von der Interalliierten Rheinlandkommission mit Sitz in Koblenz verwaltet. Wiesbaden gehörte zum Brückenkopf Mainz und wurde am 13.12.1918 von französischen Truppen besetzt. Für die Stadt bedeutete dies Einschränkungen im Bereich der Kommunikation, der Reisefreiheit und des Wirtschaftslebens. Der schon durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogene Kur- und Fremdenverkehr kam fast vollständig zum Erliegen. Lebensmittel und Brennstoffe waren knapp. Viele Deutsche empfanden die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Kontrolle durch fremde Truppen als Schmach. Von französischer Seite wurden separatistische Bestrebungen im Rheinland unterstützt und eine französische Kulturpolitik im Rheinland betrieben. 1923 wurde ausgehend vom Rheinland das Ruhrgebiet besetzt, um Druck auf die Reichsregierung auszuüben und damit die Erfüllung der Reparationsbestimmungen zu erreichen.

Im Zuge des Ruhrkampfes erhielten die Separatisten erneut Unterstützung, jedoch konnte sich die separatistische Bewegung nur bis Anfang 1924 halten. Anstelle der Franzosen, die die Besatzungszone bis Ende Januar 1926 räumten, wurden britische Besatzungstruppen nach Wiesbaden verlegt, denen das ehemalige Hotel Hohenzollern als Hauptquartier diente. 1929 wurde der Sitz der Interalliierten Rheinlandkommission nach Wiesbaden verlegt. Bis zum Jahresende verließen auch die letzten noch verbliebenen Kontingente der Briten und Belgier das Rheinland.

In Wiesbaden begann die Evakuierung der britischen Armee und ihrer Angehörigen am 14.09.1929, am 12.12. zogen die letzten Truppen ab. Ende November 1929 wurden als Ehrenwache für die Interalliierte Rheinlandkommission erneut französische Truppen nach Wiesbaden verlegt. Am 30.06.1930 endete die alliierte Rheinlandbesetzung nach knapp 12 Jahren, fünf Jahre früher, als im Versailler Vertrag vorgesehen. Der Abzug der alliierten Truppen löste deutschlandweit eine Welle der nationalen Begeisterung aus. Mit einer nächtlichen Kundgebung vor dem Rathaus begannen auch in Wiesbaden die Feierlichkeiten. Festlicher Schlussakt war der Besuch des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 21.07.1930.

Literatur

Kolb, Eberhard: Der Frieden von Versailles, München 2005.

Krüger, Peter: Die Außenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1985.

Munz, Marius: »Wiesbaden est boche, et le restera.« Die alliierte Besetzung nach dem Ersten Weltkrieg 1918–1930, Wiesbaden 2012.

Französische Panzer, ca. 1920 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, PK-1862, Urheber: unbekannt
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