Gronaustraße
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Im Wiesbadener Stadtteil Erbenheim wurde am 23. Juli 1981 in der Nähe des dortigen Flugplatzes eine Straße nach dem Flugpionier und Luftwaffenoffizier Wolfgang von Gronau (1893-1977) benannt.
Wolfgang von Gronau wurde am 25. Februar 1893 in Berlin als Sohn des Generals der Artillerie Hans von Gronau geboren. Er wuchs in Ostpreußen auf und besuchte ein Gymnasium. Im Jahr 1911 wurde er Seekadett an der Marineschule Kiel. Während des Ersten Weltkrieges wurde von Gronau als Leutnant und Oberleutnant auf verschiedenen Kriegsschiffen eingesetzt.
Ab 1915 war von Gronau als Seeflieger an verschiedenen Stabs- und Frontstellungen im Einsatz. Ein Jahr später wurde er als Referent der Seeflugzeugversuchs- und Abnahme-Kommission nach Warnemünde versetzt. Hier erprobte von Gronau einen Kreiselhorizont, was den Beginn des Instrumentenfluges markierte. Nach Ende des Ersten Weltkrieges verlies von Gronau das Militär im Rang eines Kapitänleutnants.
In der Nachkriegszeit bewirtschaftete von Gronau sein Gut Schönwäldchen bei Gilgenburg in Ostpreußen. Politisch engagierte sich von Gronau offenbar nur kurz. Er war von 1923 bis 1925 Mitglied der Veteranenorganisation »Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten«.
Im Jahr 1926 nahm von Gronau am »1. Deutschen Seeflugwettbewerb« in Warnemünde teil, den er gewann. Mit einem Schwimmflugzeug vom Typ Heinkel 5 stellte er Anfang November 1926 eine Welt-Bestleistung auf. Knapp einen Monat später wurde er Ausbildungsleiter und Vorstandsmitglied bei der neu gegründeten Deutschen Verkehrsfliegerschule in Warnemünde.
Ab 1929 erlangte Wolfgang von Gronau als Flugpionier internationale Bekanntheit. In diesem Jahr flog er innerhalb eines Tages von Deutschland nach Island, was zu dieser Zeit eine außerordentliche fliegerische Leistung war. Am 18. August 1930 flog von Gronau mit einem Wasserflugzeug vom Typ Dornier Wal von Sylt über Island, Grönland und Labrador nach New York. Es handelte sich hierbei um die erste Atlantiküberquerung mit einem Flugboot. In New York wurde von Gronau von US-Präsident Hoover im Weißen Haus empfangen.
Im Jahr 1932 erkundete Wolfgang von Gronau mit einem Flugzeug die sogenannte Nordroute. Hierfür überflog er das grönländische Inlandseis und entdeckte einen neuen Gebirgszug. Die dänische Regierung nannte dieses Gebirge in der Folge Gronau Nunatakker. Sein Flug endete in Chicago. Im gleichen Jahr brach Wolfgang von Gronau zu einem Weltflug auf, der Krönung seiner fliegerischen Laufbahn. In einer Dornier Wal überflog er ab Sylt mit zahlreichen Zwischenstopps den Atlantik, den amerikanischen und den asiatischen Kontinent und kehrte dann nach Europa zurück. Am 9. November 1932 erreichte von Gronau die Dornierwerke am Bodensee. Abschließend flog er nach List zurück, wo er daraufhin zum Ehrenbürger ernannt wurde. Er hatte insgesamt mehr als 44.000 Flugkilometer zurückgelegt.
Nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten wurde die Zivilluftfahrt unter dem neu ernannten Reichsluftfahrtminister Hermann Goring aufgewertet. Wolfgang von Gronau wurde in die neu gegründete Behörde berufen und war dort bis 1934 für das gesamte Ausbildungswesen für Seeflieger zuständig. Von Gronau trat am 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Von 1934 bis 1938 war er Vorsitzender des Aeroclubs von Deutschland und Vizepräsident der Fédération Aéronautique Internationale.
Mit Gründung der deutschen Luftwaffe 1936 wurde von Gronau Reserveoffizier der Waffengattung und in diesem Status mehrfach befördert. Am 1. Januar 1939 wurde von Gronau reaktiviert und zunächst einem Ausbildungsgeschwader im Rang eines Oberstleutnants zugeordnet. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde von Gronau zum Luftwaffenattaché an die deutsche Botschaft in Tokio berufen. Im Juni 1939 wurde er zudem Luftwaffenattaché für den japanischen Marionettenstaat Mandschukuo in der Mandschurei. Als Militärattaché hatte er sich ein klares Bild und Urteil über die Armee des Empfangsstaates zu verschaffen. Zu diesem Zweck sollte ein vertrauenerweckender Verkehr mit den zuständigen Behörden sowie kameradschaftliche und gesellige Verhältnisse mit bestimmten Personenkreisen pflegt werden. Außerdem sollten Militärattachés an Übungen teilnehmen, militärische Einrichtungen besuchen sowie die Fachliteratur und die Presse zu verfolgen. Über ihre Beobachtungen hatten sie zu berichten.
In seiner Funktion in Japan wurde von Gronau weiter befördert. Bei Kriegsende hatte er den Dienstgrad eines Generalmajors d. R. und war mehrfach dekoriert. Nach der Kapitulation Deutschlands wurde von Gronau interniert und geriet nach der japanischen Kapitulation in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser kehrte er 1947 nach Deutschland zurück.
In der Nachkriegszeit war er als Vertreter eines nordamerikanischen Flugzeugswerks tätig und widmete sich auf seinem Hof am Chiemsee der Landwirtschaft. Über seine Erlebnisse als Flugpionier und Luftwaffenattaché verfasste Wolfgang von Gronau 1955 eine Autobiografie mit dem Titel „Weltflieger“. Bereits in den 1930er Jahren hatte Gronau Reiseerinnerungen veröffentlicht. In dem Buch von 1955 schilderte er insbesondere seinen Weltflug 1932.
Er starb am 17. Marz 1977 in Frasdorf. In verschiedenen Städten wurden Straßen nach Wolfgang von Gronau benannt. In List auf Sylt, wo von Gronau Ehrenbürger ist, erhielt er ein Ehrengrab.
Wegen seiner Mitgliedschaften in der NSDAP und vor 1933 im »Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten« als einer völkisch-nationalistischen Gruppe sowie seiner Funktion als Luftwaffenattaché als ein militärisch-diplomatisches Amt, das er in Japan, dem engsten Verbündeten des Deutschen Reiches, ausübte, empfahl die auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2020 berufene Historische Fachkommission zur Überprüfung nach Personen benannter Verkehrsfläche, Gebäude und Einrichtungen der Landeshauptstadt Wiesbaden die Kontextualisierung der Gronaustraße.
Literatur
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Stolper, Dirk
Namen im öffentlichen Raum. Abschlussbericht der Historischen Fachkommission zur Überprüfung nach Personen benannter Verkehrsflächen, Gebäude und Einrichtungen der Landeshauptstadt Wiesbaden, in: Schriftenreihe des Stadtarchivs Wiesbaden, Band 17. Wiesbaden 2023.