Nassauische Leinenindustrie Joseph Maier Baum
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Um 1900 gehörte die Wiesbadener Textilfirma zu den größten und erfolgreichsten Unternehmen der Stadt. Der jüdische Händler Joseph Maier (1813-1874) hatte es als kleines Manufakturwarengeschäft 1840 im Fischerort Schierstein gegründet. Die Geschäfte Joseph Maiers, der nach der Verfügung von Herzog Adolf aus dem Jahr 1842 den Nachnamen „Baum“ annahm, konnten das Auskommen der mittlerweile achtköpfigen Familie jedoch nicht dauerhaft sichern.
Daraufhin entschloss sich der Händler Baum 1863, in die aufstrebende Kurstadt Wiesbaden umzuziehen, wo er 1864 das Bürgerrecht erwarb. Hier stießen seine Produkte bei den zahlreichen vermögenden Kurgästen auf größere Nachfrage. Neben Stoffen und Textilien für den gehobenen Bedarf verkaufte Baum auch militärische Ausrüstung. Die Herstellung der Stoffe in der Korrektionsanstalt im ehemaligen Kloster Eberbach und später im Gefängnis in Dietz ermöglichte es ihm, günstige Preise anzubieten. Die steigende Nachfrage ließ die ersten Geschäftsräume in der Neugasse 7 bald zu klein werden, so dass Joseph Maier Baum 1870/71 ein größeres Haus in der Kirchgasse/Ecke Friedrichstraße erwarb.
Nach seinem plötzlichen Tod im Jahr 1874 übernahmen drei seiner Söhne den Betrieb und führten ihn erfolgreich weiter: Moritz Baum (1840-1907), Salomon Baum (1844-1899) und Hermann Baum (senior, 1850-1914). Sie verkauften ihre Stoffe und Textilien auf dem internationalen Markt.
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der nächste Generationswechsel bevorstand, zeigten nur die Söhne Salomon Baums, Joseph und Hermann, Interesse, die Textilhandlung weiterzuführen. 1900 wurde zunächst Joseph Baum (1874-1917) alleiniger Gesellschafter, drei Jahre später folgte sein jüngerer Bruder Hermann (junior, 1877-1923). Sie bauten das Unternehmen weiter zu einem Industriebetrieb mit eigener mechanischer Weberei aus, der den Namen „ Nassauische Leineindustrie Joseph Maier Baum“ erhielt. Nachdem auch das 1870 erworbene Haus in der Kirchgasse zu klein geworden war, ließen die Inhaber an gleicher Stelle ein größeres repräsentatives Gebäude errichten.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, das Ausbleiben der Kurgäste, die Besetzung der Stadt und die instabile politische Lage führten zu großen ökonomischen Schwierigkeiten, die durch den Tod Joseph Baums 1917 weiter verschärft wurden. Als alleiniger Inhaber verpachtete daraufhin Hermann Baum (junior) 1919 das große Geschäftshaus in der Kirchgasse und konzentrierte sich auf den Großhandel und die Produktion von Textilien. 1921 verlegte er den Firmensitz nach Frankfurt, wo er jedoch bereits 1923 verstarb. Seine Witwe, Irene Baum, geb. Herxheimer, führte das Unternehmen zunächst drei Jahre weiter, bis sie es 1926 an zwei jüdische Kaufleute aus Frankfurt verkaufte.
Die Boykottmaßnahmen und die Verfolgung durch die Nationalsozialisten erzwangen Anfang 1939 den Verkauf der Firma weit unter ihrem Wert. Die bisherigen Inhaber waren gezwungen zu emigrieren. Das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt bestand anschließend als „Nassauische Leinenindustrie Erwin Kuch“ mit unterschiedlichen Partnern bis zum Insolvenzverfahren 1957 weiter, dann wurde es aus dem Handelsregister gelöscht.
Literatur
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Röhlke, Cornelia
Der jüdische Textilunternehmer Joseph Maier Baum und seine Firma "Nassauische Leinenindustrie" in Wiesbaden. In: Nassauische Annalen, Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung (Hrsg.), 120, Wiesbaden 2009.