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Hagemann, Carl Christian

Hagemann, Carl Christian

Intendant

geboren: 22.09.1871 in Harburg (Elbe)

gestorben: 24.12.1945 in Wiesbaden


Artikel

Hagemann studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Hannover, danach in Rostock und Berlin Theaterwissenschaften und Philosophie und in Heidelberg noch Germanistik. Er promovierte 1900 und wurde 1901 Feuilleton-Redakteur bei der »Rheinisch-Westfälischen Zeitung« in Essen. Hagemann veröffentlichte Biografien über Wilhelmine Schröder-Devrient (1804–1860) und Oscar Wilde (1854–1900) sowie Arbeiten über Regie, Schauspielkunst und Oper, die er später zu einem Handbuch zur modernen Bühnenkunst zusammenfasste. Aufgrund seiner viel beachteten Theaterkritiken und Bücher wurde er trotz fehlender Bühnenpraxis 1906 zum Intendanten an das Mannheimer Nationaltheater berufen. 1910 übernahm er die Leitung des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. 1913 ging er auf eine Weltreise, um Theater fremder Völker kennenzulernen, worüber er das Buch »Spiele der Völker« verfasste. 1915 wurde er erneut Intendant in Mannheim.

1920 berief ihn der preußische Kultusminister Konrad Haenisch an das Preußische Staatstheater Wiesbaden. Hagemann sollte aus der ehemaligen Hofbühne ein »Volks- und Kulturtheater« machen. Er setzte seine von Max Reinhardt, Gustav Mahler und Alfred Roller angeregten Grundsätze für Inszenierungen um: Die Guckkastenbühne wurde ersetzt durch einen Rundhorizont mit knappen Darstellungen des Handlungsortes, der Bühnenraum wurde durch Farbe und Licht gestaltet. Damit hatte Hagemann großen Einfluss auf das deutsche Theater. In Wiesbaden nahm er Dichter wie Strindberg, Wedekind, Sternheim in den Spielplan. Als Generalmusikdirektor berief er Otto Klemperer. In seiner Autobiografie schilderte er seine Erfahrungen im Wiesbaden der 1920er-Jahre detailliert und charakterisierte das Publikum als eines, das im Theater einen »angenehmen Abend« erwartete.

1927 wechselte er nach Berlin an den Rundfunk. 1930 erhielt er einen Lehrauftrag am Theaterwissenschaftlichen Institut der Berliner Universität. 1942 kam Hagemann wieder nach Wiesbaden. Hier wurde er 1945 von der »Notgemeinschaft der Mitglieder des Deutschen Theaters« zum künstlerischen Leiter berufen, der das Theater wieder aufbauen sollte. Die hierfür erteilte Lizenz entzog ihm die amerikanische Militärregierung ohne Begründung im Oktober und setzte Richard Payer als Intendanten ein.