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Brahms, Johannes

Brahms, Johannes

Komponist

geboren: 07.05.1833 in Hamburg

gestorben: 03.04.1897 in Wien


Artikel

Seit sich Brahms 1875 endgültig für Wien als Wohnort und für eine Lebensweise als freischaffender Komponist entschieden hatte, war sein Leben von einem festen Jahresrhythmus geprägt. Während der Konzertsaison stellte er seine Werke dem Publikum in Wien und auf Tourneen vor und kümmerte sich um Uraufführung und Drucklegung der neuesten Stücke, die Sommermonate verbrachte er an einem Urlaubsort, um zu komponieren.

Nachdem er den Sommer mehrfach in Pörtschach am Wörtherseeoder Bad Ischl verbracht hatte, entschied er sich 1883 für Wiesbaden – im Anschluss an einen Besuch bei Rudolf von Beckerath, einem Winzer, Weinhändler und Geiger, und seiner Frau Laura. Zu diesem Entschluss mochte beigetragen haben, dass er zuvor in Krefeld die Sängerin Hermine Spies kennen gelernt hatte, die in Wiesbaden lebte.

Am 21.05. zog er in eine Wohnung in der Geisbergstraße bei Bertha von Dewitz (heute Schöne Aussicht 7). Hier hatte er einen schönen Blick auf die Stadt und eine gute Fluchtmöglichkeit: Zeigte sich ungebetener Besuch, konnte er das Haus durch die Hintertür in Richtung Neroberg verlassen. Er verkehrte viel bei Familie Beckerath in der Adolfsallee 23 und wusste außer dem gemeinsamen Musizieren auch ihren Wein zu schätzen. Der Sohn Willy von Beckerath fertigte mehrere Zeichnungen von Brahms an.

Mit Hermine Spies reiste Brahms zum Musikfest nach Koblenz, wo sie gemeinsam seine »Alt-Rhapsodie« aufführten. Vielleicht hat Hermine ihn vorübergehend in seinem Entschluss wankend gemacht, als Junggeselle zu leben.

In Wiesbaden komponierte er heimlich seine dritte Sinfonie in F-Dur, die mit großem Erfolg am 02.12.1883 in Wien unter dem Dirigenten Hans Richter uraufgeführt wurde. Der widersprüchliche emotionale Gehalt des Werkes zwischen leidenschaftlichem Aufbegehren und resignierendem Verzicht wird mit Brahms‘ Beziehung zu Hermine in Verbindung gebracht. Am 28.09. erlebte Brahms die Einweihung des Niederwalddenkmals mit. Er verließ Wiesbaden Anfang Oktober 1883 und ließ sich nicht zu einem weiteren Sommeraufenthalt dorthin locken.

Konzerte gab er in Wiesbaden mehrfach: Schon am 26.02.1876 war er Solist in seinem ersten Klavierkonzert mit dem Kurorchester unter Louis Lüstner, im Januar 1884 dirigierte er seine »Wiesbadener Symphonie«, wie er sie brieflich nannte, zweimal am Entstehungsort und spielte sein zweites Klavierkonzert, ergänzend gab er ein Konzert im Saal der Wiesbadener Casino-Gesellschaft mit Hermine Spies. Im November 1885 folgte die vierte Sinfonie im Gastspiel mit der Meininger Hofkapelle, im März 1888 das Doppelkonzert in a-Moll.

Hermine Spies besuchte Brahms 1886 und 1888 am Thuner See. Beckeraths schickten ihm Rheingauer Wein nach Wien, von dem er noch an seinem Todestag trank.

Literatur

Korff, Malte: Johannes Brahms. Leben und Werk, München 2008.