Mayer, Paul (Yogi)
Mayer, Paul (Yogi)
Sportler
geboren: 08.09.1912 in Bad Kreuznach
gestorben: 08.07.2001 in London
Artikel
Mayer, der sich später den »bündischen« Namen»Yogi« gab, bewunderte schon als Junge die jüdischen Sportler und Europameister Julius und Hermann Baruch aus seiner Geburtsstadt. Als seine Mutter starb, zog die Familie nach Wiesbaden. Im Sport und im deutsch-jüdischen Wanderbund fand Mayer seine »zweite Heimat«. Im Schwimm-Club Wiesbaden 1911 e.V. wurde er Schiedsrichter. Nach dem Abitur an der Oberrealschule am Zietenring blieb Mayer als einzige Studienchance die Hochschule für Leibeserziehung in Berlin. Im Januar 1933 wurde Mayer zum Bundesführer des »deutsch-nationalen« jüdischen Jugendbundes »Schwarzes Fähnlein« ernannt. Die Wiesbadener Ortsgruppe war mit über 400 Mitgliedern eine der mitgliederstärksten des »Schwarzen Fähnleins«, dem insgesamt über 20 Ortgruppen angehörten. Mayer wurde 1935 Jugenddezernent des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten – der einzigen jüdischen Organisation, dem der NS-Staat vereinsmäßige Sportaktivitäten erlaubte. Da jüdische Sportler, so auch er, trotz Qualifikation von den Olympischen Spielen 1936 ausgeschlossen waren, berichtete Mayer als Journalist über die Spiele. Er unterrichtete 1937/38 an jüdischen Schulen in Berlin und schrieb Beiträge für das »Philo-Lexikon« und »Das jüdische Sportbuch«.
Mit einem Visum als Betreuer von »Kindertransporten« konnte er Deutschland 1939 mit seiner Frau Ilse und dem kleinen Sohn verlassen. In der Emigration meldete Mayer sich 1940 als Fallschirmspringer in der englischen Armee und war ab 1943 Ausbilder in der »Special Operations Executive S.O.E.«. Nach seiner Entlassung leitete Mayer zunächst einen jüdischen Jugendclub in London. 1947 übernahm er die Leitung einer Heimstätte für aus Konzentrationslagern befreite Kinder. 1957 begleitete er die britische Mannschaft als Coach zur Makkabiade nach Israel. 1965–78 war er Jugenddezernent in »London Islington« und initiierte neue Modelle der Jugendarbeit für Emigranten, die englandweit aufgegriffen werden.
Dem »Förderkreis Aktives Museum für deutsch-jüdische Geschichte in Wiesbaden e.V.« stellte sich Mayer als Zeitzeuge zur Verfügung und berichtete 15 Jahre lang an Wiesbadener Schulen über seine Erfahrungen. Am 04.11.1997 zeichnete ihn Queen Elizabeth II. für seinen umfangreichen Einsatz in der Jugendarbeit mit dem Ehrentitel »Member of the British Empire« aus. Ein Jahr später verlieh ihm die Universität Potsdam die Ehrendoktorwürde für wissenschaftliche, journalistische und pädagogische Leistungen. Um den Titel wirklich »verdient« zu haben, wie er dem Verfasser gegenüber erklärte, schrieb er das Buch »Jüdische Olympiasieger« (Kassel 2000).
Zu seinem 90. Geburtstag titelte »The Jewish Chronicle«: »Yogi Mayer, who has achieved legendary status in the Anglo-Jewish sporting world…« In einem Nachruf widmete die Zeitung »The Time« ihm am 06.08.2011 eine ganze Seite: »Yogi Mayer: Inspirational youth leader.«
Literatur
Bembenek, Lothar; Dickel, Horst: »Ich bin kein deutscher Patriot mehr, jetzt bin ich Jude«, Wiesbaden (HIBS) 1991.
Bembenek, Lothar: »Wiesbadener Juden zwischen Hakenkreuz und Davidstern« (DVD, Sammlung Bembenek).