Johannesstift
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Auf Initiative des Katholischen Frauenbundes wurde 1906 ein Zufluchtshaus für »gefallene Mädchen« errichtet. Julie Gräfin Matuschka-Greiffenklau (1849–1913), Maria Siegfried, Dorothea von Witzleben und Mathilde Großmann (1853–1918) bildeten den Vorstand, letztere stellte 63.000 Mark für den Ankauf eines Grundstücks an der Platter Straße zur Verfügung. Nach der Weihe des Hauses wurde der Betrieb durch den Belegorden der Kölner Augustinerinnen übernommen. 1911 entstand ein erster Erweiterungsbau. Die Einrichtung finanzierte sich durch Näh-, Wasch- und Bügelarbeiten. Hinzu kamen Pflegegelder für einzelne Mädchen und v. a. Spenden aus der Bevölkerung und Kollekten der umliegenden Kirchengemeinden. 1927 wurde im Johannesstift eine Entbindungsstation eingerichtet. Bereits früh akzeptierte man hier den Kindesvater vor, während und nach der Geburt als engen Begleiter seiner Frau. 1937 wurden die Augustinerinnen durch die Hiltruper Missionsschwestern abgelöst. Das Heim sah sich Beschränkungen durch die nationalsozialistischen Machthaber ausgesetzt, konnte aber eine Nutzung als Säuglings- und Mütterheim durch die Nationalsozialistische Volksfürsorge (NSV) verhindern. Bei einem Luftangriff auf Wiesbaden wurde das Gebäude durch Bombeneinschläge leicht beschädigt. 1963 entstand in einem weiteren Neubau eine Kindertagesstätte. Die Wochenstation wurde 1975 wegen mangelnder Auslastung geschlossen.
1979 berief man zum ersten Mal einen weltlichen Gesamtleiter. Das Johannesstift wurde in der Folgezeit zur modernen Jugendhilfeeinrichtung umgebaut. So wurden 1975 die »Agnes-Neuhaus-Schule« als Förderschule für Erziehungshilfe und Kranke gegründet, Wohngruppen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Stadtgebiet und im regionalen Umfeld aufgebaut, ein Mutter-Vater-Kind-Haus nach neuesten entwicklungspsychologischen Konzepten seiner Bestimmung übergeben und ein breit gefächertes Angebot an beruflichen Hilfen als weitere Sparte hinzugenommen. Mit ca. 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ca. 250 zu betreuenden Menschen zählt die »Jugendhilfezentrum Johannesstift GmbH«, wie der Träger seit 1992 heißt, zu einem bedeutenden Anbieter sozialer Dienstleistungen in Wiesbaden.
Literatur
Brüchert, Hedwig: 100 Jahre Johannesstift Wiesbaden – Sozialdienst katholischer Frauen. Festschrift. Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Wiesbaden (Hrsg.), Wiesbaden 2006.