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Brill, Hermann Louis

Jurist, Parlamentarier, Widerstandskämpfer, Staatssekretär und Chef der Hessischen Staatskanzlei.

geboren: 9. Februar 1895 in Gräfenroda
gestorben: 22. Juni 1959 in Wiesbaden


Details

Der einem sozialdemokratischen Elternhaus entstammende Volksschullehrer, der am Ersten Weltkrieg als Freiwilliger teilgenommen hatte und dann zunächst der USPD beigetreten war, wirkte von März 1919 bis Mai 1920 als Abgeordneter der Gothaer Landesversammlung. Sodann diente der Landtagsabgeordnete der Landesregierung in Thüringen in verschiedenen Funktionen, so z. B. als Ministerialdirektor im Innenministerium bzw. als Staatsrat für das Gebiet Gotha, als Mitglied des Staatsgerichtshofes sowie des Dienststrafhofes, beide in Jena.

Ohne reguläres Abitur studierte er, nachdem er 1924 als politischer Beamter in den Wartestand versetzt worden war, bis 1927 an der Universität Jena und promovierte dort 1929 zum Doktor der Jurisprudenz. Von 1927 bis 1933 wirkte er als ständiger Gastlehrer für Staats- und Verwaltungsrecht an der Heimvolkshochschule auf Schloss Tinz bei Gera. 1932 war er für kurze Zeit Mitglied des Deutschen Reichstages. Im folgenden Jahr trat er aus Enttäuschung ob der passiven Haltung seiner Partei der NSDAP gegenüber aus der SPD aus und legte den Vorsitz der thüringischen Landtagsfraktion sowie sein Mandat nieder. Vom Spätherbst 1933 bis zu seinem Wechsel in die Reichshauptstadt im darauf folgenden Jahr engagierte er sich im Rahmen der thüringischen Provinzstruktur der von Berlin aus reichsweit operierenden Widerstandsorganisation „Neu Beginnen“.

Zusammen mit Otto Brass und einigen anderen gründete Brill Ende 1936 die als Zusammenschluss der liberalen, demokratischen, sozialistischen und kommunistischen Oppositionsgruppen konzipierte „Deutsche Volksfront“. Im Herbst 1938 verhaftet, wurde er im Sommer 1939 vom „Volksgerichtshof“ wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer Zuchthausstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Ende 1943 wurde er in das KZ Buchenwald verbracht, wo er als Vorsitzender eines alsbald auch dort gebildeten überparteilichen Volksfront-Komitees fungierte.

Unmittelbar nach der Befreiung des KZ formulierte Brill zusammen mit einigen Gesinnungsfreunden Mitte April 1945 das berühmte Buchenwalder Manifest des nur kurzlebigen Bundes demokratischer Sozialisten. Nach dem Übergang der dortigen Besatzungsherrschaft von den Amerikanern auf die Sowjets wurde er seines Amtes als thüringischer Regierungspräsident enthoben. Ende 1945 wich der Landesvorsitzende der thüringischen SPD vor den Stalinisten in den Westen aus.

In Wiesbaden wirkte Brill vom Sommer 1946 für drei Jahre als Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei. Ab 1948 lehrte er als Honorarprofessor Öffentliches Recht an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität, 1950/51 auch als Dozent an der dortigen Akademie der Arbeit. Von 1951 bis 1955 nahm er eine Honorarprofessur für Vergleichende Staatslehre und Verfassungsgeschichte an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer wahr. Nachdem er 1948 als Mitglied des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee entscheidenden Einfluss auf die Vorbereitung des Grundgesetzes genommen hatte, gehörte er sodann dem ersten Deutschen Bundestag an.

Von 1951 bis zu seinem Tode diente er Ministerpräsident Georg August Zinn als wissenschaftlicher Berater. Seine innovativen, oftmals bahnbrechenden Ideen fanden Niederschlag in zahlreichen politik- und rechtswissenschaftlichen Darstellungen. Sein Grab befindet sich auf dem Nordfriedhof. In Wiesbaden ist eine Straße nach Hermann Brill benannt. Das Stadtarchiv Wiesbaden bewahrt eine Materialsammlung über ihn auf.

Literatur