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Jaksch, Wenzel

Jaksch, Wenzel

Journalist, Politiker, Mitglied des Bundestags

geboren: 25.09.1896 in Langstrobnitz (Böhmerwald)

gestorben: 27.11.1966 in Wiesbaden


Artikel

Jaksch erlernte in Wien das Maurerhandwerk und stieß hier mit 17 Jahren zur Sozialdemokratie. Den Ersten Weltkrieg erlebte er als Soldat des österreichischen Heeres. Anschließend übernahm er in Komotau die Leitung des Zentralverbandes der Kleinbauern und Häusler

Nach seinem Eintritt in die DSAP (Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei) in der Tschechoslowakei wurde er 1924 in den Parteivorstand berufen und 1929 als Abgeordneter in das Prager Parlament gewählt, wo er sich bis 1938 um ein freundschaftliches Zusammenleben von Deutschen und Tschechen bemühte. Deshalb stellte er sich auch gegen die NS-Bewegung von Konrad Henlein. 1935 wurde er stellvertretender Vorsitzender, auf dem letzten Parteitag in Prag 1938 Vorsitzender der DSAP.

Nach dem Einmarsch der Wehrmacht gelang Jaksch in letzter Minute die Flucht über Polen nach England. Als führendes Mitglied von zwei Exilorganisationen vertrat er die Interessen der Sudetendeutschen bei der tschechoslowakischen Exilregierung. Verzweifelt setzte er sich gegen die sogenannten Beneš-Dekrete zur Vertreibung Sudetendeutscher aus der ČSR ein. 1946 musste er in London die zweite Vertreibung erleben, als mit Beginn des Jahres die ersten großen Ausweisungstransporte aus dem Sudetenland begannen. Jaksch zog nach Deutschland, um seine vertriebenen Landsleute zu unterstützen. 1949 kam die Familie zunächst nach Frankfurt am Main, in den 1950er-Jahren dann nach Wiesbaden.

Ministerpräsident Georg August Zinn übertrug ihm 1950 das Hessische Landesamt für Vertriebene. Jaksch entwickelte den Plan zur wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Eingliederung der Heimatvertriebenen. Am 10.11.1951 wurde die Seliger-Gemeinde als Treue- und Gesinnungsgemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten aus der Taufe gehoben und Jaksch zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Im Bundestagswahlkampf 1961 gehörte er zur SPD-Regierungsmannschaft und war als Bundesvertriebenenminister vorgesehen. Der Bundestagsabgeordnete Jaksch galt als Schlüsselfigur der Vertriebenen- und Ostpolitik. Er war Präsident der Sudetendeutschen Landsmannschaft und seit 1964 des Bundes der Vertriebenen sowie Vorsitzender der »Stiftung für europäische Friedensfragen«. lm Bundestag wies er schon 1961 auf die Notwendigkeit einer neuen Ostpolitik hin.

Während des Kalten Krieges galt er nicht nur als Visionär eines vereinten und friedlichen Europas, sondern auch als einflussreicher Autor und Journalist. Berühmt geworden sind seine Sozialreportagen aus dem sudetendeutschen Bereich. Auch die Verwirklichung wirksamer Volksgruppen- und Minderheitenrechte in einem vereinten Europa lag ihm am Herzen. Vielfach wurde er geehrt, so 1966 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern. In den USA wurde ihm die Ehrendoktorwürde verliehen. Jaksch wurde auf dem Dotzheimer Waldfriedhof beigesetzt; im Kohlheck erinnert eine Straße an ihn.

Literatur

Bachstein, Martin: Wenzel Jaksch. In: NDB, Bd. 10 [S. 326 f.].

Martin, Hans-Werner: »… nicht spurlos aus der Geschichte verschwinden«. Wenzel Jaksch und die Integration der sudetendeutschen Demokraten in die SPD nach dem II. Weltkrieg (1945–1949), Frankfurt am Main 1996.

Zeitungsaussschnittssammlung, Stadtarchiv Wiesbaden, "Jaksch, Wenzel".