Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime
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Die „Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime“ (seit 1962 „Europäische Gesellschaft für Kur und Erholung“) wurde am 16. Dezember 1910 in den Büroräumen des Wiesbadener Kaufmanns und Inhabers der Textilfirma „Nassauische Leinenindustrie Joseph Maier Baum“, Joseph Baum (1874-1917) in der Friedrichstraße gegründet. Gründungsmitglied war neben dem Unternehmer Baum auch der erste Vorsitzende des Kaufmännischen Vereins, Heinrich Glücklich (1877-1971). Den Anstoß zur Gründung der Gesellschaft hatte die Schrift des Unternehmers Joseph Baum „Ein soziales Problem des Kaufmannsstandes“ aus dem Jahr 1910 gegeben.
Hierin beschäftigte er sich in besonderer Weise mit den Folgen der fortschreitenden Industrialisierung und der Situation der zunehmenden Zahl der Angestellten und kleinen Kaufleute. Den sozialen und gesundheitlichen Belastungen, die durch die Arbeitsbedingungen in Handel und Industrie entstanden waren, wollte Joseph Baum mit einem bezahlbaren Urlaubsangebot für kleine Kaufleute und Angestellte begegnen. Die Erholung in schöner Umgebung sollte ihre Arbeitskraft wiederherstellen, die so auch den Unternehmern zugute kam. Kennzeichnend für Baums Pläne war seine Vision einer alle kaufmännischen und industriellen Betriebe umfassenden Einrichtung ohne Rücksicht auf das religiöse Bekenntnis und die politische Überzeugung. Sie sollten allen kaufmännischen und technischen Angestellten offen stehen. 1912 wurde der Volkswirt Dr. Georg Goldstein Direktor der Gesellschaft, der diese Position in den folgenden 20 Jahren bis 1933 mit großem Erfolg innehatte.
Hierfür wollte Joseph Baum in den folgenden Jahren zunächst 20 Heime ins Leben rufen, die mit Hilfe von Schuldverschreibungen, Stiftungen der Unternehmen sowie Mitgliedsbeiträgen finanziert werden sollten. Zahlreiche Grundstücke erhielt die Gesellschaft zu günstigen Konditionen.
Neben den Neubauten in Traunstein und Bad Salzhausen entstand in Wiesbaden mit dem „Kaiser Wilhelm Heim“ (seit 1965 in Joseph-Baum-Haus umbenannt) das dritte Heim der Gesellschaft. Der Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime gelang es, die Zahl der Heime kontinuierlich auszubauen; vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges besaß sie fünf Häuser, 1919 waren es schon neun, wobei verschiedene Heime während des Ersten Weltkrieges als Lazarette genutzt wurden.
In Wiesbaden besaß die Gesellschaft seit 1919 neben dem „Kaiser Wilhelm Heim“ das Kur- und Badehaus „Kölnischer Hof“ und kaufte 1936 mit dem „Haus am Kurpark“ ein drittes Heim in der Stadt.
Ab 1938 führte die Gesellschaft den Namen „Ferienheime für Handel und Industrie e.V.“, die in den 1930er-Jahren bereits als Zusatzbezeichnung geführt worden war. Nach dem Krieg nahm der Verband seinen ursprünglichen Namen wieder an.
Bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde im Sommer 1933 der verdiente langjährige Direktor Dr. Georg Goldstein wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen und nach seiner Deportation aus Wiesbaden im Jahr 1943 in Theresienstadt ermordet. Später wurde die Gesellschaft der Organisation „Kraft durch Freude“ zugeordnet. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Heime erneut zweckentfremdet und als Lazarette und Flüchtlingsunterkünfte genutzt. 1944 waren von 48 Einrichtungen nur noch zehn in Betrieb.
Nach Kriegsende besaß die Gesellschaft nicht einmal mehr die Hälfte ihrer Heime, die restlichen waren zerstört, beschlagnahmt oder wurden anderweitig genutzt. Erst nach und nach konnten die Heime der Gesellschaft wieder eröffnet werden und schließlich war 1960 die Zahl der Gäste mit rund 30.000 fast wieder auf Vorkriegsniveau. Angesichts des sich rasant entwickelnden Massentourismus jedoch fragten immer weniger Urlauber seit den 1960er Jahren die Plätze in den Erholungsheimen nach. Zunächst entschloss sich die Gesellschaft, einige wenige Häuser aus dem Verkaufserlös unrentabler Einrichtungen zu modernisieren und besondere Angebote bereitzustellen. Dennoch musste sie wegen finanzieller Schwierigkeiten schließlich fast alle ihre Erholungsheime verkaufen. Manche von ihnen, wie das Joseph-Baum-Haus in Wiesbaden, werden heute als Bildungseinrichtungen genutzt. Nur das Heim in Bad Kissingen verblieb im Besitz der Gesellschaft.
Literatur
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Röhlke, Cornelia
Der jüdische Textilunternehmer Joseph Maier Baum und seine Firma "Nassauische Leinenindustrie" in Wiesbaden. In: Nassauische Annalen, Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung (Hrsg.), 120, Wiesbaden 2009.
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Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime für Handel und Industrie e. V. (Hrsg.)
50 Jahre Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime für Handel und Industrie e. V., Wiesbaden 1961.