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Geschichte des Stadtarchivs Wiesbaden

Das Stadtarchiv Wiesbaden geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Ende des 19. Jahrhunderts ordnete Wiesbadens erster hauptamtlicher Stadtarchivar, Christian Spielmann (1861-1917), das städtische Archiv erstmals nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Seitdem blickt das Stadtarchiv auf rund 130 Jahre abwechslungsreiche Geschichte zurück.

Von den Anfängen bis zum Ende der Ära Spielmann (1815-1920)

Die erste bekannte Aufbewahrungsstätte für die Urkunden der Stadt Wiesbaden war Anfang des 16. Jahrhunderts der Uhrturm in der Marktstraße. Der verheerende Stadtbrand von 1547 vernichtete jedoch einen Großteil des städtischen Archivs aus dem Mittelalter. Hinzu kamen Aktenvernichtungen Anfang des 18. Jahrhunderts aus Platzgründen. Das restliche Archiv verblieb weiter im Uhrturm und wurde 1850/51 durch Karl Rossel (1815–1872) provisorisch geordnet und verzeichnet.

Als im Laufe des 19. Jahrhunderts Wiesbaden als aufstrebende Kur- und Residenzstadt stark wuchs, führte die städtebauliche Erneuerung der Stadt zum Abriss des Uhrturms 1873. Das Archiv wurde zunächst in den Dachkammern des Alten Rathauses (heute Standesamt Wiesbaden), ab 1880 in einem der Turmräume der Marktkirche und ab 1892 schließlich im nordöstlichen Turm des Neuen Rathauses untergebracht.

Nach dem Umzug ins Neue Rathaus wurden die vorhandenen Unterlagen vom ersten Wiesbadener Stadtarchivar Christian Spielmann (1861-1917) geordnet und durch Sammlungen ergänzt. Mit Spielmanns Amtsantritt 1892 entstand somit das Stadtarchiv Wiesbaden als moderne städtische Institution.

Auflösung, Neubegründung und Professionalisierung (1920-1989)

Nach Spielmanns Tod übernahm 1920 Lothar Lüstner (1882–1955) für vier Jahre die Leitung des Stadtarchivs. Das in Folge der modernen Büroorganisation zunehmende Schriftgut konnte wegen Platzmangels nicht länger vollständig im Rathaus Platz finden. Hinzu traten Sparzwänge der Stadt in Folge des Ersten Weltkrieges und des Niedergangs des Kurbetriebs. 1924 wurde daher der Entschluss gefasst, das Stadtarchiv und seine historischen Bestände in die Nassauische Landesbibliothek zu integrieren, die 1913 ein neues funktionales Gebäude an der Rheinstraße erhalten hatte. 1933 folgte die Übertragung des Archivbestandes an das Staatsarchiv an der Mainzer Straße.

Im Zweiten Weltkrieg wurden auch die ältesten Teile der städtischen Archivalien zusammen mit staatlichem Archivgut auf die Festung Ehrenbreitstein in Koblenz ausgelagert. Die Reste des städtischen Archivguts wurden im April 1944 in einem Kellerraum der Knabenschule Hebbelstraße zum Schutz vor Luftangriffen untergebracht.

Die städtische Registratur, die hauptsächlich Schriftgut aus den 20er- und 30er-Jahren enthielt, verblieb im Rathaus. Durch den Luftangriff am 2. Februar 1945 und durch bewusste Aktenvernichtungen in den letzten Kriegswochen wurde der Unterlagenbestand aus der Zeit der Weimarer Republik und des "Dritten Reiches" stark dezimiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten zunächst Räume in der Schützenhofstraße 4 dem Stadtarchiv als Notquartier. Mit Wilhelm Schauß (1896–1953) übernahm 1948 auch wieder ein Stadtarchivar die Leitung des Archivs. 1951 zog das Archiv dann in das wiederaufgebaute Neue Rathaus ein, als Hauptmagazin dienten ehemalige Luftschutzräume im Keller, und Dr. Herbert Müller-Werth (1900–1983) wurde bis zu seiner Pensionierung 1965 Leiter des Stadtarchivs.

Seit 1974 führte für 25 Jahre Günter Mischewski (1942–2006) das Archiv. Mischewski war gleichzeitig der erste beim Bundesarchiv ausgebildete Facharchivar im Dienst der Stadt Wiesbaden. Von 1978 bis Ende 1989 hatte das Stadtarchiv seinen Sitz in der von Alfred Schellenberg (1850-1932) entworfenen Villa Humboldtstraße 6. Das denkmalgeschützte Gebäude bot jedoch nur unzureichende Lagermöglichkeiten für das Archivgut. 1987 konnten die Arbeitsbedingungen des Archivs durch die Schaffung zweier zusätzlicher Archivarsstellen deutlich verbessert werden. 1991 begann das Stadtarchiv mit der Herausgabe einer eigenen Schriftenreihe.

Das Stadtarchiv in der ehemaligen Rotaprint-Fabrik (1990-2020)

1990 folgte der letzte Umzug des Stadtarchivs Wiesbaden. Unter der neuen Anschrift "Im Rad 42" konnte nach einer 2,5 Millionen DM umfassenden Investition die für die Archivbedürfnisse umgebaute ehemalige Produktionsstätte der Firma Rotaprint-Druckmaschinen bezogen werden. Seitdem verfügt das Stadtarchiv über zweckmäßige Dienst- und Magazinräume sowie über großzügige Arbeitsplätze für Benutzerinnen und Benutzer. Eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ESWE-Haltestellen "Kleinfeldchen-Stadtarchiv" und "Künstlerviertel-Stadtarchiv") sowie kostenfreie Parkplätze erleichtern den Besuch.

Seit Anfang der 1990er-Jahre betreut das Stadtarchiv auch die Gedenkstätten und Erinnerungsorte zur Geschichte des Nationalsozialismus in Wiesbaden. Diese Aufgabe sowie die historische Bildungsarbeit wird heute im Sachgebiet Gedenkstätten gebündelt.

Von 1999 bis 2019 übernahm Dr. Brigitte Streich die Leitung des Stadtarchivs und etablierte mit ihrem Team durch zahlreiche historische Ausstellungen, durch Kooperationen mit dem ebenfalls im Gebäude des Stadtarchivs untergebrachten Kunstarche e.V. und durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm das Stadtarchiv als Begegnungs- und Kulturort. Seit 2005 unterstützt der gemeinnützige Verein zur Förderung des Stadtarchivs Wiesbaden e.V. die Arbeit des Archivs.

Die Erschließung der Bestände konnte seit 2003, insbesondere im Bereich der Fotos, Filme und Audioaufzeichnungen durch die Einrichtung eines eigenen Sachgebiets "Multimediaarchiv", beschleunigt werden. Parallel hierzu konnte die Erschließung und die Bestandserhaltung der Aktenbestände weiter vorangetrieben werden. Die Publikationen der Schriftenreihe des Stadtarchivs und das 2017 veröffentlichte Stadtlexikon Wiesbaden stärkten die Historiographie zur Geschichte der Landeshauptstadt nachhaltig.

Heute: Unsere Geschichte. In guten Händen.

Heute beantworten die zehn festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Projekt- und Unterstützungskräfte des Stadtarchivs rund 3.000 Nutzungsanfragen im Jahr und betreuen rund 350 Nutzerinnen und Nutzer im Lesesaal, für die mehr als 1.000 Aushebungen und Reponierungen aus dem rund 6,2 laufenden Kilometer großen Magazinen vorgenommen werden. Im Jahr 2020 waren etwa zwei Drittel der beim Stadtarchiv aufbewahrten Unterlagen erschlossen und somit für die Besucherinnen und Besucher nutzbar.

Neben dem Aktenmaterial verfügt das Stadtarchiv über einen großen Bestand an Sonderformaten. Hierzu zählen - Stand 2021 - eine Kartensammlung mit circa 21.500 Karten und Plänen, circa 18.500 Plakate, rund 6.000 Postkarten und Leporellos, 1.700 Stiche, 798 Videos und Tonbänder, 406 sonstige Datenträger wie CD-Roms, und circa 104.000 Fotos als Abzüge, Dias, Negative und Glasplatten.

Seit dem Jahr 2020 ist das Archivgut zudem über das Internet durchsuchbar und Bestellungen für den Lesesaal können online aufgegeben werden. Im Jahr 2021 wurden zudem die aus den frühen 1990er-Jahren stammenden Rechtsgrundlagen der Archivarbeit, die Archivsatzung der Landeshauptstadt Wiesbaden und die Benutzungsordnung durch die Stadtverordnetenversammlung grundlegend novelliert.

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