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Kleinert, Ingeborg

Juristin, Stadtverordnete, Bundestagsabgeordnete

geboren: 18. Juni 1926 in Berlin
gestorben: 4. Juni 1989 in Wiesbaden


Details

Ingeborg Kleinert stammte aus kleinen Verhältnissen in Berlin. So konnte sie nur die Volksschule besuchen und war nach der Schule beruflich als Stenotypistin tätig. Über den zweiten Bildungsweg erarbeitete sie sich die Hochschulreife. Nach dem Abitur studierte sie in Freiburg Rechtswissenschaften. 1953 legte sie das erste juristische Staatsexamen ab. Nach dem Referendariat und dem zweiten juristischen Staatsexamen, das sie 1957 abgelegte, arbeitet sie zunächst als Rechtsanwältin.

1960 zog sie nach Wiesbaden. Sie begann eine Tätigkeit als Referentin und dann als Leiterin im Büro für staatspolitische Frauenarbeit in Hessen e.V. mit Sitz in Wiesbaden, einer 1952/53 gegründeten Einrichtung, der mehr als 24 Frauenorganisationen des Landes angeschlossen waren. Als Juristin brachte Ingeborg Kleinert wichtige Fachkenntnisse in das Büro ein. So organisierte sie u. a. Lehrgänge für Schöffinnen und behandelte in Vorträgen juristisch relevante Themen.

Da sie die theoretischen Ansätze auch praktisch umsetzen wollte, ließ sie sich als Kandidatin der SPD, der sie 1960 beigetreten war, für die Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung aufstellen. Sie wurde gewählt und gehörte zwischen 1960 und 1965 dem Wiesbadener Stadtparlament an. 1961 war sie durch Vermittlung von Lucie Beyer auf den fünften Platz der Liste zur Bundestagswahl gelangt. Eigentlich hatte sie keine Aussicht, in den Bundestag einzuziehen, was ihr jedoch am 13. November 1964 als Nachrückerin gelang.

Die Wiesbadener SPD war wieder in Bonn vertreten. In der SPD-Fraktion wurde sie als ausgebildete Juristin mit offenen Armen empfangen. Sie wurde sogleich als Mitglied in den Rechtsausschuss gesandt. Schon bald fiel sie im Bundestag und vor allem im Rechtsausschuss durch „hervorragende politisches Fachwissen und bescheidenen Geist“ auf.

Sie setzte sich für die Verbesserung der juristischen Ausbildung ein. Mit der von ihr vertretenen Reform der Ausbildung wollte sie erreichen, dass sich der künftige Jurist der „Verantwortung für den Staat, in dem wir leben“ bewusst und er bereit sei, dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Nach nur elf Monaten war ihre Amtszeit im Oktober 1965 zu Ende. Am 14. Dezember 1967 konnte sie wieder auf einen Listenplatz nachrücken. Erneut war sie Mitglied im Rechtsausschuss. Zur Entscheidung stand damals im Parlament die Verabschiedung der Notstandsgesetze an. Die SPD war in der Großen Koalition an der Regierung beteiligt und unterstützte die Gesetze. Ingeborg Kleinert wehrte sich mit großem Engagement insbesondere gegen die im Gesetzentwurf enthaltene Einführung eines Pflichtdienstes für Frauen. Sie hatte allerdings mit ihren Bedenken keinen Erfolg. Die Grundgesetzänderung wurde mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet. Mit dem Ende der fünften Wahlperiode schied sie am 19. Oktober 1969 aus dem Bundestag aus. Nach ihrem Ausscheiden zog sie sich aus der Politik in ihr Privatleben zurück.

Literatur