Dietrich, Ernst Ludwig

Dietrich studierte 1915–20 evangelische Theologie und Orientalistik in Gießen, besuchte das Predigerseminar in Friedberg und promovierte 1920 in Gießen zum Lic. theol. und 1922 zum Dr. phil. Ab 1929 arbeitete er an der Marktkirche in Wiesbaden.

1932 trat Dietrich in die NSDAP ein, wurde 1933 von der Partei als Hoffnungsträger gefördert, unter anderem durch eine zweiwöchige Mitwirkung im Berliner Kultusministerium bei der Abfassung der neuen Reichskirchenverfassung, und vom Nassauischen Landeskirchentag als Bevollmächtigter für die Landeskirche Nassau – Landesbischof August Kortheuer war zuvor zwangsweise pensioniert worden – eingesetzt. Die NSDAP verhalf ihm, obwohl zweiter Kandidat, in das Amt des Landesbischofs der neuen, vereinigten Evangelischen Landeskirche von Nassau-Hessen. Sein strenger Stil der Kirchenleitung nach dem »Führerprinzip« mit vielen Strafmaßnahmen gegen Pfarrer rief Empörung hervor.

Im Zuge einer neuen staatlichen Kirchenpolitik ließ die NSDAP Dietrich Ende 1935 fallen. Er wurde seiner Vollmachten als Landesbischof entkleidet, behielt aber den Titel bis zu seiner Amtsniederlegung im Mai 1945. Innerlich entfremdete er sich dem Nationalsozialismus bis zum Jahresende 1937, übernahm wieder den Pfarrdienst in seiner früheren Pfarrstelle in Wiesbaden und trug mit seinem öffentlichen Bekenntnis (»Mein kirchlicher Weg von heute ist nicht mehr mein Weg von 1934/35 …«) entscheidend zum Entstehen des Einigungswerks Nassau-Hessen bei.

Nach seiner politischen Entnazifizierung (1946–48) zog sich seine kirchliche Rehabilitierung bis zum Herbst 1949 hin. Von da an amtierte Dietrich wieder an der Marktkirche und übte eine Dozententätigkeit an der Universität Frankfurt am Main für die nachbiblische jüdische Literatur aus.

Geißler, Ernst Ludwig Dietrich; Herbert, Karl: Durch Höhen und Tiefen. Eine Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, hrsg. von Leonore Siegele-Wenschkewitz unter Mitarbeit von Guy Schneider, Frankfurt am Main 1997.