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Das Feldflurprojekt Wiesbaden Ost - Kooperation zugunsten von Rebhuhn & Co

Landwirte, Jäger und Fachbehörden schaffen im Rahmen des Feldflurprojektes Wiesbaden Ost neue Lebensräume für bedrohte Arten. Inmitten der intensiv genutzten Agrarlandschaft stellen die Blühflächen des Projektes Oasen der Biodiversität dar. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass sich die Bestände, beispielsweise des Rebhuhns, sehr positiv entwickeln.

Hintergrund

Die strukturreichen und von einer hohen Biodiversität geprägten Kulturlandschaften unserer Region konnten nur durch landwirtschaftliche Nutzung entstehen. Dem entgegen steht die Intensivierung der Landnutzung mit Monokulturen auf immer größeren Flächen und unter Verwendung von Düngern und Agrochemikalien. Sie ist maßgeblich verantwortlich dafür, dass seit Mitte des 20. Jahrhunderts die moderne Agrarlandschaft immer weniger Strukturelemente, Lebensräume und biologische Vielfalt aufweist. Diese Entwicklung trifft auch die Landeshauptstadt Wiesbaden, wo insbesondere im östlichen Außenbereich der Ackerbau nach wie vor weite Teile der Gemarkung prägt. Dies veranlasste die organisierte Jägerschaft und das städtische Umweltamt, sich dem Thema anzunehmen und gezielte Artenschutzmaßnahmen durchzuführen.

Projektziele und Maßnahmen

Die Arten, die für das Feldflurprojekt besonders im Blickpunkt stehen (sogenannte Zielarten), sind Rebhuhn und Feldhase, sowie darüber hinaus verschiedene Vogelarten wie Feldlerche, Neuntöter und Grauammer. Der Feldhamster, eine weitere potenzielle Zielart, konnte in Wiesbaden letztmals 2009 nachgewiesen werden. Dennoch verfolgen die Projektpartner weiterhin auch das Ziel, für den Hamster geeignete Lebensräume zu schaffen und so die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass er in der Zukunft wiederangesiedelt werden könnte.

Die im Rahmen des Projektes umgesetzten Maßnahmen bieten für die Zielarten sowie für viele weitere Arten Lebensräume und Nahrungsangebot. Hierzu werden auf Äckern Blühflächen angelegt. Die Landwirte, die diese Flächen zur Verfügung stellen und anlegen, bekommen das nötige Saatgut gestellt sowie Bearbeitungskosten und Verdienstausfall vergütet.

Damit etwa die Rebhühner vor Prädatoren (Raubtieren) Schutz finden, sollen die einzelnen Blühflächen möglichst groß sein (mindestens 30 m Breite). Da die Flächen mehrjährig angelegt werden, bieten sie auch im Winter Nahrung und Deckung sowie Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten.

Zusätzlich zu den Blühflächen werden auch Nacherntestreifen, Teilflächen mit Schwarzbrache und Lerchenfenster angelegt. Da es außerhalb der Projektflächen für Niederwild wie Hase oder Rebhuhn nur sehr wenig Nahrungsangebot gibt, erfolgt punktuell eine Zufütterung mittels Futtereimern. Diese werden von den Rebhühnern rege genutzt. Um die Überlebenschancen der Zielarten wie auch anderer Bodenbrüter zu verbessern, wird zudem der Prädationsdruck durch Bejagung verringert. So wird zum Beispiel auch gezielt der steigenden Zahl an Waschbären begegnet.

Auf Flächen an hoch frequentierten Wegen dienen Hinweisschilder der Information der Passanten über den Zweck der angelegten Flächen. Sie sollen vor allem auch Hundebesitzer sensibilisieren, ihre Hunde nicht frei laufen zu lassen, da diese eine vermeidbare erhebliche Bedrohung für Feldarten darstellen.

Die bisherigen Erfolge

Während das Rebhuhn in Deutschland seit 1980 einen Rückgang der Bestände um 90 Prozent erlitten hat, zeigen die seit 2019 im Projektgebiet durchgeführten Zählungen, dass in Wiesbaden Ost die durchgeführten Schutzmaßnahmen großen Erfolg haben. Die Anzahl der Rebhühner stieg von 2019 bis 2023 von 182 auf 459.

Rebhuhn-Monitoring Herbstzählung

Jahr Anzahl Ketten Gesamtzahl Rebhühner Rebhühner
je 100 ha
2019 26 182 3,8
2020

31

224 4,7
2021 46 326 6,8
2022 47 370 7,7
2023 58 459 9,9

Auch beim Feldhasen konnte der Besatz seit 2018 deutlich mehr als verdoppelt werden. Die mittlere Populationsdichte, die 2018 noch 12,5 Hasen pro 100 Hektar betrug, lag im Herbst 2023 bei 42,2 (der deutschlandweite Vergleichswert aus dem Jahr 2020 beträgt 15 Hasen pro 100 Hektar). Und auch für weitere Arten werden zunehmende Sichtungen gemeldet: beispielsweise für Schafstelze, Wiedehopf, Rohrammer, Goldammer, Dorngrasmücke oder Uhu.

Die erzielten Erfolge und das Engagement insbesondere der Hegegemeinschaft findet wiederholt hohe Anerkennung. So erhielt die Hegegemeinschaft beispielsweise 2018 den Staatsehrenpreis für Lebensraumgestaltung, 2023 den Wolfgang-Ehmke-Preis sowie 2024 die Hegemedaille Sonderstufe Gold.

Projekthistorie

Den Ausgangspunkt bildete ein Niederwildprojekt, welches ab 2013 durch die Jagdgemeinschaft Delkenheim umgesetzt und durch das Umweltamt gefördert wurde. Ein durch die Hegegemeinschaft Wiesbaden-Ost (HGO) 2017 vorgelegtes Gebiets-Lebensraum-Konzept ging schließlich 2018 in das durch HGO und Umweltamt betriebene Feldflurprojekt Wiesbaden-Ost über.

Als eines von hessenweit neun Projekten im Sonderprogramm "Förderung der Leitarten der Feldflur" wird es durch das Hessische Umweltministerium finanziell gefördert. Es ist ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit von Jägerschaft, Landwirten und Kommune zur Förderung der Biodiversität.

Die Umsetzung von Lebensraummaßnahmen startete 2016 mit 0,6 Hektar Blühflächen in Kloppenheim. Nach Start des Feldflurprojektes wuchs die Projektkulisse deutlich und stetig: im Jahr 2019 umfasste das Projekt bereits 82 Blühflächen mit einer Gesamtgröße von 20 Hektar, wobei 60 Prozent der Flächen durch Jagdausübungsberechtigte der HGO zur Verfügung gestellt wurden. In 2022 betrug die Gesamtgröße der Blühflächen 62 Hektar, wovon 74 Prozent von den teilnehmenden 22 landwirtschaftlichen Betrieben zur Verfügung gestellt wurden. Auch die Größe der einzelnen Blühflächen wuchs in den letzten Jahren deutlich: von durchschnittlich 0,24 Hektar im Jahr 2019 auf 0,69 Hektar im Jahr 2022.

Die Projektregion

Die Reviere der HGO umfassen den kompletten Osten der Wiesbadener Gemarkung – von Rhein und Main über das Main-Taunusvorland bis hinauf zum Taunuskamm. Neben ausgedehnten Waldflächen sowie Siedlungs- und Verkehrsflächen nehmen circa 4.800 Hektar Offenlandfläche weite Teile der Reviere ein, wobei Ackerland deutlich dominiert. Die verkehrsinfrastrukturelle Erschließung durch mehrere Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen sowie Bahntrassen und die Siedlungsflächen der östlichen Vorortbezirke Wiesbadens führen zu einer teilweise ausgeprägten Fragmentierung der Lebensräume.

Ausblick

Die Erfahrungen im Feldflurprojekt Wiesbaden-Ost zeigen, dass die Anstrengungen zur Förderung von Feldarten bereits binnen relativ kurzer Zeit deutliche Erfolge erzielen können. Da die Ausgangslage vor allem beim Rebhuhn sehr schlecht war, ist eine weitere Stärkung der Bestände und deren Wiederausbreitung im Projektgebiet eines der zentralen Ziele für die nächsten Jahre. Hierzu wird es nötig sein, weitere Flächen hinzuzugewinnen, um eine bessere Vernetzung zu erreichen. Gelingen kann dies nur in enger Kooperation zwischen den Projektbeteiligten in der Jägerschaft und der Verwaltung sowie den örtlichen Landwirtinnen und Landwirten sowie mit der Förderung durch das Regierungspräsidium Darmstadt und das Hessische Umweltministerium.

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