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Feldränder als Biotope

Feldränder mit Wildkräutern und anderem Bewuchs bieten zahlreichen Insekten einen Lebensraum. Sie sind daher für den Erhalt der Artenvielfalt besonders wichtig.

Aufmerksamen Beobachtern fällt auf, dass in Teilen der Wiesbadener Feldflur die Weg- und Feldränder in den letzten Jahren mitunter "unaufgeräumter" wirken als zuvor. Der Bewuchs von Randstreifen ist höher und enthält neben Gräsern so manche Blühpflanze. Zudem wechseln sich immer wieder gemähte und ungemähte Abschnitte ab und vielerorts erfolgt die Mahd zu deutlich späteren Zeitpunkten und seltener als noch vor wenigen Jahren. Diese Veränderungen sind jedoch in der Regel nicht auf mangelnden "Ordnungssinn" derjenigen zurückzuführen, die die Pflege der Feld- und Wegränder durchführen. Ganz im Gegenteil zeugen derartige Entwicklungen davon, dass inzwischen Aspekten des Naturschutzes eine höhere Bedeutung beigemessen wird.

Bis in die 1950-er Jahre war die landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaft in unserer Region zum Großteil geprägt durch ein sehr abwechslungsreiches Erscheinungsbild: Der Anbau unterschiedlicher Nutzarten erfolgte auf relativ kleinen Flächen, die durch Randstreifen, Grünlandflächen und Hecken getrennt und in einigen Bereichen der Gemarkung von vielen Streuobstwiesen durchsetzt waren. Die bei den Landwirten wenig geliebten Bei- oder "Un"-kräuter verliehen sowohl Äckern wie Wiesen mitunter eine wahre Farbenpracht. Manche von uns haben sie noch vor Augen, die Kornblumen, Kornraden, Klatschmohn und Margeriten. Mitte des 20. Jahrhunderts setzte jedoch eine Entwicklung ein, die durch den Einsatz von Chemikalien, maschinelle Intensivierung und Zusammenlegung von Feldern zu immer größeren Bewirtschaftungsflächen geprägt war. Im Ergebnis entstand eine Kulturlandschaft, die geprägt ist durch heckenfreie, uniforme, große Flächen reiner Monokulturen, die zwar hohe Erträge und eine hohe Ertragssicherheit, allerdings immer weniger Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten. 

Artenvielfalt an Feldrändern

In dieser "ausgeräumten Agrarsteppe" bilden Grünwege, Wegränder und Feldränder oft die einzigen verbliebenen Flächen, die noch einen Rest der einstmaligen Artenvielfalt ermöglichen können. Damit allerdings zumindest in diesen Restflächen noch Wildkräuter wachsen und Insekten Nahrung sowie Vögeln oder Feldhasen Deckung bieten können, ist es wichtig, dass man (wenigstens) hier der Natur Möglichkeiten zur Entfaltung gibt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass diese in der Regel streifenförmigen Flächen nicht ebenfalls häufig gemäht oder gemulcht, bearbeitet und möglicherweise mit Agrochemie gespritzt werden. 

Neben diesen Randstrukturen gibt es inzwischen in weiten Teilen der Wiesbadener Gemarkung auch größere Flächen, mitunter ganze Äcker, die sich durch einen ebenfalls deutlich vielfältigeren Bewuchs von der Umgebung abheben. Es handelt sich dabei um durch die Landwirte angelegte Blühflächen, die gezielt dem Schutz unterschiedlicher Tierarten dienen. Und dies mitunter mit beachtlichen Erfolgen, wie beispielsweise das "Feldflurprojekt Wiesbaden-Ost" belegt. Dort konnten vor allem durch die Schaffung neuer Lebensräume in Form von Blühflächen mit einer Gesamtgröße von inzwischen rund 60 Hektar innerhalb weniger Jahre die Zahlen der Rebhühner und Feldhasen mehr als verdoppelt werden. Für derartige Erfolge ist es wichtig, auf diesen Flächen nicht nur eine Mischung unterschiedlicher einheimischer Pflanzen wachsen und "schön" blühen zu lassen, sondern auch die verblühten Pflanzen über Winter stehen zu lassen. Sie bieten dann für eine Vielzahl an Tieren überlebenswichtige Nahrungsgrundlage, Deckungsschutz und Überwinterungsmöglichkeiten.

Unaufgeräumte Feldflur bedeutet leben

Somit sind die möglicherweise so manchen Passanten seltsam "unaufgeräumt" wirkenden Bereiche in der Feldflur der Wiesbadener Außenbezirke in Wirklichkeit also nicht Zeugnisse der Verwahrlosung, sondern kostbare Strukturen, die zur Steigerung der Biodiversität beitragen. Sie helfen damit, die Lebensgrundlagen von Pflanzen, Tieren und letztlich auch uns Menschen zu schützen. Wir sollten uns also an ihrem Anblick erfreuen – auch dann, wenn sie nicht farbenfroh blühen. 

Das Umweltamt bittet um Unterstützung beim Schutz dieser Flächen – beispielsweise, indem die dort wachsenden Pflanzen nicht zerstört und Wildtiere nicht durch freilaufende Hunde gestört werden sowie keine Verunreinigung durch Müll erfolgt. Und schließlich trägt auch eine generelle gegenseitige Rücksichtnahme aller Nutzer von Feldwegen zu deren Erhaltung bei.

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Auch nach wochenlanger Trockenheit Mitte Juli blüht es noch am Wegrand. wiesbaden.de / Fotos: Thomas Christ
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