Imagina von Isenburg-Limburg
geboren: um 1250
gestorben: um 1318
Details
Imagina entstammte dem Geschlecht der edelfreien Herren von Isenburg-Limburg, die um 1220 die Herrschaft Limburg an sich gebracht und später auf steilem Felsen über der Lahn eine Burg erbaut hatten. Für die Nassauer dürfte die topografische Lage Limburgs an einer Lahnfurt im Schnittpunkt bedeutender Straßen nach Köln und Siegen eine wesentliche Rolle für die Anbahnung der Ehe zwischen Imagina und Graf Adolf von Nassau, dem späteren König, gespielt haben; auch war die Stadt nicht allzu weit entfernt von den Besitzungen der walramischen Linie der Nassauer in Weilburg, Idstein und Wiesbaden. Beide Geschlechter einte zudem das Bestreben, sich der Übermacht anderer territorialer Kräfte, so der Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, zu erwehren.
Die Ehe dürfte um 1270 geschlossen worden sein, denn als Adolf 1292 zum deutschen König gewählt wurde, war sein Sohn Rupert bereits erwachsen. Im Jahr 1280 tritt Imagina erstmals in Erscheinung, und zwar in Zusammenhang mit einem Wiesbaden betreffenden Rechtsgeschäft, über welches das Ehepaar gemeinsam eine Urkunde ausstellte. Die Verhandlungen fanden in Wiesbaden im Beisein vieler Bürger statt; Gegenstand war die Zusicherung von Abgabenfreiheit für das Zisterzienserinnenkloster Tiefenthal für seine Wiesbadener Besitzungen. Imaginas Zustimmung zu diesem Geschäft wird ausdrücklich erwähnt. Interessant ist, dass sie zum Zeichen ihres Einverständnisses ihr Siegel an die Urkunde hängt, neben das ihres Mannes und ihres Vaters Gerlach. Die Gräfin führte also ein eigenes Siegel, ein Herrschaftszeichen, das ihre Autonomie bei diesem Rechtsgeschäft belegt. Über Imaginas Rolle als Gräfin und später als Königin sind wir nur durch wenige schriftliche Zeugnisse unterrichtet. Am 24. Juni 1292 wurde Graf Adolf, der im Mai in Frankfurt gewählt worden war, in Aachen zum König gekrönt. Dass seine Gemahlin bei diesem Festakt nicht nur anwesend war, sondern auch selbst gekrönt wurde, berichtet die Reimchronik des Ottokar von der Steiermark. König Adolf war während der kurzen Dauer seiner Herrschaft unentwegt auf Reisen. Vor allem im Elsass und in Flandern, in Meißen und in Thüringen suchte er seine Herrschaft zur Geltung zu bringen. Seine Gattin dürfte ihn die meiste Zeit begleitet haben. So war Imagina dabei, als Adolf im Dezember 1293 in Ortenberg, einer Burg im Kinzigtal, eine Urkunde ausstellte, ja mehr noch: Sie agierte als Intervenientin, d.h. auf ihr Bitten hin befreite der König das Kloster Gengenbach vom Gerichtsstand weltlicher Gerichte.
Es war nicht ungefährlich, als mittelalterliche Königin den Ehemann zu begleiten: Eine chronikalische Nachricht bezeugt, dass der König, als er im Herbst 1293 zu einem Feldzug in das Elsass aufbrach, seine Frau nach Breisach schickte, weil dieser Ort sicherer war. Einige Male ist Imagina auch in Achalm bezeugt.
Hierhin reiste sie Ende 1293 von Ortenberg aus, um das Weihnachtsfest dort zu verbringen. Die bei Reutlingen gelegene ehemals staufische Reichsburg war so etwas wie ein fester Bezugspunkt im Itinerar der Königin. Hier erließ sie am 5. Mai 1294 die, soweit bislang bekannt, einzige eigene, zu Lebzeiten ihres Mannes ausgestellte Urkunde. Mit vollem Titel als „Regina romanorum semper augusta“ nahm sie darin das Klarissenkloster in Pfullingen unter ihren persönlichen Schutz und besiegelte die Urkunde mit ihrem eigenen Majestätssiegel. Imagina dürfte aber auch zu ihrem Vergnügen gereist und Hochzeiten und andere Festlichkeiten des befreundeten Hochadels besucht haben, auch wenn wir nur einen einzigen Fall kennen: Am 2. Januar 1294 ist sie in Stuttgart bei der Taufe Herzog Ulrichs von Württemberg bezeugt. Dass die Königin über ein eigenes Siegel verfügte und sogar die eine oder andere Urkunde selbst ausstellte, weist darauf hin, dass sie über entsprechendes Personal verfügt haben muss, denn sie schrieb diese Schriftstücke natürlich nicht selbst. Zu ihrem eigenen kleinen Hofstaat dürfte auch ein Kleriker gehört haben, dies wird aus einer Urkunde Papst Bonifaz‘ VIII. deutlich, der 1296 sowohl dem König als auch seiner Gemahlin bestimmte Vergünstigungen für die in ihrem persönlichen Dienst befindlichen Geistlichen erteilte.
Die Königin ist in Wiesbaden vor allem durch ihre Rolle bei der Gründung des Klarissenklosters Klarenthal (Kloster Klarenthal) bekannt. Die im 13. Jahrhundert neu aufkommenden Bettelorden muss sie gut gekannt haben, denn ihr Vater Graf Gerlach hatte um 1230 in Limburg zum Dank für die glückliche Rückkehr von einem Kreuzzug ins Heilige Land ein Franziskanerkloster erbauen lassen, in dem mehrere Mitglieder des Hauses bestattet wurden. Ihre Beurkundung für das Klarissenkloster Pfullingen 1294 könnte auf eine Vorliebe für diesen Orden hindeuten. Imagina war jedenfalls, neben weiteren Frauen der Familie, die treibende Kraft bei der Gründung des Klosters. König Adolf selbst würdigte diese Rolle, als er 1298 wenige Monate vor seinem Tod auf Bitten seiner Gemahlin in Speyer die Gründungsurkunde für Klarenthal ausfertigen ließ. Drei Wochen später beurkundete auch Imagina die Stiftung, wobei sie ausdrücklich hervorhob, „ihr Herr König Adolf habe auf ihren beharrlichen Wunsch“ gehandelt. Weiter erklärt sie, sie habe die darüber ausgestellte besiegelte Urkunde des Königs gesehen und gelesen und erteile nunmehr diesem Gründungsakt feierlich ihre Zustimmung. Diese Urkunde besiegelt Imagina mit ihrem Majestätssiegel.
Sechs Monate später fiel der bereits abgesetzte König in der Schlacht bei Göllheim gegen Herzog Albrecht von Österreich. Auf dem ersten Reichshoftag des neuen Königs im Dezember 1298 in Nürnberg soll Imagina nach chronikalischer Überlieferung vor König Albrecht erschienen sein und ihn gebeten haben, ihren in der Schlacht gefangen genommenen Sohn Ruprecht freizugeben. 1308/09 hören wir erneut von ihr; inzwischen war auch König Albrecht nicht mehr am Leben. Sein Nachfolger König Heinrich von Luxemburg sicherte ihr jährliche Einkünfte in Höhe von 900 Pfund Heller aus den Abgaben der Reichsstadt Wetzlar zu – eine Art Rente von Reichs wegen an die königliche Witwe, die auch in den Folgejahren bezeugt ist. Im Jahr 1309 ist Imagina zum letzten Mal auf reichspolitischer Bühne anzutreffen: In ihrer Anwesenheit wurde am 29. oder 30. August der von seinem vorläufigen Begräbnisort überführte Leichnam König Adolfs im Dom von Speyer beigesetzt.
Nach dem Tod König Adolfs war Imagina auch weiterhin für Kloster Klarenthal tätig. 1303 schrieb sie an Papst Benedikt XI., weil sich Erzbischof Gerhard von Mainz immer noch weigerte, das Kloster zu weihen; der Papst ermahnte daraufhin den Metropoliten, so dass die Weihe wenig später erfolgen konnte. Im Jahr darauf bestätigte sie dem Konvent erneut seine Rechte und Besitzungen. 1313 erwähnt ihr Sohn Graf Gerlach ihre Zustimmung, als er den Klarissen Einkünfte übertrug. Drei Jahre später bediente er sich ihres Siegels, als er die Zuständigkeit Kloster Tiefenthals für die Wiesbadener Liebfrauenkapelle regelte.
Noch bis 1317 hat Imagina gelegentlich Urkunden ausgestellt. Gegen Ende ihres Lebens könnte sie sich nach dem Vorbild ihrer Schwiegermutter Adelheid vorn Nassau ganz in das Klarissenkloster zurückgezogen haben. Vermutlich ist sie im Jahr 1318 gestorben und vor dem Hochaltar beigesetzt worden. Das genaue Todesjahr ist nicht bekannt. Allerdings nennt der Eintrag im Nekrolog des Klosters ein Datum, nämlich den 29. September; an diesem ihrem Sterbetag wurde der Königin von den Nonnen im Gebet gedacht. Das Grabmal, von dem nur noch Zeichnungen erhalten sind, zeigte eine Frau in Gebetshaltung, deren mit einer Krone geschmücktes Haupt auf einem Seidenkissen ruht; als Zeichen ihres adeligen Standes ist auch der Hund zu ihren Füßen zu deuten.
Literatur
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Schliephake, F. W. Theodor
Geschichte von Nassau, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Wiesbaden, 1867.
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Kloster Klarenthal
Repertorien des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden, Abteilung 18, bearbeitet von Hermann Langkabel, Wiesbaden 1981.
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Czysz, Walter
Klarenthal bei Wiesbaden- ein Frauenkloster im Mittelalter: 1298-1559, Wiesbaden 1987.