Sprungmarken

Boos, Carl

Boos, Georg Christian Carl

Architekt, Ingenieur

geboren: 08.09.1806 in Weilburg

gestorben: 18.07.1883 in Wiesbaden


Details

Forscht man bei Carl Boos, woher er seine große künstlerische Begabung hat, so wohl nicht vom Vater Johann Andreas Boos (1774 – 1844), Rechnungsrevisor in nassauischen Hofdiensten, sondern von der Mutter Charlotte Katharine Boos (1778 – 1842), die der berühmten Künstlerfamilie Tischbein entstammte. Für das Lebenswerk von Boos entscheidend war nach der Reifeprüfung 1825 die Ausbildung bei Friedrich Weinbrenner (1766 – 1826) in Karlsruhe und noch mehr, nach dessen Tod, die drei Jahre Studium in Freiburg im Breisgau, wo ihn der herrliche Bau des gotischen Münsters beeindruckte. Hier vertiefte er sein technisches Wissen und hörte neben Vorlesungen zur Baukunst auch Vorlesungen über Statik, Hydrostatik und Mechanik. Um seine Ausbildung abzurunden, zog er anschließend an die Universität Heidelberg, wo die Philosophische Fakultät starke Anziehungskraft auf ihn ausübte.

Als nassauischem Landeskind stand Boos nach dem Staatsexamen 1831 der Dienst in der herzoglichen Verwaltung offen, den er 1835 als Akzessist unter Landbaumeister Eberhard Philipp Wolff (1773 – 1843) im Baubezirk Wiesbaden antrat. Daneben unternahm der wissensdurstige junge Mann Reisen in die Rheinlande, nach Belgien und schließlich in die Niederlande, wo er besonders die Fabrikation von Backsteinen studierte, was später für den Bau der Marktkirche bedeutsam sein sollte. Das erste, 1836 selbstständig von ihm geplante und unter seiner Leitung ausgeführte Gebäude ist die heute noch genutzte klassizistische Orangerie im Schlosspark Biebrich. Seinen Aufstieg zu hohem Ansehen verdankte er dem Wettbewerb zum Bau des Ministerialgebäudes in der Luisenstraße, auch Regierungsgebäude genannt und seit 1968 Sitz des Hessischen Justizministeriums, aus dem er 1838, gerade 32 Jahre alt, als Sieger hervorging. Dieser Bau orientierte sich nicht mehr wie die Schöpfungen von Christian Zais und Carl Florian Goetz an der griechischen und römischen Antike, sondern an der italienischen Frührenaissance, womit er den Übergang vom Klassizismus zum romantischen Historismus in Wiesbaden einleitete.

Als die alte Mauritiuskirche 1850 durch Brand vernichtet wurde, war sein Ansehen bereits so groß, dass die evangelische Kirchengemeinde auf einen Wettbewerb verzichtete und ihn direkt mit dem Neubau der Marktkirche beauftragte. Mit dieser Kirche, deren fünf Türme seit 1862 das Stadtbild beherrschen, gelangte zum ersten Mal der unverputzte Backsteinbau nach Wiesbaden, was für die weitere Bauentwicklung der Stadt von großer Bedeutung war.

Das Ansehen, das er durch den Bau des Ministerialgebäudes gewonnen hatte, führte auch dazu, dass er bereits 1840 technisches Mitglied in der Bauverwaltung des Herzogtums Nassaus wurde und 1842 den Titel eines Baurats sowie 1857 eines Oberbaurats erhielt. Im selben Jahr erarbeitete er einen „Generalplan über das Bauwesen in der Stadt Wiesbaden“, in dem entscheidende Weichen für die weitere städtebauliche Entwicklung gestellt wurden.

Zu seinen Werken außerhalb Wiesbadens gehört die Erweiterung der Schaumburg bei Diez, die er zwischen 1850 und 1856 für Erzherzog Stephan von Österreich zu dem neugotischen Schloss Schaumburg um- und ausbaute. Auch entwarf er 1856 Pläne für die Erweiterung des Oldenburger Prinzenpalais‘, die in die Realisierung (1860 – 1863) durch den großherzoglichen Bauinspektor Heinrich Strack d. Ä. (1801 – 1880) einflossen.

Für seine besonderen Verdienste erhielt Boos den „Erzherzoglich Oldenburgischen Hausorden“ und den „Herzoglich Nassauischen Militär- und Civil-Verdienst-Orden Adolphs von Nassau“. Mit der Verleihung des preußischen Roten Adler Ordens 3. Klasse im Jahr 1868 wurde seine Pensionierung bestätigt.

Carl Boos starb nach langer Krankheit und wurde unter großen Ehren auf dem Alten Friedhof an der Platter Straße beigesetzt. Die „Karl-Boos-Straße“, zwischen Riederbergstraße und Platter Straße, ist nach ihm benannt.

Literatur




Georg Christian Carl Boos, ca. 1870 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F000-16363, Urheber: unbekannt
1 / 1