Tschudi, Georg Julius Friedrich von

Sein Vater, Oberst Georg von Tschudi (1808–1883), war der erste Direktor der neu gegründeten Militärschule in Wiesbaden. 1881 legte Tschudi am Realgymnasium in Wiesbaden das Abitur ab und besuchte anschließend die Unteroffiziersschule der Rheinkaserne in Biebrich. 1881 trat er in das Füsilier-Regiment von Gersdorff (Kurhessisches) Nr. 80 ein. Eine dreijährige Ausbildung an der Preußischen Kriegsakademie in Berlin schloss sich seit 1890 an.

1894/1895 war er zum damals einzigen deutschen Luftschiffer-Bataillon Berlin abkommandiert und wurde dort 1897 Hauptmann und 1902 Lehrer; er veröffentlichte die Lehrbücher »Erste Instruktion für Ballonführer« und »Erstes Instruktionsbuch für Luftschiffer«. In den folgenden Jahren leistete Tschudi einen Beitrag zur Verbesserung der Technik der Luftschiffe in der deutschen Armee.

Bald genoss er einen so guten Ruf, dass er 1904 Vorsitzender des Preisgerichts für Luftfahrt auf der Weltausstellung in Saint Louis war. 1906 verließ er die preußische Armee und trat als Chefingenieur und Instrukteur für König Abd al-Aziz in marokkanische Dienste. Nach dessen Sturz kehrte er 1908 nach Deutschland zurück und bereitete in Frankfurt am Main die erste Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) in Deutschland im Jahr 1909 vor.

Als Direktor des ersten deutschen Flugplatzes in Johannisthal bei Berlin war er 1910–14 tätig. 1915–17 war er Kommandeur der Fliegerersatz-Abteilung 7 in Köln, wo in den ersten Kriegsjahren das fliegerische Personal (Flugzeugführer u. Beobachter) ausgebildet wurde. Ab 1917 war er Vizepräsident des Aeroklubs von Deutschland sowie geschäftsführender Vorsitzender des Deutschen Luftrates.

Kurz vor seinem Tod erschienen seine persönlichen Erinnerungen unter dem Titel »Aus 34 Jahren Luftfahrt«.

Deutsche Biografische Enzyklopädie Bd. 10, 1999 [S. 109].

Karlsch, Rainer u. a.: Die Wiege der deutschen Motorluftfahrt. In: 100 Jahre Innovation aus Adlershof. Wiege der deutschen Motorluftfahrt. Adlershofer Geschichten Bd. 1, WISTA-Management (Hrsg.), Berlin 2009 [S. 7 ff.].