Wiesbadener Volksbücher
Artikel
Ab Oktober 1900 gab der Volksbildungsverein Wiesbaden eine Reihe mit dem Namen »Wiesbadener Volksbücher« in großer Stückzahl heraus, die sich zu einer äußerst erfolgreichen Taschenbuchreihe entwickelte und im gesamten deutschsprachigen Raum vertrieben wurde. Voraus gingen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Entwicklung leistungsfähiger Druck- und Buchbindemaschinen sowie revolutionäre Neuerungen bei der Papierherstellung, die es gestatteten, Bücher in großer Auflage zu günstigen Preisen herzustellen.
Mit ausgewählten Texten sollten die Wiesbadener Volksbücher in ansprechender Aufmachung bei gleichzeitig niedrigem Preis »Schundliteratur« aus den Haushalten vertreiben. Als Nr. 1 der Wiesbadener Volksbücher erschien der »Stadtpfeifer« von Wilhelm Heinrich von Riehl. Jedes Heft verfügte über eine Einleitung zu Dichter und Werk. Ausgewählt wurden vor allem (zum Teil noch lebende) Autoren aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wie Wilhelm Raabe, Peter Rosegger oder Marie von Ebner Eschenbach, aber auch zeitgenössische Schriftsteller wie Hermann Hesse.
Der Erfolg war immens: Bereits im dritten Jahr des Bestehens wurden bei einer bis dahin erreichten Zahl von 34 Titeln 350.000 Exemplare abgesetzt, und schon 1904/05 überstieg der Gesamtabsatz die Millionengrenze. Während des Ersten Weltkrieges lag der Jahresabsatz ständig über einer Million, weil Frontsoldaten die Volksbücher als Lesestoff anforderten. Bis 1933 erschienen über 250 Titel in einer verkauften Auflage von mehr als 13 Million Exemplaren.
1936 wurde der Volksbildungsverein aufgelöst, die Volksbücher wurden von einer neu gegründeten »Deutschen Volksbücher GmbH« herausgegeben, die 1938 den Verlagssitz nach Stuttgart verlegte. In der Nachkriegszeit ging die Reihe, die bis zum Schluss ihren Namen beibehalten hatte, ein.
Literatur
Dörr, Marianne: Buchstadt Wiesbaden? Einblicke in die Wiesbadener Verlagsgeschichte. Begleitheft zur Ausstellung in der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden, Wiesbaden 2004.