Kur- und Fremdenliste
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Die „Kur- und Fremdenliste“ ist die wohl ergiebigste Quelle für prosopographische Studien über den Wiesbadener Badebetrieb der Neuzeit.
Sie erschien erstmals in den „Hoch-Fürstlich Nassau-Saarbrück-Usingischen privilegirten gemeinnützigen Wiesbader Nachrichten und Anzeigen“ (später: Wiesbade[ne]r Wochenblatt), deren erster erhaltener Jahrgang aus dem Jahre 1774 stammt. Von Anfang an gab die „Kur- und Fremdenliste“ den Tag der Ankunft/Abreise sowie das Quartier jedes einzelnen Kurgastes in der Stadt an. Geordnet war sie alphabetisch nach Badehäusern; die jüdischen Badehäuser wurden zunächst getrennt aufgeführt, 1810 wurden sie ebenfalls in das Alphabet integriert.
Ab 1810 wurde die Kurliste von dem Regierungsbeamten redigiert, der auch für das „Verordnungs- und Intelligenzblatt“ zuständig war. Die stärkere staatliche Kontrolle in der Restaurationszeit wird auch an der ab 1816 geltenden Praxis evident, nun auch Privathäuser als Aufenthaltsorte von Fremden einzubeziehen: Bad- wie auch Gastwirte waren zum Führen von „Fremdenbüchern“ verpflichtet; jeden Samstag mussten Meldezettel mit erfolgten An- und Abreisen bei der Polizei abgegeben werden. Bis 1852 wurde zudem zwischen Kurgästen und „Durchreisenden“ unterschieden, beide Gruppen wurden jährlich mit laufender Nummer gezählt.
Mit dem Erblühen des Kur- und Badebetriebs wurde die Liste ab etwa 1840 durch ihren wachsenden Anzeigenteil eine ergiebige Investition für den jeweiligen Drucker. Als das „Wochenblatt“ 1852 durch das neue Wiesbadener Tagblatt ersetzt wurde, übernahm der Drucker Karl August Emil Schellenberg die Kurliste für einige Jahre als eigenständiges Organ.
Ein Umbruch erfolgte 1867, als Druck und Verlag der Liste vom wenig zuvor gegründeten Kurverein (Kur- und Verkehrsverein e.V.) unter Ferdinand Hey’l übernommen wurden. Das nun erstmals veröffentlichte „Wiesbadener Badeblatt“ bot nicht nur die bisherige Kurliste, sondern auch diejenigen umliegender Badeorte, außerdem einen Feuilletonteil und einen Veranstaltungskalender. Diese opulente Ausstattung blieb auch bestehen, als 1898 die städtische Kurverwaltung die Herausgabe übernahm und der Kurbetrieb in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs seinen Zenit erreichte (im Schnitt 200.000 Gäste jährlich vor 1914).
Das „Wiesbadener Badeblatt“ wurde Ende 1933 eingestellt; von 1936 bis 1941 erschien mit dem „Wiesbadener Kurgast“ eine Nachfolgezeitschrift, die auch wieder die Kurliste enthielt. Ein Wiederbelebungsversuch der Jahre 1951 bis 1957 („Kur- und Fremdenblatt“) verstand sich eher als feuilletonistische Untermalung eines Badeaufenthalts und verzichtete von Anfang an auf Besucherlisten.
Erhalten sind die Bände der Kur- und Fremdenliste zum größten Teil in der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain, ein kleinerer Bestand existiert auch im Archiv der Schellenberg’schen Hofbuchdruckerei. Leider sind einige wenige Jahrgänge vor allem der Frühzeit nicht mehr nachweisbar. Die Volltexte sind unter „Wiesbadener Badeblatt digital“ (Jahrgänge 1867-1933) auf der Website der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain abrufbar.
Literatur
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Zedler, Gottfried
Die Wiesbadener Kurliste. In: Mitteilungen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 1900/1901, Heft 3. (S. 74-87)